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# taz.de -- Pflichten für Unternehmen: Deutschland höhlt EU Lieferkettengeset…
> Bevor die Richtlinie in Kraft tritt, will der Ministerrat die Klagerechte
> bei Menschenrechtsverstößen in der Lieferkette wieder abschaffen.
Bild: Kakaobauer in Brasilien: Häufig ernten Kinder die Früchte. Das Lieferke…
Brüssel taz | Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will nach dem deutschen
auch das europäische Lieferkettengesetz kippen. Dies hat er bei seinem
Antrittsbesuch in der EU-Kommission in Brüssel Anfang Mai öffentlich
erklärt. Nun ist Merz fast am Ziel: Die EU-Richtlinie wurde vom Ministerrat
mit Beschluss am Dienstagabend so weit ausgehöhlt, dass de facto nur noch
wenige EU-Staaten mit sehr großen Konzernen betroffen wären.
Mit der Richtlinie will Brüssel eigentlich Unternehmen mit mehr als 1.000
Beschäftigten und 450 Millionen Euro Jahresumsatz in die Pflicht nehmen, um
Umweltschutz und Menschenrechte bei der Produktion zu stärken. Diese
Schwelle wollen die Regierungen der EU-Länder nun drastisch anheben – auf
mindestens 5.000 Beschäftigte und einen Jahresumsatz von mindestens 1,5
Milliarden Euro.
Der Ministerrat will zudem die bislang vorgesehene EU-weite zivilrechtliche
Haftung abschaffen. Klagen gegen Unternehmen wegen Verstößen gegen das
Gesetz würden damit deutlich erschwert. Sie hingen nämlich von der
Rechtsprechung im jeweiligen EU-Land ab. Außerdem soll es künftig nicht
mehr um den Schutz der gesamten Lieferkette gehen, sondern nur noch um die
direkten Zulieferer.
Für diese massiven Rückschritte ist offiziell der amtierende polnische
EU-Vorsitz verantwortlich. Polens Europaminister Adam Szłapka versuchte
denn auch, die Rückabwicklung der Reform als Erfolg zu verkaufen. Damit
werde ein günstigeres Geschäftsumfeld geschaffen, „das unseren Unternehmen
hilft, zu wachsen, innovativ zu sein und hochwertige Arbeitsplätze zu
schaffen.“ Hinter den Kulissen hat jedoch vor allem die Bundesregierung für
die Rückabwicklung des europäischen Lieferkettengesetzes geworben.
Auf Nachfrage der taz wollte sie sich dazu allerdings nicht bekennen. In
Berlin wird vermutet, dass dies mit dem Widerstand des SPD-geführten
Bundesarbeitsministeriums zusammenhängt. Im Gegensatz zu Merz steht es
hinter der Richtlinie. Normalerweise hätte sich die Bundesregierung in
dieser Lage in Brüssel enthalten müssen, da sie keine gemeinsame Haltung
hat. Das sogenannte german vote konnte jedoch vermieden werden, da es gar
keine Abstimmung gab, wie ein EU-Diplomat erklärte. Vielmehr hätten sich
alle EU-Staaten hinter den Vorstoß des polnischen Vorsitzes gestellt.
Damit ist die Sache allerdings noch nicht erledigt. Das Europaparlament
muss den Änderungen zustimmen, damit sie in Kraft treten können. Die
Abgeordneten haben sich aber noch nicht auf eine Position geeinigt. Damit
wird erst im Herbst gerechnet, erst dann dürften auch die Verhandlungen mit
den Mitgliedstaaten beginnen. Allerdings ist auch hier Merz in der Pole
Position.
Mit der konservativen Europäischen Volkspartei EVP kann er sich nämlich
über die größte Parlamentsfraktion stützen. Die EVP hat bereits mehrere
Umwelt- und Klimagesetze abgeschwächt und zuletzt sogar erreicht, dass ein
fertiges Gesetz gegen Greenwashing zurückgezogen wurde. Verantwortlich
dafür war Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU).
Sozialdemokraten und Grüne wollen dagegen halten. Die grüne
Europaabgeordnete Anna Cavazzini warnt: „Die EU-Mitgliedsstaaten machen
sich zum Erfüllungsgehilfen der Lobbyverbände und schwächen das
EU-Lieferkettengesetz noch weiter ab als die Kommission.“ Eine Einigung auf
diesen Vorschlag würde die Schutzwirkung massiv schwächen.
Kritik kommt auch vom World Wide Fund for Nature. Statt wie bisher 5.500
deutsche Unternehmen wären nur weniger als 300 von neuen Sorgfaltspflichten
betroffen, rechnet der WWF vor. Es wäre wie neue Verkehrsregeln, die dann
nur für 5 Prozent der Autos gelten.
24 Jun 2025
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Lieferketten
Unternehmen
Menschenrechte
Bundesregierung
Umweltschutz
Europäische Union
Schwerpunkt Klimawandel
Soja
Lieferketten
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