| # taz.de -- Hitlers Aufstieg im Game vermeiden: Olaf Scholz, spielen Sie eigent… | |
| > Im Videospiel „Social Democracy“ muss man als SPD versuchen, gemeinsam | |
| > mit den anderen Parteien die Wahl Hitlers zu vermeiden. Daraus können wir | |
| > lernen. | |
| Bild: Keine Kompromisse in Sicht: Mai 1931, die KPD demonstriert in Düsseldorf | |
| Game Over. So endet mein erster Versuch, die Nazis an der Machtergreifung | |
| zu hindern. In dem Spiel „Social Democracy“ bin ich die SPD in der Weimarer | |
| Republik und muss angesichts Arbeitslosigkeit und Antisemitismus die | |
| Demokratie retten. Red Autumn nennt sich die Person, die [1][das kostenlose | |
| Spiel] veröffentlicht hat. Mehr Infos gibt es nicht, nur dass sie als Hobby | |
| interaktive Fiktion entwickelt. | |
| Erst mal muss ich klarstellen: Ich bin kein Geschichtsprofi. Lese ich mir | |
| die gesamte „Library“ im Spiel durch, um alles über die Weimarer Republik | |
| zu erfahren, und merke ich mir das auch noch? Ich denke nicht. Stattdessen | |
| projiziere ich das aktuelle politische Geschehen auf das damalige | |
| Parteiensystem. Don’t come at me. | |
| Ich weiß, dass man das nicht gleichsetzen kann, aber ich will aus der | |
| Geschichte lernen. Also: Es gibt die Zentrumspartei, die macht was mit | |
| Kirche und konservativ. Die DDP und DVP waren damals die liberalen | |
| Parteien. Die KPD ist sehr links. NSDAP ist klar, die ist ganz rechts. Und | |
| die DNVP ist die weichgespülte NSDAP, also auch rechts. | |
| Beim ersten Versuch bändle ich – also die SPD, die ich spiele – mit der KPD | |
| an. Das wäre ein Träumchen, einfach den Kapitalismus abzuschaffen. Nur je | |
| mehr ich versuche, der KPD zu gefallen, desto grummeliger werden die | |
| Zentrumspartei (konservativ), die DVP und die DDP (beide liberal). Meine | |
| Koalition scheitert und in der Opposition kann ich kaum etwas tun. Am Ende | |
| stimmt niemand außer mir und der KPD gegen Hitler – [2][er wird Kanzler.] | |
| ## Es braucht Kompromisse | |
| Zweiter Versuch. Ich lasse mich mehr auf die Zentrumsparteien ein. Ja, | |
| okay, dann senken wir halt die Steuern für Reiche. Dafür drücke ich bessere | |
| Arbeitsbedingungen für Frauen und Rechte für queere Menschen durch. Am Ende | |
| sind wieder alle sauer auf mich. Nach Hitlers Machtergreifung zettle ich | |
| einen Straßenkampf an. Bürgerkrieg bricht aus. Na, super. | |
| Okay, letzter Versuch. Dieses Mal fahre ich volle Kompromissbereitschaft | |
| mit der Zentrumspartei. Oberste Priorität: die Wirtschaft retten. | |
| Währenddessen ermittle ich innerhalb der Polizei und des Innenministeriums | |
| und schmeiße Nazis aus Machtpositionen raus. Nach ein paar Jahren kann ich | |
| die SA verbieten und Demos gegen Antisemitismus organisieren. 1933 | |
| verstreicht und kein Hitler kommt an die Macht. Puh. | |
| Seitdem ich 2015 AfDler:innen von Talkshow zu Talkshow habe springen | |
| sehen, habe ich Angst. Die CDU betont, sie halte die Brandmauer zur AfD, | |
| aber Friedrich Merz gibt mir Trust Issues. Wie gerne ich konservative | |
| Politik komplett wegcanceln würde, merke ich beim „Social | |
| Democracy“-Spielen. | |
| Aber das hilft nicht. Progressive Politik bringt gar nichts, wenn dafür bei | |
| der nächsten Bundestagswahl [3][die AfD] Regierungsmacht bekommt. | |
| Stattdessen müssen Kompromisse her, mit denen wir die Brandmauer nach | |
| rechts halten können. Die Kompromisse werden uns als Linke wehtun. Aber sie | |
| sind der einzige Weg. Und irgendwann, wenn die Gefahr von rechts | |
| geschrumpft ist, kommen hoffentlich wieder bessere Zeiten. | |
| 27 Jan 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alexandra Hilpert | |
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