# taz.de -- Bad nur für Frauen in Freiburg: Freier schwimmen ohne Männer | |
> Im Jahr 1886 wurde im Freiburger Lorettobad ein separates Damenbad | |
> eröffnet. Das gibt es auch heute noch. Es ist das einzige Damenfreibad | |
> Deutschlands. | |
Bild: Ein Bad mit Wohnzimmerqualität: das Lorettobad | |
Freiburg taz | Das mache dann 4,50 Euro, aber den Studierendenausweis, den | |
müsse er noch sehen, sagt der Mann an der Kasse. „Und in das Damenbad, | |
dürfen da wirklich nur Damen rein?“, frage ich. „Jaaa“, sagt der Mann. U… | |
nach einer kurzen Pause: „Wir nehmen das sehr ernst.“ – „Ah“, sage ic… | |
„Und was ist mit queeren Menschen, dürfen die auch rein? Also auch wenn sie | |
nicht Frauen sind oder nicht wie Damen aussehen?“ | |
Diesmal ist seine Pause länger. Das sei eine gute Frage, sagt der Mann. | |
Dann handle es sich um eine „Grauzone“. Aber: Wer sich als Frau | |
identifiziere, der dürfe auch rein. Und wenn er sich das recht überlege, | |
dann sei das Konzept eigentlich doch nicht mehr zeitgemäß, führt er fort. | |
Es gebe schließlich „mehr als zwei Geschlechter“. | |
So ein Gespräch lässt sich an der Kasse des Lorettobads in Freiburg führen. | |
Nur fünf Minuten sind es mit dem Rad aus der Innenstadt in den Stadtteil | |
Wiehre, vorbei an den alten Villen, zum Fuße des Lorettoberges. Dort biegt | |
man in die Lorettostraße, dann rechts, schon ist es vor einem: das | |
Lorettobad. Oder das „Lollo“, wie es die Einheimischen nennen. Es ist das | |
erste Familienbad in Deutschland und das letzte Bad mit einem Bereich nur | |
für Frauen – dem Damenbad. | |
## Dann trennen sich die Wege | |
Über den Parkplatz geht es ein paar Stufen hoch, dann steht man unter dem | |
alten weißen Torbogen an der Kasse. Dort stehen noch alle zusammen. Danach | |
trennen sich die Wege. Männer müssen noch ein bisschen weiter nach rechts | |
laufen, zum Familienbad. In das Damenbad dagegen führt eine weiße Holztür | |
direkt neben der Kasse. Darauf weist das Schild auf Deutsch, Englisch, | |
Französisch und Arabisch hin, sowie: „Männliche und weibliche | |
Badeaufsicht“. | |
Doch Männer hier? Zumindest an diesem Juninachmittag sind keine männlichen | |
Badeaufseher in Sicht. Das versuche man schon zu vermeiden, nur wenn der | |
Personalmangel groß sei, dann würden diese mal aushelfen – das hatte der | |
Mann an der Kasse noch erklärt. Vor ein paar Jahren gab es deswegen auch | |
Streit [1][und eine Petition dagegen]. | |
Als sei es der Zeit voraus oder ihr hinterher: Das Damenbad ist etwas | |
Besonderes. Das spürt man gleich beim Betreten. Überall sind Frauen. Die | |
meisten oben ohne. Das scheint hier selbstverständlich zu sein. Der Bereich | |
ist überschaubar groß: das 25-Meter-Becken gleich vorne, ein Kinderbecken | |
daneben. Weiter hinten die Wiese – ein paar Bäume stehen dort und spenden | |
Schatten. | |
Umrahmt ist das Damenbad von kleinen Häuschen, Umkleiden und | |
Sanitäranlagen, den 60 kleinen Sommerkabinen und einer Sichtschutzwand zum | |
Familienbereich. Die Einrichtung ist aus Holz und weiß gestrichen. Alte | |
Bäderarchitektur. Man spricht von Jugendstil. | |
Nicht immer konnten Frauen überhaupt hier schwimmen. 1841, als das Freibad | |
eröffnete, war das Lorettobad noch ein Herrenbad. Erst im Jahr 1886 wurde | |
das Damenbad eröffnet. In seiner Geschichte drohte dem Bad mehrfach schon | |
die Schließung – dagegen protestierten die Freiburgerinnen vehement. Einmal | |
klagte auch ein Jurastudent gegen die Geschlechtertrennung, doch er verlor. | |
## Das Bad als Wohnzimmer | |
„Tschüss, bis morgen!“, ruft eine ältere Dame einer anderen zu und winkt. | |
Eine Lorettodame? Auch von den „Alteingesessenen“, den „Lorettodamen“, … | |
schon „immer“ herkämen, hatte der Kassierer erzählt. Früher, so erzähle… | |
sich, hätten sich die Frauen auf der Wiese die Haare geschnitten. Heute | |
aber lesen sich nur zwei Freundinnen auf der Wiese gegenseitig eine | |
Zeitschrift vor. Eine andere sitzt auf der Holzbank und raucht. Zwei | |
trinken Radler. Aber eine der älteren Damen erzählt, dass sie schon seit | |
Kindesalter den Sommer hier verbringe, dass Lollo ihr „Wohnzimmer“ sei. Da | |
ist das Haareschneiden auch nicht weit entfernt. | |
Lebhaft geht es hier zu, aber laut ist es nicht – also dann nicht, wenn die | |
Bauarbeiten beim Haus nebenan kurz Pause machen. Dann ist nur noch das | |
Pingpongspiel aus dem Familienbad zu hören. „Ich bin Kopftuchträgerin und | |
mag es, hier im Sommer meine Haare zu lüften, nur unter Frauen zu sein“, | |
erzählt eine junge Frau. „Einfach mal keine komischen Blicke abbekommen.“ | |
Vor ein paar Jahren gab es mal Konflikte über die „Wohnzimmernutzung“ | |
zwischen den Frauen – darüber berichteten sogar überregionale Zeitungen. | |
Davon spürt man heute nichts mehr. | |
Nun fallen hier die letzten Sonnenstrahlen an den Beckenrand und auf die | |
weißen Kabinentüren. Einige Frauen sitzen mit dem Rücken gegen die Wände | |
gelehnt. Der Steinboden ist warm. Es riecht nach Chlor. Und wenn man den | |
Blick nach oben schweifen lässt, dann sind die Schwarzwaldberge zu sehen. | |
Aber stehen bleibt die Zeit auch hier nicht. Mehrmals muss die Badeaufsicht | |
an das Schließen des Bades erinnern. | |
15 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Petition-der-Woche/!5422388 | |
## AUTOREN | |
Johanna Weinz | |
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