| # taz.de -- Ausbeutung in der Game-Branche: Sei froh um die Credits oder Crunch… | |
| > Spieleentwickler:innen in der Gaming-Branche erleben | |
| > Arbeitsbedingungen wie im 19. Jahrhundert. Damit das besser wird, ist | |
| > Organisation gefragt. | |
| Bild: Szene aus Crunch – Traum und Albtraum in der Gaming-Industrie | |
| Wenn du für deinen Job wirklich brennst, machst du gerne Überstunden! Du | |
| willst doch auch, dass das Produkt gut wird, oder? Dein Name steht | |
| schließlich in den Credits. Sei doch froh, dass du in einem bekannten | |
| Unternehmen wie unserem arbeiten darfst! | |
| Bei kreativen Berufen wird gerne so getan, als würde die Liebe zum Job | |
| schlechte Arbeitsbedingungen ausgleichen. Das gilt auch für | |
| Spieleentwickler:innen in der Gaming-Branche. Die neue ARD-Doku | |
| [1][„Crunch – Traum und Albtraum in der Gaming-Industrie“] erzählt von | |
| einer toxischen Arbeitskultur. | |
| „Crunch“ nennt man die Zeit kurz vor der Veröffentlichung eines Spiels. Die | |
| Mitarbeiter:innen berichten von unbezahlten Überstunden, Burn-out und | |
| Mobbing am Arbeitsplatz. | |
| Kolleg:innen hätten sich Matten ins Büro genommen oder mit dem Kopf auf | |
| den Armen am Schreibtisch geschlafen. Es sei selbstverständlich gewesen, | |
| monatelang auch am Wochenende arbeiten zu müssen. Ganz zu schweigen von der | |
| belastenden Arbeitsatmosphäre, in der geschrien worden sei, Gegenstände | |
| durch den Raum geflogen und Menschen sexuell belästigt worden seien. Wie | |
| Frauen in der Branche leiden, könnte eine komplette, weitere Kolumne | |
| füllen. | |
| ## Der Markt wächst immer noch | |
| Laut der [2][International Game Developers Association] erlebten 85 Prozent | |
| der angestellten Entwickler:innen mindestens einen „Crunch“ in den | |
| vergangenen zwei Jahren, 74 Prozent davon mehr als zwei. Unter | |
| Selbstständigen und Freiberuflichen waren es noch mehr. Gerechtfertigt wird | |
| das damit, dass die wirtschaftliche Lage angespannt sei. | |
| Erstens: Das stimmt nicht. Zwar wurden 2023 und 2024 Tausende Mitarbeitende | |
| in den großen Spieleunternehmen entlassen. Das liegt daran, dass | |
| Videospiele zu Beginn der Coronapandemie krass boomten. [3][Kinder etwa | |
| spielten im ersten Lockdown 132 Minuten statt 83 Minuten am Tag.] Verkäufe | |
| von Spielen und Konsolen stiegen, die Branche stellte neues Personal ein. | |
| Jetzt ist das Wachstum abgeflacht, denn die Pandemie hat zwar nie geendet, | |
| ist aber den meisten egal geworden. Der Markt wächst trotzdem weiter. | |
| [4][Laut dem Branchenverband Game] von 2022 auf 2023 um sechs Prozent. | |
| Zweitens: Was soll das für eine Begründung sein? Anderen Branchen geht es | |
| auch mies und trotzdem herrschen dort keine Arbeitsbedingungen wie im 19. | |
| Jahrhundert. Journalismus zum Beispiel! Meistens jedenfalls, haha. Wenn der | |
| Arbeitgeber ungehindert Leistung aus Menschen rauspressen kann, dann liegt | |
| das immer daran, dass die Arbeitnehmer:innen zu wenig Macht haben. | |
| Also: Tretet Gewerkschaften und Arbeitnehmer:innenverbänden bei! In | |
| der Gaming-Branche sind sie bisher kaum verbreitet. Aber es gibt sie. Der | |
| Verein Game:in setzt sich für die Gleichberechtigung von Frauen ein. Bei | |
| Verdi schlossen sich 2024 Beschäftigte zum Game Devs Roundtable zusammen. | |
| Sie fordern unter anderem Tarifverträge, faire Gehälter und Freiwilligkeit | |
| für Überstunden. Furchtbar und skurril, dass man sich das im Jahr 2025 | |
| immer noch erkämpfen muss. | |
| 9 Mar 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.ardmediathek.de/video/crunch-traum-und-albtraum-in-der-gaming-i… | |
| [2] https://igda.org/ | |
| [3] https://www.bundesdrogenbeauftragter.de/presse/detail/nach-rekordwerten-im-… | |
| [4] https://www.game.de/deutscher-games-markt-2023-starke-entwicklung-in-stuerm… | |
| ## AUTOREN | |
| Alexandra Hilpert | |
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