# taz.de -- Angst vor Arbeitsplatzverlust: Kölner Ford-Werke vor historischem … | |
> Die IG Metall droht mit unbefristeten Arbeitsniederlegungen – erstmals | |
> seit fast 100 Jahren. Das Management gibt sich plötzlich gesprächsbereit. | |
Bild: Streikbereit: Fordmitarbeiter in Köln unterwegs mit IG-Metall-Fahnen | |
Köln taz | Im Kampf um die Zukunft der Kölner Ford-Werke erhöhen | |
Beschäftigte und Gewerkschaft den Druck: Erstmals in der Geschichte der am | |
18. August 1925 gegründeten Tochter des US-Konzerns ist eine | |
gewerkschaftlich organisierte, unbefristete Streikwelle in Sicht. Wie die | |
IG Metall mitteilte, wird an dem Standort mit seinen derzeit noch rund | |
11.500 Mitarbeiter:innen am Mittwochmorgen die Arbeit niedergelegt. | |
Dauern soll der Streik zunächst bis zum Ende der Nachtschicht am | |
Donnerstagmorgen. Sollte sich das [1][Management, das in Köln 2.900 | |
Arbeitsplätze bis Ende 2027 streichen will], nicht entscheidend bewegen, | |
sind weitere Arbeitsniederlegungen absehbar. Bisher hatten die | |
Gewerkschaften in der fast 100-jährigen Ford-Geschichte in Deutschland | |
lediglich kurze Warnstreiks organisiert. 1973 war es außerdem zu einem | |
„wilden Streik“ gekommen, der [2][hauptsächlich von migrantischen | |
Ford-Mitarbeiter:innen getragen], von der IG Metall jedoch abgelehnt wurde. | |
Jetzt aber haben sich bei einer Urabstimmung 93,5 Prozent der IG | |
Metall-Mitglieder bei Ford für Streiks ausgesprochen. Wobei seit dem Herbst | |
die Mitgliederzahl noch einmal um 10 Prozent gewachsen ist. Der schon | |
vorher hohe Organisationsgrad liege damit „nicht mehr weit weg von 100 | |
Prozent“, sagt der Sprecher der IG Metall bei Ford in Köln, David Lüdtke. | |
Hintergrund des Streiks sind Befürchtungen, die US-Zentrale von Ford in | |
Dearborn bei Detroit könne ihre Deutschland-Tochter in die Insolvenz | |
rutschen lassen – und damit den eigentlich bis 2032 vertraglich | |
vereinbarten Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen aushebeln. Denn erst | |
im März hatte der US-Mutterkonzern eine sogenannte Patronatserklärung aus | |
dem Jahr 2006 aufgekündigt, mit der Ford bisher für alle Verbindlichkeiten | |
seiner deutschen Tochter gebürgt hat. Zwar verband der Konzern dies mit | |
einer einmaligen Finanzspitze von 4,4 Milliarden Euro – allerdings hat | |
Ford Deutschland Schulden in Höhe von 5,8 Milliarden Euro. | |
## Falsche Konzernstrategie beim Umstieg auf die Elektromobilität | |
Entstanden sind diese durch eine wenig erfolgreiche Modellpolitik beim | |
[3][Umstieg auf die Elektromobilität]. Statt des Verbrennerklassikers | |
Fiesta, dessen Produktion 2023 auslief, produziert Ford am Rhein jetzt die | |
hochpreisigen Elektromodelle Explorer und Capri. Doch die verkaufen sich | |
nur schleppend – ihre Einstandspreise beginnen offiziell bei satten 42.500 | |
Euro. | |
„Statt 2.000 bauen wir in Köln nur noch 500 Autos am Tag“, hatte | |
Betriebsratschef Benjamin Gruschka schon [4][auf der Kölner DGB-Kundgebung | |
am 1. Mai] geklagt. Von der ursprünglichen Idee des Firmengründers Henry | |
Ford, „bezahlbare Modelle“ für den Massenmarkt zu bauen, sei die | |
Deutschland-Tochter „weit entfernt“. | |
Die Strategie des Managements um Deutschlandchef Marcus Wassenberg, sich | |
auf teure und damit renditestarke Modelle zu konzentrieren, also den | |
Massenmarkt Konkurrenten etwa aus China zu überlassen, führe unweigerlich | |
zu Arbeitsplatzvernichtung, fürchten viele. Tatsächlich ist der Marktanteil | |
von Ford von 5 Prozent im Jahr 2022 auf nur noch 3,5 Prozent in 2024 | |
gesunken. | |
Die Zahl der Neuzulassungen von Ford-Pkws in Deutschland ging von 131.256 | |
auf 99.554 zurück. Gleichzeitig sank die Zahl der Jobs: Noch 2018 | |
arbeiteten rund 20.000 Menschen in den Werken im Kölner Norden – schon | |
heute sind es etwa 8.500 weniger. Und das Ford-Werk in Saarlouis im | |
Saarland mit seinen derzeit noch 1.600 Arbeitsplätzen wird Ende des Jahres | |
komplett dichtgemacht. | |
Mit den Arbeitsniederlegungen wollen Belegschaft und IG Metall jetzt Druck | |
für ein „Sicherheitsnetz für alle“ machen. Gefordert wird ein | |
insolvenzgeschützter Sozialtarifvertrag mit hohen Abfindungen. Die | |
Streikdrohung scheint bereits Wirkung zu zeigen: Es gebe „tatsächlich eine | |
Reaktion der Arbeitgeberseite“, teilte die IG Metall am Dienstag mit. | |
Noch am Nachmittag wolle „die Geschäftsführung über neue Lösungsvorschlä… | |
ihrerseits informieren“, so Kerstin Klein, 1. Bevollmächtigte der IG Metall | |
Köln-Leverkusen. Klar sei aber: Der für Mittwoch angekündigte, zunächst | |
eintägige Streik finde auf jeden Fall statt, erklärte die Gewerkschaft: | |
„Wir werden morgen mit unseren Streikposten an den Werkstoren und | |
Drehkreuzen stehen.“ | |
13 May 2025 | |
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[1] /Details-zum-Stellenabbau/!6048533 | |
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[4] /Demos-der-Gewerkschaften/!6082297 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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