Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die neuen SPD-MinisterInnen: Lars Klingbeil und die Neuen
> Die SPD hat sich Zeit gelassen: Nur Stunden vor Unterzeichnung des
> Koalitionsvertrags benennt sie ihre MinisterInnen. Darunter: Zwei Frauen
> unter 40.
Bild: Neue Gesichter, mehr Frauen als Männer: Die SPD veröffentlicht am Monta…
Berlin dpa/afp/reuters | Neue Gesichter hatte die SPD versprochen für das
schwarz-rote Kabinett von Kanzler Friedrich Merz (CDU). Das hält der
designierte Vizekanzler und Parteichef Lars Klingbeil ein: Außer
Verteidigungsminister Boris Pistorius bleibt keine der Ampel-Ministerinnen
und -Minister im Amt. Am Montag ist nun die Aufstellung der SPD für die
kommenden vier Jahre bekannt geworden.
„Als Konsequenz aus dem schlechten Wahlergebnis bei der Bundestagswahl
haben wir gemeinsam eine personelle und inhaltliche Neuaufstellung
angekündigt“, erklärten die SPD-Parteivorsitzenden Lars Klingbeil und
Saskia Esken zu den Personalentscheidungen. „Mit unserem Regierungsteam
gehen wir als Parteispitze damit den nächsten Schritt.“ Die bisherige
Ko-SPD-Chefin Esken ist damit nicht in der neuen Regierung vertreten –
ebenso wenig wie der bisherige Arbeitsminister Hubertus Heil,
Innenministerin Nancy Faeser, Gesundheitsminister Karl Lauterbach,
Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Bauministerin Klara Geywitz.
Neue Ostbeauftragte wird die bisherige parlamentarische Staatssekretärin im
Bauministerium, Elisabeth Kaiser. Staatsministerin und Beauftragte der
Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration soll die
bisherige Beauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten,
Natalie Pawlik, werden.
„Die SPD stellt ein Team auf, das bereit ist, unser Land mutig zu
gestalten“, erklärten Klingbeil und Esken. „Mit dem Finanz-, dem
Verteidigungs-, dem Bau-, dem Klima- und Umwelt- sowie dem
Justizministerium führen wir zentrale Ministerien, um die geplante
Modernisierung Deutschlands durch massive Investitionen voranzutreiben.“ Im
Arbeitsministerium werde die SPD sicherstellen, „dass die Belange der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Familien gestärkt werden“. Im
Entwicklungsministerium wolle die Partei „dafür Sorge tragen, dass
Deutschland seiner Verantwortung in der Welt gerecht wird“.
## Finanzen und Vizekanzler: Lars Klingbeil
Lars Klingbeil hat sich in kurzer Zeit bei der SPD in eine absolute
Machtposition gebracht. Als Generalsekretär verhalf er 2021 Olaf Scholz ins
Kanzleramt, danach stieg der Niedersachse zum Parteichef auf. Nach dem
Debakel bei der Wahl 2025 griff er zusätzlich nach dem Fraktionsvorsitz,
jetzt wird Klingbeil als Vizekanzler der zweite starke Mann in der
Regierung Merz. Eigentlich brennt der 47-Jährige für die Außenpolitik und
geprägt durch den familiären Hintergrund als Soldatensohn am Heeresstandort
Munster für Verteidigung. Jetzt muss er sich ins mächtige Finanzressort
einarbeiten. Für Klingbeil, der im konservativen SPD-Flügel zu Hause ist,
könnte es das Sprungbrett für eine Kanzlerkandidatur 2029 sein – auch wenn
manchen in der Partei aufstößt, mit welcher Skrupellosigkeit er sich
zuletzt seine Macht sicherte.
## Arbeit und Soziales: Bärbel Bas
Bodenständig, geradlinig, klar: Als Bundestagspräsidentin hat sich Bärbel
Bas in den vergangenen dreieinhalb Jahren einen guten Ruf erworben. Zuvor
war die Duisburgerin einer breiteren Öffentlichkeit kaum bekannt. Sie sitzt
seit 2009 im Bundestag und kümmerte sich unter anderem um
Gesundheitspolitik. Ihre unkomplizierte Art mag mit der Herkunft zu tun
haben: Die 57-Jährige wuchs als zweitälteste von sechs Geschwistern in
materiell einfachen Verhältnissen auf. Spielen, so erzählte Bas später,
musste sie als Kind draußen, weil im Kinderzimmer zu wenig Platz war.
## Verteidigung: Boris Pistorius
Verteidigungsminister Boris Pistorius war für die SPD gesetzt – schließlich
ist er Deutschlands beliebtester Politiker. Als er im November 2023
„Kriegstüchtigkeit als Handlungsmaxime“ für die Bundeswehr ausrief, legte
der 65-jährige Niedersachse die Latte hoch. Seit der Ausnahme der
Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse kann er sich über mangelnde
Finanzierung nicht mehr beschweren. Der Jurist Pistorius wurde in Osnabrück
geboren, er arbeitete in mehreren niedersächsischen Regierungsstellen und
war von 2006 bis 2013 Oberbürgermeister seiner Heimatstadt („das schönste
Amt der Welt“). In den zehn folgenden Jahren war er Innenminister von
Niedersachsen. 2023 übernahm er das Verteidigungsministerium von Christine
Lambrecht und gewann in kurzer Zeit die Anerkennung der Truppe und der
Verbündeten.
## Justiz: Stefanie Hubig
Stefanie Hubig (56) ist seit 2016 Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz.
In der Kultusministerkonferenz ist sie seit 2024 zudem Koordinatorin der
SPD-geführten Länder. Doch in Berlin kennt man die SPD-Politikerin vor
allem in einer anderen Rolle. Im Bundesjustizministerium begann sie im Jahr
2000 und stieg zur Referatsleiterin auf. 2008 ging sie nach Mainz: Erst in
die Staatskanzlei, 2009 übernahm sie die Leitung der Abteilung Strafrecht
im Justizministerium. Hubig wurde 2014 Staatssekretärin im
Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Justizminister war
damals ihr Parteikollege Heiko Maas. Beide gerieten mit dem damaligen
Generalbundesanwalt Harald Range aneinander: Dabei ging es um später
eingestellte Ermittlungen gegen zwei Blogger von Netzpolitik.org wegen
Landesverrats.
## Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: Verena Hubertz
Die neue Bauministerin Verena Hubertz ist eine politische
Senkrechtstarterin. Die 37-Jährige ist seit 2021 Bundestagsabgeordnete und
wurde direkt stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, zuständig unter
anderem für Wirtschaft, Klimaschutz und Energie, Bauen und Wohnen. Oft
führte sie in der Ampel-Koalition Verhandlungen mit Politikern von Grünen
und FDP, wenn es um strittige Fragen ging. Laute Töne sind nicht ihr Fall.
Die Triererin und Betriebswirtin hat eine für Politiker eher ungewöhnliche
Biografie. 2013 gründete sie mit einer Studienkollegin das Küchen-Start-up
Kitchen Stories. Die Idee: in Videos und Schritt für Schritt zu zeigen, wie
einfach Kochen sein kann.
## Umwelt und Klimaschutz: Carsten Schneider
Carsten Schneider war in der Ampel-Regierung von Olaf Scholz Staatsminister
und Beauftragter für Ostdeutschland. Damit war er eine der profiliertesten
Stimmen dieser Region und sollte vor allem für gleichwertige
Lebensverhältnisse in den ostdeutschen Bundesländern sorgen. Schneider
stammt aus Erfurt und sitzt bereits seit 1998 im Bundestag. Dort war er
unter anderem Haushaltspolitiker, stellvertretender Fraktionsvorsitzender
und erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion. Der 49 Jahre
alte Bankkaufmann gilt als pragmatisch, erfahren und vielseitig einsetzbar.
Er versteht sich gut mit dem künftigen Vizekanzler Klingbeil – die beiden
waren sogar gemeinsam im Rennrad-Urlaub.
## Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Reem Alabali-Radovan
Auch Reem Alabali-Radovan hat eine steile politische Laufbahn hingelegt.
Zuletzt war die 35-Jährige Integrationsbeauftragte der Ampel-Regierung. Nun
folgt der nächste Schritt auf der Karriereleiter der Schwerinerin. Geboren
wurde Alabali-Radovan 1990 in Moskau. Im Alter von sechs Jahren kam sie mit
ihrer Familie, die vor den politischen Verhältnissen im Irak floh, nach
Mecklenburg-Vorpommern. Als Integrationsbeauftragte setzte sie sich unter
anderem gegen Racial Profiling ein, also die verdachtsunabhängige
polizeiliche Kontrolle von Menschen allein wegen ihrer Hautfarbe und
anderen ethnischen oder religiösen Merkmalen. Alabali-Radovan ist
verheiratet mit dem Profiboxer Denis Radovan und bekam 2023 eine Tochter.
Als Integrationsbeauftragte machte sie damals keine lange Pause.
## Klingbeil holt Experten aus SPD-Fraktion ins Ministerium
Als Bundesfinanzminister holt Klingbeil (SPD) sich aus der
Bundestagsfraktion die Experten für Haushalts- und Steuerpolitik als
Parlamentarische Staatssekretäre in sein Ministerium. Der bisherige
Chefhaushälter Dennis Rohde und der steuerpolitische Sprecher Michael
Schrodi der SPD-Fraktion seien für diese Posten vorgesehen, teilte die SPD
am Montag mit.
Die Parlamentarischen Staatssekretäre spielen als Bindeglied zu den
Ausschüssen des Bundestages und zur eigenen Fraktion eine wichtige Rolle.
Pressesprecher des Finanzministeriums soll nach Angaben aus der SPD der
bisherige Sprecher der aus dem Amt scheidenden Innenministerin Nancy Faeser
werden, Maximilian Kall. Die Amtsübergabe von Finanzminister Jörg Kukies an
seinen Nachfolger Klingbeil ist für Dienstagnachmittag vorgesehen.
5 May 2025
## TAGS
SPD
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Lars Klingbeil
Boris Pistorius
Bärbel Bas
Regierungsbildung
Schwarz-rote Koalition
SPD
Neue Bundesregierung
Friedrich Merz
Friedrich Merz
Bundesregierung
8. Mai 1945
wochentaz
Saskia Esken
## ARTIKEL ZUM THEMA
Virologe Hendrick Streeck ist zurück: Warum nicht auch Drogenbeauftragter?
Der Virologe Hendrik Streeck soll Sucht- und Drogenbeauftragter der
Bundesregierung werden. Was er von Cannabis hält, hat er bereits deutlich
gemacht.
Ex-Kanzler Olaf Scholz: Er wird als Zwischenfigur in die Geschichte eingehen
Olaf Scholz war Kanzler ohne Projekt. In einer Zeit entscheidender Fragen
hatte der SPD-Politiker meist nur ein Achselzucken parat.
Neue SPD-Minister*innen-Riege: Radikales Austauschprogramm
Parteichef Lars Klingbeil schmeißt fast das gesamte alte SPD-Personal raus.
Die schwierigste Aufgabe liegt aber noch vor ihm – seine Doppelrolle.
Neuer Umweltminister: Qualifikation? Egal
Carsten Schneider war nie Umweltpolitiker und wird trotzdem Chef des
Ministeriums. Dabei wäre Fachexpertise hilfreich auf diesem Posten.
Bundeskanzler in spe: Friedrich und sein Naziopa
Als die taz vor Jahren zur Vergangenheit seines Großvaters recherchierte,
verklagte Friedrich Merz die Zeitung. Wie sieht er seinen Naziopa heute?
Dobrindt als Bundesinnenminister: Anheizer. Analytiker. Alexander
Er ist einer der Köpfe der „Migrationswende“, mit der die Union Wahlkampf
machte. Als Bundesinnenminister soll Alexander Dobrindt sie umsetzen.
Die SPD und Saskia Esken: Sozialdemokratische Unkultur
Der Umgang der SPD mit Saskia Esken zeigt: Die rüde Intrige und das kalte
Abservieren gehören wieder zur SPD wie die Bratwurst zum Parteitag.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.