# taz.de -- Verlängerung der Mietpreisbremse: Bringt das was? | |
> Am Donnerstag wird die Verlängerung der Mietpreisbremse im Bundestag | |
> beraten. Reformiert wird sie nicht. So funktioniert sie bisher. | |
Bild: Schon lange fordern die Menschen eine bessere Politik für Mieter*innen: … | |
Berlin taz | Verlängern ja. Verbessern nein. So in etwa lässt sich der | |
schwarz-rote Entwurf zur Verlängerung der Mietpreisbremse zusammenfassen. | |
„Wohnen darf kein Luxusgut werden“, erklärte [1][Bundesjustizministerin | |
Stefanie Hubig (SPD)], nachdem das Bundeskabinett sich Ende Mai mit dem | |
Thema befasst hatte. Die Verlängerung sei eine „Frage der Gerechtigkeit“. | |
Nun soll die Mietpreisbremse am Donnerstag im Bundestag in erster Lesung | |
beraten werden. | |
Es ist kein Gesetzentwurf der Bundesregierung, sondern eine | |
Formulierungshilfe. Auf dieser Grundlage sollen die Koalitionsfraktionen | |
dann einen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen. Dieses Verfahren hat | |
die Bundesregierung gewählt, um den Gesetzgebungsprozess zu beschleunigen. | |
Der Entwurf sieht im Kern vor, die Mietpreisbremse um weitere vier Jahre | |
bis Ende 2029 zu verlängern – und zwar dort, wo die „Versorgung der | |
Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen gefährdet ist“. Noch | |
gilt die Mietpreisbremse bis Ende 2025. Würde sie nicht verlängert, träfe | |
das „insbesondere Menschen mit niedrigem Einkommen und zunehmend auch | |
Durchschnittsverdienerinnen und -verdiener, vor allem Familien mit | |
Kindern“, heißt es im Entwurf. | |
Auch wenn die Union sich gern als Gegner*in aufspielt: Die | |
Mietpreisbremse wurde 2015 unter einer schwarz-roten Koalition eingeführt – | |
und es liegt jetzt wieder bei einer schwarz-roten Koalition, sie zu | |
verlängern. Die Ampel-Vorgängerregierung wollte das zwar auch, hat es aber | |
vor ihrem Zusammenbruch nicht erledigt. | |
Die Mietpreisbremse regelt bei Neuvermietungen die maximal zulässige | |
Miethöhe. Bei Vertragsabschluss darf demnach die vereinbarte Miete | |
höchstens 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. | |
Angewendet werden darf sie nur in angespannten Wohnungsmärkten. Welche | |
Gebiete das umfasst, müssen die Länder festlegen. Zudem gibt es Ausnahmen | |
bei umfassend modernisierten Wohnungen und Neubauten. Genauer gesagt: Die | |
Mietpreisbremse gilt nicht bei Wohnungen, die erstmals nach dem 01. Oktober | |
2014 vermietet werden. Dadurch soll der Wohnungsneubau nicht behindert | |
werden. | |
## Einigkeit gibt es nicht | |
„Wohnungen, die vor über zehn Jahren gebaut wurden, sind keine Neubauten | |
mehr“, kritisiert der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas | |
Siebenkotten und fordert, den Stichtag anzupassen. Vor kurzem sah das auch | |
Justizministerin Hubig noch so: In einem [2][Interview mit der Frankfurter | |
Allgemeinen Zeitung] am sagte sie, sie wolle „auch Gebäude, die zwischen | |
2014 und 2019 gebaut wurden“, bei der Mietpreisbremse einbeziehen. | |
Im Entwurf steht davon allerdings nichts. Offenbar konnte die SPD sich mit | |
Verbesserungen gegenüber der Union noch nicht durchsetzen. „Natürlich | |
wollen wir mehr erreichen, als jetzt im Gesetzentwurf steht. Nicht jede | |
Ausnahme der Mietpreisbremse muss bleiben“, sagte der Bundestagsabgeordnete | |
und zuständige SPD-Berichterstatter Hakan Demir der taz. | |
Einigkeit jedenfalls gibt es nicht. Der baupolitische Sprecher der | |
Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak, sieht die Mietpreisbremse nur als | |
„Zwischenlösung, bis die Wohnungsmärkte sich wieder beruhigt haben“. Der | |
Eigentümerverband Haus und Grund sieht die Verlängerung grundsätzlich als | |
„Fehler“. | |
Für die grüne Bundestagsabgeordnete und Wohnungspolitikerin Hanna | |
Steinmüller sind die schwarz-roten Pläne eine „Minimallösung“. Eine | |
wichtige Verbesserung wäre „die Anpassung der Neubauregelung“, sagte sie | |
der taz. Zudem müsse der Möblierungszuschlag bei [3][möbliert vermieteten | |
Wohnungen] transparenter ausgewiesen werden, um die Einhaltung der | |
Mietpreisbremse besser überprüfen zu können. | |
Auch [4][Caren Lay, die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion], | |
fordert Nachschärfungen. „Die Mietpreisbremse muss ohne Ausnahmen und | |
flächendeckend gelten. Verstöße müssen sanktioniert werden, damit das | |
Gesetz nicht weiter folgenlos umgangen werden kann“, sagte sie der taz. Die | |
schwarzrote Koalition verlängere aber „lediglich die bisher weitgehend | |
wirkungslose Mietpreisbremse“. | |
## Wirkung der Mietpreisbremse | |
Die Mietpreisbremse gibt es seit zehn Jahren. Dennoch ist es schwierig, | |
ihre Wirkung auszuwerten. Vermuten Mieter*innen einen Verstoß gegen die | |
Mietpreisbremse, müssen sie selbst tätig werden. Es gibt keine staatliche | |
Überprüfung, ob die Mietpreisbremse von Seiten der Vermietenden eingehalten | |
wird. Mieter*innen müssen notfalls also bereit sein, ihre | |
Vermieter*innen zu verklagen. | |
Wie viele Mieter*innen von dieser Möglichkeit überhaupt Gebrauch machen, | |
ist schwer zu recherchieren. Dem Bundesjustizministerium liegen auf | |
Nachfrage keine entsprechenden Zahlen vor. Selbst mit einer Nachfrage bei | |
den Berliner Zivilgerichten kommt man nicht weiter. Denn Verfahren zur | |
Mietpreisbremse werden nicht gesondert erfasst, sondern nur „alle Verfahren | |
in Zusammenhang mit Wohnungsmietstreitigkeiten (z. B. Mieterhöhung, | |
Mietminderung, Mängelbeseitigung, Räumung etc.)“, erklärt eine Sprecherin. | |
Auch die Stadt München, die unter stark steigenden Mieten leidet, verfügt | |
auf Nachfrage über keine belastbaren Zahlen. | |
In der Begründung des Entwurfs der Bundesregierung heißt es dennoch, dass | |
die Mietpreisbremse den Mietenanstieg „moderat verlangsamt“ habe. Verwiesen | |
wird dabei auf eine vom Justizministerium in Auftrag gegebene Studie des | |
Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Das Problem ist: | |
Diese Studie stammt von Ende 2018 – ist also ziemlich alt. Seitdem ist auf | |
dem Mietmarkt einiges passiert. | |
Eine neuere [5][Untersuchung der TU München], für die 10.000 | |
Mieter*innen befragt wurden, kam zu dem Ergebnis, dass über ein Viertel | |
der Befragten theoretisch ihre Miete anfechten könnte. Viele wussten aber | |
nichts von der Möglichkeit oder scheuten davor zurück. | |
Aufschlussreich sind auch die Zahlen des Unternehmens Conny, das sich 2016 | |
gegründet hat, um Mieter*innen bei Verstößen gegen die Mietpreisbremse | |
zu helfen. In den vergangenen acht Jahren hat das Unternehmen nach eigenen | |
Angaben mehrere 100.000 Mietpreisbremse-Verfahren gerichtlich und | |
außergerichtlich geführt. | |
In einem Informationspapier von Ende 2024 heißt es: „Mittlerweile schaffen | |
wir es, in 9 von 10 aller von uns geprüften Mietverträgen Ansprüche zur | |
Durchsetzung der Mietpreisbremse erfolgreich durchzusetzen.“ Die | |
durchschnittliche monatliche Ersparnis lag laut Unternehmen im Jahr 2024 in | |
Berlin bei durchschnittlich 493,54 Euro pro Monat. 2020 waren es 315,10 | |
Euro. | |
Immerhin heißt es Koalitionsvertrag von Union und SPD, dass bis Ende 2026 | |
eine „Expertengruppe mit Mieter- und Vermieterorganisationen“ unter anderem | |
„eine Bußgeldbewehrung bei Nichteinhaltung der Mietpreisbremse vorbereiten“ | |
soll. | |
4 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Sozialdemokratinnen-im-Kabinett/!6086251 | |
[2] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/stefanie-hubig-ueber-afd-verbot-… | |
[3] /Befristeter-und-moeblierter-Wohnraum/!6018646 | |
[4] /Linkenpolitikerin-Caren-Lay-im-Wahlkampf/!6063225 | |
[5] https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/mietpreisbremse-nur-wenn-du-stre… | |
## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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