# taz.de -- Vergewaltigung im Kitkat Club: Das Ende der Party | |
> Eine Frau berichtet von einer Vergewaltigung im Berliner Kitkat Club. Wie | |
> sie den Mann stoppt, anzeigt – und weiterlebt. | |
Bild: Alles kann, nichts muss – das Kitkat muss vor allem keine Verantwortung… | |
Von außen wirkt alles wie ein Versprechen. Der Kitkat Club, ein Techno-Club | |
in Berlin-Mitte, gilt vielen als ein Ort der Freiheit – sexpositiv, | |
hedonistisch, unkonventionell. Wem Einlass gewährt wird, der lässt | |
gesellschaftliche Normen hinter sich. Das Kitkat ist verwinkelt mit | |
Dancefloors, Lounges, Pool und Darkroom. Wer reinkommt, wird an der Tür | |
entschieden. Oft ist nicht klar, nach welchen Kriterien. | |
Besucher:innen kleiden sich freizügig, sind nackt, tragen | |
Fetischkleidung oder Bodypaint. | |
Das Kitkat wirbt mit dem Konzept der „consensual culture“, also mit der | |
Idee, dass alle wissen, wie man sich respektvoll verhält: Grenzen setzen, | |
kommunizieren, Nein sagen, ein Nein akzeptieren. Viele empfinden den Club | |
als queerfreundlich, als einen Schutzraum, und auch als sexuellen Freiraum | |
für die, die sonst keinen finden. Doch was passiert, wenn dieser diffuse, | |
vorab wenig ausgehandelte Schutz nicht greift? | |
Es ist der 23. September 2024, ein Montagabend. Theresas* letzter | |
Arbeitstag vor dem Urlaub. Zwei Freunde – Jan* und Fabian* – laden sie ein, | |
gemeinsam ins Kitkat zu gehen. Die Endzwanzigerin ist unsicher, sie hat | |
kein Outfit. Sie fährt nach der Arbeit noch schnell zu einem | |
Secondhandshop, kauft ein Kleid und schneidet es sich zurecht. Dann geht | |
sie zu ihren Freunden, sie trinken, lachen, stimmen sich auf den Abend | |
ein. Sie wollen ausgehen, frei sein, im Moment sein. | |
So erzählt es Theresa rund ein halbes Jahr später, am Küchentisch in ihrer | |
Wohnung. Sie hat sich bei Instagram auf unseren Recherche-Aufruf | |
gemeldet. Wir suchten nach Betroffenen, nachdem wir Berichte zu | |
sexualisierter Gewalt in Clubs und auf sexpositiven Partys auf den | |
Internetplattformen Reddit und Resident Advisor gelesen hatten. Sie habe | |
einen Übergriff in einem Club, dem Kitkat, erfahren und Anzeige erstattet, | |
das Verfahren läuft. | |
## Sie spricht detailliert über die Nacht im Kitkat | |
Für unser Gespräch hat sie Kaffee gekocht, Schokolade auf den Tisch | |
gestellt. Ihr Hund wuselt durch die Wohnung, später weicht er ihr nur von | |
der Seite, um Kuscheltiere zu holen und vor ihre Füße zu legen. Theresa | |
spricht über den Abend – ohne Pause, lange und detailliert. | |
Sie erinnert sich so: Um 23 Uhr kommen sie vor dem Kitkat Club an, dort ist | |
wenig Andrang. An der Tür prüfen zwei Männer die Outfits derjenigen, die | |
reinwollen: ob diese fantasievoll genug, freizügig genug sind. Drinnen | |
übernehmen Frauen Garderobe und Kasse. Jan, Fabian und Theresa holen sich | |
Getränke an der Bar. Die Gruppe tanzt auf der großen Tanzfläche, dem | |
Hauptraum des Clubs. Später lernt Theresa eine Frau kennen, die beiden | |
küssen sich: „Alles super Konsens. Sie hat mich vorher gefragt, das war | |
total nett“, sagt sie. | |
Um lange wach zu bleiben, holen die Freunde sich ein Mischgetränk mit | |
Kaffee. Dann geht Theresa aufs Klo. Es ist eng im Bereich vor den | |
Toiletten, sie drängelt sich durch. Als sie sich die Hände wäscht, spricht | |
ein Mann sie an. Er behauptet, sie hätten sich schon mal gesehen. Er macht | |
ihr Komplimente. Theresa sagt, sie wolle zurück zu ihren Freunden. Er | |
bietet ihr Wasser an, schlägt vor, noch zu reden. Sie ist offen, lässt sich | |
darauf ein. Sie habe nicht unhöflich sein wollen, sagt sie. | |
Dann zieht er sie an den Armen mit sich, geht mit ihr in einen halbdunklen | |
Bereich mit Polstern. Alles geht ganz schnell: Er setzt sich, zieht sie | |
zwischen seine Beine. „Ich dachte, wir setzen uns und quatschen. Aber so | |
weit kam es nicht“, sagt Theresa. Er küsst sie, schiebt ihr Shirt hoch, | |
beißt sie, greift ihr an die Brust – alles ungefragt. Er sagt, dass es den | |
anderen Frauen gefalle, wenn er hart rangeht. Theresa friert ein. „Ich war | |
starr. Ich wollte mich rauswinden, aber er hat mich festgehalten.“ Dann | |
greift er unter ihren Rock, in ihre Unterhose. „Er war mit der Hand – drin�… | |
also sei mit seiner Hand in sie eingedrungen. Theresa schafft es | |
schließlich, seine Hand wegzuziehen, mit viel Kraft. Sie stößt ihn weg, | |
sagt: „No, thank you.“ | |
Heute kommt ihr dieser Satz absurd vor, dass sie sich noch bedankt – wofür? | |
Er greift wieder nach ihrer Hand, versucht, sie weiter zu überreden, will | |
sie zur Bar führen. In dem Moment reißt sie sich los, ruft laut: „Stop, | |
stop.“ | |
Sie flüchtet in eine Klokabine, bricht weinend zusammen. Als sie sich | |
wieder fängt, verlässt sie die Kabine, richtet ihr Make-up. Sie will nicht | |
auffallen, vor den anderen, die anstehen, lachen, eine gute Zeit haben: | |
„Ich wollte, dass man mir nichts ansieht.“ Wie lange sie von ihren Freunden | |
getrennt ist, weiß sie nicht genau. Im Kitkat sind keine Handys erlaubt, | |
eine Uhr trägt sie nicht. Als sie ihre Freunde endlich findet, versucht | |
sie, zu erzählen, was passiert ist. Die Reaktion ist verhalten, | |
überfordert: „Oh, okay. Aber sonst alles gut?“ | |
## Eine erfahrene Clubberin kümmert sich um sie | |
Dann ist da Alisa*. Sie ist regelmäßige Club-Gängerin, aber zum ersten Mal | |
im Kitkat. Durch Zufall hört sie, was Theresa sagt. Sie mischt sich ein, | |
nimmt Theresa ernst. Und bringt sie zur Security. Unterwegs, so erinnert | |
sich Theresa, werden sie von zwei Männern begrapscht. Alisa reagiert | |
sofort, fordert die Türsteher auf, die grapschenden Männer rauszuwerfen. | |
Die Türsteher nehmen sich dessen an. | |
Bei der Security schildert Theresa, was passiert ist. Sie beschreibt den | |
Täter: Aussehen, Tattoos, Größe, Haarfarbe. Zwei Männer vom Club, beide | |
Securities, ein stämmiger und ein hagerer mit lockigem Haar, hören zu und | |
sagen: „Wir wissen, wen du meinst.“ Dann beginnen sie mit der Suche nach | |
dem mutmaßlichen Täter. | |
In der Zwischenzeit wird Theresa in die Nähe des Ausgangs geführt, bekommt | |
eine Decke und ein Wasser. Alisa bleibt bei ihr, spricht in ruhigem Ton mit | |
ihr. „Safe, du machst das.“ Alisa wird nach diesem Abend noch viele Male in | |
den Kitkat Club gehen. „Weil ich mich sicher fühle“, sagt sie im | |
taz-Gespräch. „Es sind auch die Leute, das Publikum, das aufpasst.“ | |
Kurz darauf kommen die Türsteher zurück. Sie bestätigen: Der Mann wurde | |
gefunden. Theresa wird gefragt, ob sie Anzeige erstatten möchte. Zunächst | |
zögert sie. Alisa drängt sanft: „Es ist gut, dass du das sagst. Du tust es | |
nicht nur für dich. Du tust es für uns alle.“ Theresa stimmt zu. | |
Die Polizei wird gerufen. Theresa wartet neben Alisa am Clubeingang. Als | |
die Beamt:innen eintreffen, zwei Männer, eine Frau, nehmen sie Theresas | |
Personalien auf und fragen nach ihrem Zustand. Einer der Beamten spricht | |
zum ersten Mal von „mutmaßlicher Vergewaltigung“. Theresa erschrickt. Erst | |
da wird ihr das Ausmaß bewusst. | |
Als Theresa die Vorladung der Polizei in der Hand hält, steht es da – | |
klar, unmissverständlich: Vergewaltigung. Nüchtern formuliert. „Ich habe | |
das lange nicht sagen können“, erzählt sie. „Es war immer nur: Übergriff, | |
Tat, das, was passiert ist.“ Vage klingt das. Vergewaltigung dagegen, das | |
klingt: juristisch klar, gesellschaftlich schwer. Während Theresa von dem | |
Abend berichtet, knetet sie ihre Hände, kratzt ihren Nagellack ab. | |
Ein Krankenwagen bringt Theresa in dieser Nacht vom Kitkat in die | |
Notaufnahme der Charité in Berlin-Mitte. Dort muss Theresa mehrere Stunden | |
warten, die Gewaltschutzambulanz ist nachts nicht besetzt. Dann untersucht | |
sie ein Arzt, eine Krankenschwester steht daneben. „Er hat mir gesagt, ich | |
hätte eine Vaginalfissur, aber er hat nicht erklärt, was das bedeutet“, | |
sagt Theresa. | |
## Riss in der Vaginalwand | |
Es handelt sich um einen Riss in der Vaginalwand. Es werden Abstriche | |
genommen. Theresas Aussagen zum Ablauf der Tat werden dokumentiert. Noch in | |
der Nacht kommen Beamte der Kriminalpolizei und befragen sie erneut. „Ich | |
weiß nicht, wie lange das alles gedauert hat.“ Theresa bekommt ein weißes | |
Infoheft mit Kontaktdaten zur Opferhilfe, zu Beratungsstellen, zu | |
Therapieangeboten. Erst am Morgen ist sie zu Hause. Theresa sagt im | |
Rückblick, sie habe sich alleingelassen gefühlt. | |
Ein paar wenige Minuten im Kitkat Club werden Theresas kommende Wochen und | |
Monate bestimmen: Sie sucht sich eine Anwältin, es kommt zur | |
Zeugenvernehmung durch die Polizei, sie sucht nach einer Therapeutin, macht | |
Termine bei der Beratungsstelle für Betroffene sexueller Gewalt. Für ihre | |
Freund:innen steht die nächste Party auf dem Plan, für Theresa der | |
nächste Therapietermin. Konflikte mit ihrem Partner werden häufiger. Sie | |
zieht sich zurück, er reagiert hilflos, teilweise aggressiv. Theresa trennt | |
sich. Sie leidet unter Rückenschmerzen, stellt Verhaltensänderungen bei | |
sich fest. Theresa geht zur Arbeit, sie funktioniert. | |
Ihre Geschichte zeige, wie fragil der Frei- und Schutzraum auf einer | |
sexpositiven Party sein kann, wie leicht er von einer einzelnen Person | |
durchbrochen und zerstört werden kann, sagt Theresa. Denn klare Regeln, | |
Awareness-Strukturen oder Rückzugsorte gibt es im Kitkat kaum – die | |
Verantwortung liegt bei den Gästen selbst. | |
Fest steht: Theresas Erlebnis ist kein Einzelfall. Unklar ist, ob | |
sexpositive Partys sexuelle Gewalt begünstigen. Mit dem Prinzip, jede:r | |
achtet auf jede:n machen es sich Clubbetreiber zu einfach – und entziehen | |
sich der Verantwortung für das, was in ihren Räumlichkeiten passiert. | |
## Was Awareness eigentlich bedeutet | |
Ein Begriff taucht immer wieder in den Gesprächen mit Theresa, die jeweils | |
mehrere Stunden dauern, auf: Awareness. Auch Alisa, die Theresa in der | |
Nacht unterstützt hat, wünscht sich genau das: Ein gut aufgestelltes | |
Awareness-Team im Club. Gerade dort, wo es viele dunkle Ecken gebe wie im | |
Kitkat und wo Menschen, die offen Partydrogen konsumierten, müsste man | |
präsenter sein, sagt Alisa. Es gebe Bereiche, in denen sie noch nie | |
jemanden vom Personal oder eine Awareness-Person gesehen habe. | |
Katharin Ahrend von der Clubcommission Berlin, dem Netzwerk der Clubs, | |
Live-Locations und Veranstalter:innen in der Hauptstadt, leitet seit | |
fünf Jahren die Awareness Akademie innerhalb der Clubcommission. Diese | |
erhält Mittel vom Berliner Senat, zum Beispiel für den Schallschutzfonds | |
und für Projekte wie Diversitygerechtes Ausgehen. Das Netzwerk arbeitet | |
auch auf Bundesebene an der Anerkennung der Clubszene als Kulturgut. | |
Awareness: ein zentrales Thema. | |
Was der Begriff Awareness bedeutet, erklärt Ahrend so: „Es ist ein | |
machtkritischer Ansatz, der Betroffene von Gewalt, Sexismus, | |
Diskriminierung jeglicher Art ins Zentrum stellt und versucht, möglichst | |
sichere Räume zu schaffen, in denen wir sensibilisieren. Gleichzeitig meint | |
der Begriff aber auch Maßnahmen, die entwickelt werden, wenn Grenzen | |
überschritten werden, also Gewalt oder Diskriminierung ausgeübt werden.“ | |
Ahrend sagt auch: „Sexualisierte Gewalt war gesamtgesellschaftlich schon | |
immer da und entsprechend ist auch kein Clubraum frei davon.“ Es gebe | |
inzwischen ein gesteigertes Bewusstsein dafür, „dass diese Themen sichtbar | |
sind, diskutiert und kritisiert werden können. Und dass Betroffene sehen, | |
sie sind nicht allein.“ | |
Ein wachsendes Bewusstsein für Übergriffe in der Clubszene beobachtet neben | |
Ahrend auch Rolf de Witt von Sidekicks, früher Mancheck, einem | |
Gesundheitsprojekt, das sich für Safer Sex, sicheren Konsum von Drogen, | |
Beratung und Sensibilisierung in Clubs einsetzt. Nach über 20 Jahren | |
pädagogischer Arbeit und inzwischen Teamleitung im Projekt weiß de Witt, | |
„dass eben nicht alles okay ist, was da läuft“. | |
Ursprünglich entwickelt haben sich sexpositive Partys im | |
queer-feministischen Kosmos der 80er Jahre, erklärt Bastian Vellguth. | |
Vellguth ist als Vor-Ort-Arbeiter seit zwei Jahren bei Sidekicks. Es gehe | |
bei dieser Art Partys unter anderem darum, dass Sex akzeptiert und gelebt | |
wird, jenseits von Konventionen. Und, auch das, es geht um Sex in der | |
Öffentlichkeit – auf der Tanzfläche, in Darkrooms, in Playareas. Einsehbar, | |
beobachtbar. Was Vellguth wichtig ist: „Es kommt immer sehr auf die | |
Veranstaltung an. Bei sexpositiven Partys kann und darf, muss aber kein | |
sexueller Austausch stattfinden.“ | |
Consent, also gegenseitiges Einverständnis, sei dabei zentral: „Wir wollen | |
Informationen in die Szene bringen“, sagen die beiden. „Ein einmaliges Ja | |
ist kein Ja für weitere Handlungen. [1][Ein Nein ist ein Nein] und keine | |
Einladung, weiter zu fragen“, sagt Vellguth. „Wir versuchen, Haltungsarbeit | |
zu machen. Wir setzen nicht das Hausrecht im Club durch“, erklärt Rolf de | |
Witt, und fügt an: „Es gibt immer Menschen, die sich nicht an Regeln | |
halten, und es wird sie immer geben. Mit unserer Arbeit wollen wir dazu | |
beitragen, dass Menschen ihre Grenzen besser kennen und kommunizieren | |
können. Und auch registrieren, wenn diese verletzt werden.“ | |
## Sidekick leistet Präventionsarbeit | |
Vellguth und seine Kolleg:innen sind auch selbst oft im Kitkat mit | |
Ständen, an denen sie Info-Material verteilen und für Gespräche | |
bereitstehen. „Es ist nicht der Club, der uns einlädt, sondern die | |
Veranstalter:innen und die Kollektive.“ Vellguth erzählt von der | |
Arbeit vor Ort: „Die Menschen, die bei uns an den Stand kommen, sind oft | |
kontaktfreudig. Bei uns sind vor allem am Anfang der Party diejenigen am | |
Stand zu finden, denen es gut geht, die sich informieren möchten.“ | |
Ein Punkt, der oft genug missverstanden wird: Awareness beschränkt sich | |
nicht auf Menschen, die in Warnwesten im Club zu sehen sind, sondern | |
bezeichnet eine Haltung, ein Konzept, mitunter auch Dokumentation und | |
Nachsorge, wenn es zu Übergriffen im Club komme, erklärt Ahrend. Manche | |
Clubs seien damit schon sehr weit, andere würden erst anfangen, ihr Team | |
ausbilden zu lassen. „Wer Räume öffnet, hat eine Verantwortung für die | |
Rahmenbedingungen, die Intentionen, die gesetzt werden, und die | |
Unterstützung, die Betroffene von Diskriminierung bekommen können.“ | |
Das hätte Theresa sich gewünscht. Dass das Kitkat, wo die Gäste immer | |
wieder Sex miteinander haben, ein Awareness-Konzept proaktiver mitteilt – | |
etwa an der Tür und über die Social Media. Dies ist möglich, wie andere | |
Clubs beweisen. Auch Theresa war zuvor auf Partys, bei denen ein | |
Awareness-Team präsent war, sich nicht absonderte, sondern Teil des | |
Geschehens war. Das habe ihr Sicherheit gegeben. | |
Theresa besucht den Kitkat Club vier Monate später, im Februar dieses | |
Jahres, noch einmal, erzählt sie an ihrem Küchentisch. Um sich selbst | |
wieder Sicherheit zu geben, sagt sie, aber sie ist auch auf der Suche nach | |
Antworten. Sie habe mit mehreren Mitarbeitenden gesprochen, wollte | |
verstehen, warum es an manchen Abenden Awareness-Teams gibt – und an | |
anderen nicht. Tatsächlich ist es so, dass die jeweiligen | |
Veranstalter:innen entscheiden, ob sie ein Awareness-Team auf ihrer | |
Party einsetzen – und nicht der Club. | |
Im Keller des Kitkat spricht Theresa mit einem Club-Mitarbeiter. Der habe | |
gesagt, eine optische Sichtbarkeit, etwa durch Warnwesten, würde die | |
Stimmung zerstören. Menschen sollten sich frei fühlen, nicht beobachtet. | |
„Was meinst du, warum das hier so dunkel ist?“, habe der Mitarbeiter | |
sinngemäß gefragt. [2][Wer sich unsicher fühle, der oder die solle zu Hause | |
bleiben] oder woanders feiern. Man wüsste ja, wo man sich hinbegibt. | |
„Ich frage mich, warum niemand Verantwortung übernimmt. Warum niemand etwas | |
ändern will. Ein Awareness-Team hätte mir geholfen. Stattdessen spüre ich | |
nur Abwehr und Ignoranz“, sagt Theresa. „Als Reaktion darauf, dass ich | |
Anzeige erstattet habe, also dass ich diejenige bin, die mutmaßlich | |
vergewaltigt wurde, die betatscht und verletzt wurde, bekam ich zu hören: | |
‚Ach, das warst du? Ich dachte, nur ein Gerücht solle wieder den [3][Ruf | |
des Clubs] schädigen.‘“ Theresa sagt, sie sei seit diesem Abend nicht mehr | |
im Kitkat gewesen. Ein Statement des Clubs gehört eigentlich an diese | |
Stelle. Doch trotz mehrmaliger Anfrage der taz kam bis Redaktionsschluss | |
keine Antwort. | |
Nach der Untersuchung in der Charité kehrt Theresa nicht direkt in ihren | |
Alltag zurück. In den Tagen darauf fährt sie mit ihrem Freund in den | |
geplanten Urlaub. Das habe sie gebraucht, um überhaupt irgendwie | |
klarzukommen. | |
Nach ihrer Rückkehr wird sie von der Kriminalpolizei vorgeladen. Sie | |
erzählt noch einmal alles, rekonstruiert die ganze Nacht. Später erhält | |
Theresa die Information, dass das Verfahren beim Amtsgericht Tiergarten | |
anhängig ist. Für sie ist das Verfahren belastend, aber notwendig. „Ich | |
will nicht, dass das einfach so verschwindet“, sagt sie. „Ich will, dass | |
das als das benannt wird, was es war, wer es war und wo es war: eine | |
Vergewaltigung im Kitkat-Club.“ | |
*Alle Namen wurden zum Schutz der Betroffenen von der Redaktion geändert. | |
9 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Jessica Ramczik | |
Nastassja von der Weiden | |
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