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# taz.de -- Spieleplattform Roblox: Anarchokapitalismus für Kinder
> Wie viele soziale Medien funktioniert die Spieleplattform Roblox nach
> kapitalistischer Logik. Ein Verein in Österreich will dem etwas
> entgegensetzen.
Bild: Overstimulatet: Ein Kind zockt auf der Spieleplattform Roblox
Selten habe ich mich so alt gefühlt wie an diesem Morgen, als ich zum
ersten Mal auf „Roblox“ abhänge. Mit meinem frisch geschlüpften Welpen
jogge ich Richtung Marktplatz. „Bring mich zum nächsten Töpfchen“, blinkt
über seinem Kopf. Ein Text teilt mir mit: „Oliver2332 hat dich auf eine
Party eingeladen!“, darunter ein Text in kyrillischer Schrift, gespickt mit
Herzchen. „Hohoho“, ruft ein Weihnachtsmann, als ich vorbeirenne. Ich bin
overstimulated und überfordert.
„Adopt Me!“, heißt das Spiel, bei dem man Haustiere großzieht und sammelt.
131.000 Leute spielen es gerade gleichzeitig mit mir. Es ist eines von rund
6 Millionen Spielen, die auf Roblox verfügbar sind. [1][Roblox ist eine
Spielplattform, die als Metaverse genutzt wird, also ein soziales Netzwerk
in einer virtuellen Welt.]
Die Reizdichte ist krass. Ähnlich wie beim Haustierspiel ergeht es mir in
„Krieg Tycoon“ und einem Spiel namens „Sei ein Loch“. Anleitungen gibt …
oft nicht, die Digital Natives wissen schon selbst, welche Knöpfe was
machen. So muss sich mein Opa immer fühlen, wenn ich ihm erkläre, wie er
einen Whatsapp-Anruf startet.
Laut Roblox nutzen 85 Millionen Menschen die Plattform täglich. Mehr als
jeder dritte von ihnen ist unter 13 Jahre alt. Auch in Deutschland nutzt
laut einer Studie der Landesanstalt für Medien NRW jedes dritte der 2.000
befragten Kinder und Jugendlichen Roblox. Zu Beginn der Coronapandemie
wurde die Plattform zu einem digitalen Spielplatz, um Freund:innen zu
treffen. Seitdem wächst die Plattform stetig.
## Roblox funktioniert nach kapitalistischer Logik
Wie viele soziale Medien funktioniert Roblox nach kapitalistischer Logik:
Je mehr Zeit Nutzer:innen mit einem Spiel verbringen, desto häufiger
wird es vom Algorithmus auf der Plattform angezeigt. Spiele fixen Kinder
selten an, indem sie tolle Botschaften verbreiten, sondern indem sie
besonders geschickt Dopamin freisetzen. Das machen sie zum Beispiel mit
Zufallsgeschenken, wie Lose beim Glücksspiel.
Was eine kapitalistische Gesellschaft trotz des verkorksten Systems
lebenswert macht, sind soziale Institutionen, Kunst und Kultur, die
außerhalb des Marktes existieren und dessen Auswirkungen abfedern. In der
wirklichen Welt existieren diese, auch weil sie von unserer Demokratie
gefördert werden. Im Anarchokapitalismus der Roblox-Welt gibt es sie bisher
kaum.
Der österreichische Verein Rosalila Panther:innen will das ändern und
hat im Januar ein queeres Beratungscenter auf Roblox eröffnet. Beteiligt
waren die Wiener Städtische Versicherung und eine Kreativagentur. Auch das
[2][Belvedere Museum in Wien] hat ein Roblox-Spiel entwickelt, in dem
Nutzer:innen in Gemälde eintauchen und etwas über ihre Geschichte lernen
können.
Solche Erlebnisse sind selten auf Roblox. Dabei gäbe es so viele
Möglichkeiten: Nachrichtenangebote, Sprachkurse, Nachhilfe,
[3][Selbsthilfegruppen], Freiräume für politische Aktionen und Engagement.
Antifa ist Handarbeit. Sie muss auch in digitalen Räumen stattfinden – am
besten, bevor sie von Rechten vereinnahmt werden.
25 Feb 2025
## LINKS
[1] /Eine-virtuelle-Tour-durch-Roblox/!5852160
[2] /Maler-Amoako-Boafo-in-Wien/!6055307
[3] /App-fuer-Trauernde-nach-Todesfall/!5919087
## AUTOREN
Alexandra Hilpert
## TAGS
Kolumne Zockerzecke
Onlinespiele
Soziale Medien
Spielzeug
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