# taz.de -- Wohnraumverteilung in Deutschland: Eine Seniorin, 100 Quadratmeter | |
> Ältere leben oft in großen Wohnungen, Familien oft in zu kleinen. Die | |
> Optionen Untervermietung und Tausch gestalten sich aber heikel. | |
Bild: Wo gibt es noch freien Wohnraum? Neubaugebiet in Bayern | |
Es gibt ja Wohnungsangebote, auch preiswerte. Zum Beispiel bieten | |
Angehörige „Wohnen gegen Hilfe für Oma T.“ in Hennef in NRW an. 20 | |
Arbeitsstunden im Monat muss der oder die Untermieter:in für die alte | |
Dame leisten, dafür gibt es ein freies Zimmer im Dachgeschoss. Das Haus ist | |
gut angebunden an den Regionalverkehr nach Köln. Als Miete wird außer der | |
Mithilfe nichts verlangt. Allerdings: Besucherregelung „nach Absprache“ | |
heißt es in dem Inserat. | |
Das Angebot findet sich auf dem Portal [1][mitwohnen.org], auf dem Leute | |
Zimmer anbieten gegen eine vergünstigte Untermiete und Hilfe im Haushalt. | |
Auf demselben Portal äußern auch Zimmersuchende ihre Wünsche. Ein | |
Industriemechaniker etwa fahndet nach einer Wohnung oder WG im „östlichen | |
Münchner Umland“. Er ist bereit, bis zu 700 Euro Untermiete zu zahlen und | |
im Monat zehn Stunden mitzuhelfen im Haushalt oder Gesellschaft zu leisten, | |
vorzulesen oder kleinere Instandsetzungsarbeiten zu machen. | |
„Die Nachfrage steigt. Aber es gibt mehr Suchende als Anbieter von | |
Wohnraum“, sagt Georg Beckmann aus Freiburg, Betreiber der Website. | |
[2][Interessent:innen können über die Plattform zueinander finden.] | |
Für den Zugang werden 16 Euro fällig. Beckmann selbst vermittelt nicht. | |
Viele der jungen Suchenden wollen ein Zimmer in den Metropolen: in München, | |
Hamburg, Stuttgart. Die Vermieter hingegen bieten ihre preisgünstigen | |
Zimmer in Freising, Dunningen oder Grabfeld an und nur selten in | |
Großstädten. | |
Man muss sich zudem auch einlassen können auf die alten Menschen. In | |
Konstanz zum Beispiel kann man in ein möbliertes 22-Quadratmeter-Zimmer in | |
guter Wohnlage ziehen, für maximal 200 Euro Kaltmiete, zu einem 83-jährigen | |
Senior. Man teilt sich die Sanitärräume und soll „etwas Gesellschaft“ | |
leisten. Nur: Wie genau sieht das aus? Was, wenn man mit den eigenen | |
Freund:innen in der Wohnung Geburtstag feiern will? Was, wenn | |
„Damenbesuch“ oder „Herrenbesuch“ kommen soll? | |
## Viele ältere Menschen leben allein | |
Genügend Wohnraum jedenfalls ist da bei den Älteren. [3][Haushalte], in | |
denen die Haupteinkommensbezieher:innen mindestens 65 Jahre alt | |
waren, nutzten im Jahr 2022 durchschnittlich 68,5 Quadratmeter Wohnfläche | |
pro Person, so das Statistische Bundesamt. Haushalte von 25- bis | |
44-Jährigen hatten mit 44,7 Quadratmeter am wenigsten Wohnfläche pro Person | |
zur Verfügung. 27 Prozent der alleinlebenden über 65-Jährigen wohnten auf | |
mindestens 100 Quadratmetern. | |
Die große Zahl der alleinlebenden Alten in großen Wohnungen ist auch der | |
Grund, warum die [4][statistische Wohnfläche pro Kopf] im Durchschnitt in | |
Deutschland steigt. Gleichzeitig aber lebt jeder [5][Neunte] in einer | |
überbelegten Wohnung, bei Menschen mit Migrationshintergrund fast jede:r | |
Dritte. Als „überbelegt“ gilt eine Wohnung, wenn das Wohnzimmer auch als | |
Schlafraum fungiert oder sich drei oder mehr Kinder ein Zimmer teilen | |
müssen, oder ein Bruder und eine Schwester, beide im Teenageralter, nur | |
einen gemeinsamen Raum haben, so die Definition des Statistischen | |
Bundesamtes. | |
Das Naheliegendste bei den Ungleichgewichten wäre der Wohnungstausch, alt | |
gegen jung, groß gegen klein. In Berlin gibt es seit sieben Jahren | |
Wohnungstauschmöglichkeiten im landeseigenen Bestand der | |
Wohnungsunternehmen, mit mäßigem Erfolg. Dabei können die Bedingungen gut | |
sein: Wer tauscht, für den gilt die Miethöhe des Vormieters. Eine | |
Verkleinerung kann daher mit einer geringeren Miethöhe verbunden sein. | |
## Nicht genug altengerechte Wohnungen | |
Dennoch: Auf ein Angebot, sich zu verkleinern, kommen fünf Mieter, die eine | |
größere Wohnung suchen, berichtet David Eberhart, Sprecher des Verbandes | |
Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). Pro Jahr kommen durch | |
den Tausch nur 300 Mietverträge zustande, bei 360.000 Wohnungen im Bestand. | |
Für ältere Menschen hängen an den Wohnungen viele Erinnerungen, sagt | |
Eberhart. „Schon Möbel wegzugeben, die mit Erinnerungen verbunden sind, | |
fällt schwer.“ | |
Allerdings: Es fehlen in Deutschland 2,2 Millionen altengerechte Wohnungen, | |
hat das Pestel-Institut in Hannover festgestellt. Mit mehr bezahlbaren | |
kleinen Wohnungen mit Lift und barrierefreiem Bad, die Senior:innen | |
mieten können, würde man vielleicht mehr alte Menschen zum freiwilligen | |
Auszug aus ihrer großen Bleibe bewegen. | |
18 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.mitwohnen.org/ | |
[2] /Kollektiver-Konsum-per-Mausklick/!5103224 | |
[3] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/06/PD23_N035_12.h… | |
[4] https://www.umweltbundesamt.de/daten/private-haushalte-konsum/wohnen/wohnfl… | |
[5] https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung-Arbeit-Soziales/Sozial… | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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