# taz.de -- die ortsbegehung: Große Pläne für den Hexenberg | |
> Der Landkreis Harz kauft die Kuppe des Brocken, um den mythischen | |
> Berggipfel im Harz touristisch besser vermarkten zu können. Der | |
> historische Fernsehturm bleibt erhalten | |
Bild: Auf der Spitze des Brocken tut sich was | |
Vom Brocken Reimar Paul | |
Der Brocken, mit 1.142 Metern der höchste Berg im Harz, ist [1][ein | |
mythischer Ort]. In der Nacht zum 1. Mai, der sogenannten Walpurgisnacht, | |
versammelten sich dort die Hexen, um sich am Feuer mit dem Oberteufel zu | |
vergnügen oder gar zu paaren, so die Geschichte, die erstmals in einem Buch | |
von 1688 auftaucht, [2][„Blockes-Berges Verrichtung“ von Johannes | |
Praetorius]. | |
Johann Wolfgang von Goethe, der selbst den Brocken am 10. Dezember 1777 | |
bestieg, schilderte in seinem Drama „Faust“ eine Walpurgisnacht: „Die Hex… | |
zu dem Brocken ziehn / Die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün. / Dort | |
sammelt sich der große Hauf, / Herr Urian sitzt oben auf“, reimte der | |
Dichter, und weiter: „So geht es über Stein und Stock, / Es farzt die Hexe, | |
es stinkt der Bock.“ | |
## Abgestorbene Fichtenwälder | |
Der Aufstieg ist anstrengend, aber die Aussicht vom Gipfel entschädigt für | |
die Mühen. Über abgestorbene Fichtenwälder hinweg reicht der Blick viele | |
Kilometer weit. Im Süden und Westen erstreckt sich die hügelige Landschaft | |
des Weserberglandes und des Leineberglandes. Bei noch besserer Sicht, weiß | |
ein Wanderer, der mit uns den Berg erklommen hat, kann man sogar bis nach | |
Hessen gucken. | |
Die Brockenkuppe selbst ist kahl, denn dort herrschen extreme | |
Windgeschwindigkeiten. Das Klima ist vergleichbar mit dem der Alpen, schon | |
oberhalb von 1.000 Metern bleiben die Fichten kleinwüchsig. Leer ist es auf | |
dem Plateau aber nicht. Am markantesten ist der alte Fernsehturm, der das | |
Brockenhotel, eine Aussichtsplattform und eine Radarstation der | |
Flugsicherung beherbergt. In einer oberen Etage lädt das „Hexencafé“ zur | |
Rast, weitere Gastronomie gibt es im Erdgeschoss, bei schönem Wetter öffnet | |
der Biergarten. Neben dem Gebäude ragen die Antennen zahlreicher Sende- und | |
Empfangsanlagen in den Himmel. | |
Das erste Gasthaus auf der Brockenkuppe wurde 1800 erbaut. 1899 folgte die | |
Eröffnung der [3][schmalspurigen Brockenbahn], der Bahnhof Brocken ist mit | |
1.125 Metern der zweithöchste Bahnhof in Deutschland nach dem auf der | |
Zugspitze. 1935 gelang mit einem mobilen Sender die erste | |
Fernsehübertragung vom Brocken. 1936 ging der Fernsehturm auf dem Berg in | |
Betrieb. | |
Über Jahrhunderte gehörte der Brocken zu wechselnden Königshäusern und | |
Fürstentümern. 1937 wurde er zum Naturschutzgebiet erklärt und somit | |
Staatsbesitz. Am 20. April 945 erstürmten US-Truppen den Brockengipfel, auf | |
dem sich letzte Verbände von Wehrmacht und SS verschanzt hatten. Am 27. | |
April wurde der Berg endgültig von den Amerikanern besetzt, dann aber im | |
Rahmen von Gebietstausch und Grenzziehung der sowjetischen Besatzungszone | |
zugeschlagen. | |
Später übernahm das Fernsehen der DDR den noch intakten Sender. Eine | |
zweite, sehr markante und 124 Meter hohe Antennenanlage folgte in den 70er | |
Jahren. Zu der Zeit war der Brocken militärisches Sperrgebiet, Sowjetarmee | |
und Staatssicherheitsdienst der DDR hatten eine Festung mit Mauern und | |
Spionageanlagen errichtet, die weit in das westdeutsche Gebiet | |
hineinhorchen konnten. | |
Nach der Wende ging die Brockenkuppe mitsamt der technischen Anlagen an die | |
Deutsche Telekom. 2008 kaufte ein Konsortium aus Harzsparkasse und | |
Norddeutscher Landesbank das knapp 13.000 Quadratmeter große Gelände und | |
entzog es damit dem Zugriff ausländischer Spekulanten. | |
## Kaufpreis von 3,5 Millionen Euro | |
Jetzt ist das Brockenplateau ein Ossi geworden: Der sachsen-anhaltinische | |
Landkreis Harz erwarb das aus zwei Grundstücken bestehende Gelände zum | |
Preis von 3,5 Millionen Euro. Dem Kaufvertrag zufolge geht es zum 1. Juli | |
an den Landkreis über. „Die Brockenkuppe ist endlich wieder | |
Gemeinschaftseigentum“, sagt Landrat Thomas Balcerowski (CDU) und spricht | |
von einem „historischen Moment“. | |
Balcerowski hat große Zukunftspläne: So soll hoch oben auf dem Brocken ein | |
Tagungszentrum entstehen, in dem auch Orchester und Theater aus der | |
Umgebung gastieren sollen. Außerdem will der Landrat versuchen, ein Hard | |
Rock Cafe auf den Brocken zu holen, demnächst will er Kontakt zu der | |
Restaurantkette aufnehmen: „Wir probieren es, denn mehr als nein können sie | |
nicht sagen.“ Das Hard Rock Cafe solle aber nicht den Brockenwirt | |
verdrängen, der im alten Fernsehturm das Hotel betreibt. Bislang darf der | |
Brocken mit privaten Kraftfahrzeugen nicht befahren werden, der Zugang zum | |
Gipfel ist nur zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit einer Pferdekutsche oder mit | |
der Brockenbahn erlaubt. | |
Eine Teilfreigabe für den Autoverkehr ist zwar in der Diskussion, doch | |
Landrat Balcerowski ist zuversichtlich, dass zahlreiche Besucher weiter den | |
Zug nehmen. Das sei gut für den Naturschutz. Und es könne dabei helfen, die | |
250 Arbeitsplätze bei den Harzer Schmalspurbahnen zu erhalten. | |
28 Jun 2025 | |
## LINKS | |
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[2] https://www.deutschestextarchiv.de/book/show/praetorius_verrichtung_1668 | |
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## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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