# taz.de -- Berliner Wohnungsmarkt: Landeseigene erhöhen die Miete | |
> Mieterverein und Linke kritisieren die neuen Mieterhöhung bei den | |
> landeseigenen Wohnungsgesellschaften als unsozial. Der BBU hält sie für | |
> notwendig. | |
Bild: Von den 1,7 Millionen MIetwohnungen Berlins sind noch 370.000 in landesei… | |
Berlin taz | Dass die landeseigenen Wohnungsbauunternehmen (LWU) die Miete | |
für 112.000 Wohnungen erhöhen wollen, stößt auf breite Kritik. Die | |
Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ bezeichnete die Mieterhöhungen | |
am Mittwoch als „sozialen Sprengstoff“. „Öffentlich bekunden CDU und SPD, | |
den Mietenwahnsinn stoppen zu wollen – doch in Wahrheit treiben sie selbst | |
die Mieten für Hunderttausende Menschen in die Höhe“, sagte Sprecherin | |
Gisèle Beckouche. | |
Auch der mietenpolitische Sprecher der Linksfraktion Niklas Schenker, durch | |
dessen parlamentarische Anfrage die Erhöhungen am Dienstag bekannt geworden | |
waren, sprach von Doppelzündigkeit. „Während die SPD auf ihrem Parteitag | |
wohlfeile Beschlüsse fasst, den Anstieg der Mieten auf 6 Prozent innerhalb | |
von drei Jahren zu begrenzen, genehmigt der SPD-Wohnungssenator Gaebler | |
Mietsteigerungen um fast das Doppelte.“ | |
Schenker erklärte, dass die Kooperationsvereinbarung zwischen Senat und den | |
sechs Landeseigenen, die kurz nach dem Berliner Regierungswechsel im Herbst | |
2023 neu verhandelt worden war, viel „unternehmerfreundlicher“ sei als die | |
vorige. Unter Rot-Grün-Rot hatte es noch einen Mietenstopp für die | |
Landeseigenen gegeben. | |
Laut aktueller Kooperationsvereinbaren dürfen die LWU nicht nur die Miete | |
in ihrem jeweiligen Gesamtbestand um 2,9 Prozent pro Jahr erhöhen, die | |
Miete in einzelnen Wohnungen kann um bis zu 11 Prozent steigen. Mit diesem | |
„Trick“, so Schenker, kämen die Landeseigenen in drei Jahren auf fast | |
marktübliche Steigerungen. | |
## Senat lässt Spielraum | |
Auch beim Mieterverein ärgert man sich, dass der Senat den LWU seit der | |
neuen Vereinbarung so viel Spielraum lässt. „Sie machen das, was sie dürfen | |
und können“; konstatierte Geschäftsführerin Ulrike Hamann-Onnertz. Und das | |
gehe aktuell „weit über das hinaus, was vorher möglich war“ – unter R2G. | |
Am Dienstag war durch die [1][Veröffentlichung von Schenkers Anfrage] | |
bekannt geworden, dass fast alle LWU (außer der WBM) bis Februar 2026 die | |
Mieten für 112.000 Wohnungen erhöhen wollen. Aus der Anfrage geht zudem | |
hervor, dass alle sechs – Gesobau, Gebowag, Hogowe, Stadt und Land, WBM und | |
Degewo – seit April 2023 bereits die Mieten für 285.000 Wohnungen erhöht | |
haben. „Kai Wegner ist Mieterhöhungsweltmeister“, findet Schenker daher. | |
Insgesamt haben die Sechs einen Bestand von 370.000 Wohnungen, das sind | |
knapp 22 Prozent der 1,7 Millionen Berliner Mietwohnungen. Perspektivisch | |
will der Senat den landeseigenen Bestand auf 500.000 Wohnungen erhöhen. | |
Unter anderem für den Neubau seien die Mieterhöhungen auch tatsächlich | |
notwendig, sagte ein Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, | |
auf taz-Anfrage. Die LWU hätten „einen sozialen Auftrag“, bestätigt er. | |
„Gleichzeitig bauen sie dringend benötige bezahlbare Wohnungen und sind dem | |
Berliner Ziel der Klimaneutralität bis 2045 verpflichtet.“ Diese Ziele | |
müssten mit finanziellen Mitteln ausgestattet werden. Zugleich gelte es, | |
„Überforderungen bei den Mieten zu vermeiden“. | |
## Absenkung beantragen? | |
David Eberhart, Sprecher des Verbands Berlin-Brandenburger | |
Wohnungsunternehmen (BBU), sagte, eine „regelmäßige Anpassung“ sei | |
„unumgänglich, um inflations- und auflagenbedingt steigende Kosten für | |
Instandhaltung, Modernisierung und Bewirtschaftung von Wohnungen bewältigen | |
zu können“. Auch er verwies darauf, dass Mieter bei Überforderung eine | |
Absenkung beantragen könnten. | |
Allerdings scheint das Instrument, dass „Überforderungen“ wegen zu hoher | |
Miete verhindern soll, nicht zu funktionieren. Das | |
„Leistbarkeitsversprechen“ besagt laut Kooperationsvereinbarung, dass | |
Haushalte eine MIetminderung bekommen, wenn ihre Nettokaltmiete mehr als 27 | |
Prozent des Haushaltseinkommens beträgt. Doch diese Möglichkeit wird nur | |
selten beantragt – und noch seltener bewilligt. Im ersten Quartal 2024 | |
(neuere Zahlen gibt es offenbar nicht) gab es [2][laut | |
Stadtentwicklungsverwaltung] 468 Anträge von Mietern, wovon 51 bewilligt | |
wurden. | |
Schenker hat die Vermutung, dass viele Mieter das | |
„Leistbarkeitsversprechen“ gar nicht kennen – sonst würden es sicher mehr | |
beantragen. Zudem, sagte Hamann-Onnertz vom Mieterverein, gebe es einige | |
Hürden zu überwinden. Mieter, die eine Deckelung beantragen wollen, müssten | |
sämtliche Einkommensquellen offenlegen, auch alles Ersparte, und zuvor | |
andere Möglichkeiten wie Wohngeld ausgeschöpft haben. „Die Unternehmen | |
machen es den Menschen schwierig, eine Verminderung ihrer Miete zu | |
bekommen.“ | |
9 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-22… | |
[2] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-19… | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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