| # taz.de -- Preisverleihungen in der Gamingbranche: Wer am besten unterhält, g… | |
| > Eine aufwendige Preisverleihung vs. ein cozy Indiespielfestival. Unsere | |
| > Autorin hat beide besucht und zieht daraus Schlüsse für die | |
| > Gamingbranche. | |
| Bild: Entertainment, auch auf dem „Blauen Teppich“ des Deutschen Computersp… | |
| Der Mann am Empfang drückt mir mein Namensschild in die Hand – „Presse“ | |
| steht da drauf – und fängt heute zum wahrscheinlich 100. Mal an, den | |
| straffen Plan für den Abend runterzurattern. Ich nicke, kann mir aber | |
| nichts merken. Dann geht’s in den Vorraum des Palais am Funkturm in Berlin. | |
| Menschen stehen in kleinen Grüppchen an ein paar Dutzend Stehtischen. | |
| Ich gehe zu einem der Kühlschränke und zerre an der Tür, um eine Cola | |
| rauszuholen. „Um 18 Uhr erst“, sagt eine Angestellte. Ich schaue auf die | |
| Uhr. Es ist 17:52. Hmpf. Während ich mir einen Stehtisch aussuche, merke | |
| ich, wie sich die Fake-Leder-Beschichtung meiner Tasche auflöst und in | |
| meine Hand krümelt. Bis die Preisverleihung beginnt, dauert es noch zwei | |
| Stunden, und ich fühle mich wie meine Tasche. | |
| Vergangenen Mittwoch war ich zum ersten Mal bei der Verleihung des | |
| [1][Deutschen Computerspielpreises.] Die Aufmachung der Show ist ein | |
| bisschen wie bei den Oscars oder [2][beim ESC]: dramatische Musik, | |
| Kamerafahrten übers Publikum und jeder zweite Satz der Moderator:innen | |
| versucht, ein Witz zu sein. Alle hier nehmen sich und die Preise sehr | |
| wichtig. | |
| Dabei sind die Preisgelder verglichen mit den Produktionskosten eines | |
| Spiels ein Witz. Ich sehe ein, dass Preisverleihungen wichtig sind, um | |
| Deutschland als Standort für [3][Entwickler:innenstudios] zu | |
| stärken. Cool ist auch, dass auch kleine Studios gewinnen können, wenn sie | |
| zum Beispiel mit ihrem Audio-Design überzeugen. Gleichzeitig hat man das | |
| Gefühl, es geht bei allen Spielen nur ums Entertainment, sonst nichts. Wer | |
| am besten unterhält, gewinnt. | |
| ## Mehr LAN-Party als Branchenevent | |
| Dabei können Spiele so viel mehr als unterhalten. Am nächsten Morgen gehe | |
| ich auf noch eine Gaming-Veranstaltung: das A-Maze Festival im Berliner | |
| Wedding. Laut Selbstbeschreibung sollen sich hier Künstler:innen und | |
| Entwickler:innen von Indie-Games treffen. „Indie“ steht für | |
| independent, also unabhängig. Was ein Spiel dazu macht, ist nicht klar | |
| definiert. Meistens werden sie von kleinen Studios und mit geringem Budget | |
| entwickelt. | |
| Auch beim A-Maze bekomme ich erst mal ein Namensschild, auf das ich aber | |
| dieses Mal selbst meinen Namen und meine Pronomen schreibe. Dann geht’s | |
| eine Betonrampe hinunter in den Keller. Unten angekommen wirkt alles wie | |
| eine einzige große LAN-Party. In dem verwinkelten Gebäude stehen Dutzende | |
| kleine Tischgruppen mit PCs, auf denen man Spiele ausprobieren kann. | |
| Jedes Ausstellungsstück ist interaktiv. Alle zocken irgendwas oder schauen | |
| anderen dabei zu. Nebenan finden Panels statt. Bei A-Maze sind Spiele mehr | |
| als Entertainment und mehr als Produkte eines algorithmen- und | |
| eskapismusgetriebenen Konsums. Spiele dürfen den Status quo hinterfragen, | |
| sie sollen Menschen zum Denken anregen. Festivals wie A-Maze machen | |
| Hoffnung. Denn sie zeigen, dass es neben der profitorientierten Gamingwelt | |
| noch eine andere, kleinere, nichtkommerzielle Welt gibt, die sich selbst | |
| organisiert. Hier dürfen Spiele anders sein, mit Erwartungen brechen und | |
| einfach Kunst sein. | |
| 18 May 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alexandra Hilpert | |
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