| # taz.de -- Abstimmung über Koalitionsvertrag: Unmut in der Berliner SPD | |
| > Berlins SPD-Landeschef:innen empfehlen den Gegner:innen der Koalition | |
| > auf Bundesebene, jetzt mal „beiseitezutreten“. Das kommt nicht gut an. | |
| Bild: War nicht so gemeint: Berlins SPD-Chef:innen Martin Hikel und Nicola Böc… | |
| Berlin taz | Die SPD-Mitglieder haben gesprochen – und dem | |
| Koalitionsvertrag mit der Union im Bund ihren Segen gegeben. [1][Fast 85 | |
| Prozent stimmten bundesweit mit Ja, gut 15 mit Nein.] Nun wären die | |
| Berliner Sozialdemokrat:innen nicht die Berliner | |
| Sozialdemokrat:innen, wenn es im hiesigen Landesverband nicht unmittelbar | |
| nach der Bekanntgabe des Ergebnisses der Befragung am Mittwoch ordentlich | |
| gekracht hätte. | |
| Anlass war ein Pressestatement der Berliner SPD-Chef:innen Nicola | |
| Böcker-Giannini und Martin Hikel, in dem sie „die deutliche Entscheidung | |
| der SPD-Mitglieder“ begrüßen, „die angesichts der Wahlniederlage der SPD | |
| und der globalen Lage, aber auch des Erstarkens der AfD eine | |
| vernunftgetriebene Entscheidung ist“. So weit, so erwartbar. | |
| Allerdings garnierten die dem konservativen SPD-Flügel zugerechneten | |
| Vorsitzenden ihre Einschätzung der Lage zusätzlich noch mit einem scharfen | |
| Hinweis an diejenigen, die sich gegen das Bündnis mit der Union | |
| aussprachen. „Für die parteiinternen Gegner dieser Koalition ist dies auch | |
| die Chance, einmal einen Schritt beiseitezutreten und sich auf die SPD | |
| zuzubewegen“, ließen Böcker-Giannini und Hikel wissen. | |
| Ein Satz, der rasch für massiven Unmut unter den traditionell linker | |
| tickenden Funktionär:innen der Partei sorgte. Vize-Landeschef Mathias | |
| Schulz etwa keilte umgehend zurück: „Die Aussage der Landesvorsitzenden ist | |
| eine Ohrfeige für unsere Mitglieder.“ Auch wenn er selbst mit Ja gestimmt | |
| habe. Es gehe nicht an, dass die Gegner:innen der Koalition nun | |
| gemaßregelt werden. Vor allem aber: „Sie müssen sich nicht auf die SPD | |
| zubewegen. Sie sind Teil der SPD.“ | |
| ## Widerspruch aus den unterschiedlichsten Ecken | |
| In Berlin hatten die Jusos und die Arbeitsgruppe Migration im | |
| SPD-Landesverband dazu aufgerufen, gegen die Koalition zu stimmen. Zudem | |
| hatte etwa ein Viertel der 35 Mitglieder umfassenden SPD-Fraktion im | |
| Abgeordnetenhaus angekündigt, gegen den Koalitionsvertrag zu votieren. | |
| Die ablehnenden Stimmen kamen dabei aus den unterschiedlichsten Ecken. So | |
| warb der Sprecher für Antidiskriminierung, Orkan Özdemir, ein [2][Intimus | |
| des mächtigen Fraktionschefs Raed Saleh], ebenso für ein Nein wie die | |
| umweltpolitische Sprecherin Linda Vierecke, die wie Mathias Schulz der | |
| [3][Saleh-kritischen Gruppe „links und frei“] angehört. | |
| Saleh selbst hatte sich mit Bewertungen von Schwarz-Rot im Bund | |
| zurückgehalten. Am Mittwoch sprang er den Kritiker:innen der | |
| Landesvorsitzenden gleichwohl dezent bei. „Die Partei steht vor der | |
| Notwendigkeit, beieinander und links der Union sichtbar zu bleiben, die | |
| Gremien vor der Herausforderung, die Bedenken gegen die Koalition ernst zu | |
| nehmen“, gab Saleh den Ladenzusammenhalter. | |
| Nun hat das Führungsduo [4][ohnehin keinen leichten Stand] zwischen den | |
| unterschiedlichen Machtzentren der Berliner SPD. Nur zweieinhalb Stunden | |
| später sahen sich Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel dann auch | |
| gezwungen, ihre Botschaft „noch einmal neu klarzustellen“. | |
| Die Formulierung habe, wie sie es nannten, „zu vereinzelten | |
| Missverständnissen“ geführt. Daher jetzt die Korrektur: „Mit der | |
| ursprünglichen Version sollte zu keinem Zeitpunkt der Eindruck erweckt | |
| werden, dass einzelne Genoss:innen nicht (mehr) zur Partei gehören | |
| würden. In Zukunft braucht es alle Mitglieder, um die SPD neu | |
| aufzustellen.“ | |
| Ende Mai trifft sich die Hauptstadt-SPD zu ihrem Landesparteitag, dem | |
| ersten großen Treffen der Genoss:innen seit dem Absturz bei der | |
| Bundestagswahl, bei der es in Berlin gerade noch für 15,1 Prozent gereicht | |
| hat. Nicht wenige in der einstigen „Berlin-Partei“ – insbesondere auf dem | |
| linken Flügel – machen dafür die Politik der schwarz-roten Koalition in | |
| Berlin mindestens mitverantwortlich. Es dürfte einiges zu bereden geben. | |
| 30 Apr 2025 | |
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| [1] /Abstimmung-ueber-Koalitionsvertrag/!6085274 | |
| [2] /SPD-Berlin-in-der-Krise/!6080621 | |
| [3] /SPD-Fraktion-im-Abgeordnetenhaus/!6012457 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rainer Rutz | |
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