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# taz.de -- Lieferkette und Lidl-Regal: Der frühe Vogel findet noch ein Schoko…
> Wie immer begann es im Internet. Und nun ist die Frage: Wer trägt alles
> dazu bei, dass es morgens (kein) „Schoko Crosong“ beim Discounter gibt?
Bild: Wir hängen am Croissant – und an der Lieferkette
Wie geht es eigentlich dem [1][Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz]? Diese
Frage stellte sich in letzter Zeit wohl kaum jemand. Dabei spricht Tiktok
gerade über nichts anderes als über Zulieferer, Lagerräume und
Dienstleister eines ganz besonderen Guts: des „Schoko Crosongs“.
Wie immer begann [2][alles im Internet] mit Drama. Der Tatort: die
Backtheke eines beliebigen Lidls. Das Opfer: der Kunde. Die gestohlene
Ware: ein Schokocroissant. Anfang Juni regte sich ein User über fehlende
Schokocroissants am Morgen im Supermarkt auf. „Der frühe Vogel frisst den
Wurm, ihr gierigen verfressenen Nougat Schoko Crosong inhalierer….“, so
stand es über der Aufnahme der krümeligen, sonst leeren Etage. Warum es
viral ging? Vielleicht weil es voller Beleidigungen steckte, vielleicht
weil es die geckige Bemerkung „Schoko Crosong inhalierer….“ beinhaltete?
Oder fehlt Deutschland wirklich das Schokocroissant am Morgen? Viele Leute
antworteten, sprachen ihr Beileid aus, doch manche meldeten sich mit ihrem
eigenen Tiktok zurück, denn ob morgens früh „Schoko Crosongs“ im Lidl war…
oder eben nicht, das verantworten anscheinend viele Menschen.
„Der frühe Vogel backt die Schoko Crossongs“, antwortete wohl ein
Lidl-Angestellter und filmte den Backofen. „Der frühe Vogel baut die Öfen
für eure Schoko Croissants“, ein anderer. Und bis dahin ergab ja alles noch
Sinn, doch wer sich mit Lieferketten beschäftigt, weiß, wie unübersichtlich
das werden kann. Wer alles am Ende auf Tiktok Teil des Backwarenfalls sein
wollte, das wurde immer absurder: „Wir bauen die Tiefbohrgeräte damit euer
scheiß Lidl ein Fundament hat“ – „Der frühe Vogel stellt das Glas für …
Vitrinen her..“
## Am anderen Ende der Lieferkette
Die alte Bundesregierung wollte Schokocroissantverkäufer und alle anderen
Unternehmen ab einer bestimmten Größe dazu verpflichten, nachweisen zu
können, mit wem sie für ihre Produkte zusammenarbeiten und ob bestimmte
Umwelt- und Menschenrechtsstrandards eingehalten werden. Es war der
Versuch, Unternehmen dafür zur Verantwortung zu ziehen, was ihr
Geschäftsmodell am anderen Ende der Lieferkette anrichtet. Das aktuelle
Gesetz gilt eigentlich seit dem Januar 2024 für Unternehmen mit mindestens
1.000 Beschäftigten.
Aber nicht alles ist „made in Germany“, dachte sich die EU und wollte
schlauerweise ein eigenes europäisches Lieferkettengesetz durchsetzen. Doch
damit lässt sie sich nun Zeit, das Gesetz soll erst Mitte 2028 greifen, und
bis dahin ist auch das deutsche ausgesetzt, denn ohne die Nachbarn geht
nichts.
International ist mittlerweile auch das „Schoko Crosong“: [3][„Der frühe
Vogel checkt den Vegetationsindex über Ghana, damit die Kakaobohnen wächst
und ihr euren hs Schoko Croissant in 3 sekunden inhalieren könnt.“] Bei
gutem Gewissen? Das bleibt unklar. Denn die EU weicht ihre Regeln immer
weiter auf. Die Firmen sollen nun doch nur noch für ihre direkten, also für
weniger Lieferanten verantwortlich sein, und ihre Haftung ist stärker
beschränkt. Auch soll es nur noch Läden mit mindestens 5.000 Beschäftigte
und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro betreffen. Damit
ist auch der Lidl ums Eck raus.
Bundeskanzler Friedrich Merz hält eh nichts von all den Richtlinien und
Gesetzen. Und will nach dem deutschen auch das europäische
Lieferkettengesetz kippen. Die Zukunft der Lieferkettenüberwachung ist
damit mindestens so chaotisch wie der Beef auf Tiktok.
6 Jul 2025
## LINKS
[1] /Das-Lieferkettengesetz-kommt/!5897432
[2] https://www.chip.de/nachrichten/supermaerkte-lebensmittel,135973/neuer-tikt…
[3] https://www.tiktok.com/@furkan2k4/video/7519863319600057622
## AUTOREN
Anastasia Zejneli
## TAGS
Kolumne Economy, bitch
TikTok
Lieferketten
Lieferketten
Polen
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