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# taz.de -- Publizistin über Verschwörungsnarrative: „Es muss Konsequenzen …
> Rechte Politiker*innen arbeiten mit Verschwörungserzählungen. Welche
> Narrative die Demokratie aktuell am stärksten gefährden, erklärt
> Katharina Nocun.
Bild: Mit Lügen an die Macht: Donald Trump bei einem Gespräch mit Reportern i…
taz: Frau Nocun, viele halten Verschwörungstheoretiker:innen für
psychisch krank. Gibt es wirklich einen Zusammenhang?
Katharina Nocun: Psychische Erkrankungen sind bei Menschen, die an
Verschwörungserzählungen glauben, nicht unbedingt häufiger anzutreffen. Ich
finde es falsch, beides gleichzusetzen, weil es die Stigmatisierung
psychisch Kranker aufrecht erhält. Auch dass Betroffene „dumm“ seien, ist
ein Irrglaube. Es gibt zwar eine Korrelation zwischen einem niedrigen
Bildungsabschluss und Verschwörungserzählungen. Aber das Problem zieht sich
durch die gesamte Bevölkerung.
taz: Warum sprechen Sie von Verschwörungserzählungen statt -theorien?
Nocun: Eine wissenschaftliche Theorie sollte immer offen für Falsifizierung
sein. Hier wird jedoch alles abgestritten, was nicht ins eigene Weltbild
passt.
taz: Wie erreicht man jemanden, der alles abstreitet?
Nocun: Auf der Sachebene ist das bei stark radikalisierten Menschen schwer,
weil diese zum Beispiel irgendwann Wissenschaft und seriöse Medien für
„gesteuert“ halten.
taz: Manche finden, man sollte gar nicht mehr mit diesen Menschen sprechen.
Nocun: Ich glaube, dass wir eine rote Linie ziehen müssen, wer in Talkshows
nichts mehr verloren hat. Es muss Konsequenzen für Lügen geben. Das private
Umfeld kann aber durchaus noch an sie herankommen. Es kann helfen, einen
Schritt zurückzugehen: Warum ist die Erzählung attraktiv für die Person?
taz: Worin liegt der Reiz?
Nocun: Gerade bei Kontrollverlust, in Krisen, sind Menschen anfälliger.
Geschichten von einem großen Plan sind beruhigend. Kontrollverlust kann
auch durch ökonomische Unsicherheit entstehen. Ganz platt gesagt: Wer wenig
Rücklagen hat, für den bedeutet eine kaputte Waschmaschine Kontrollverlust.
taz: Die Erzählungen bieten dann einen Ausweg?
Nocun: Sie sind auch Heldengeschichten. Sie versprechen Aufwertung und
Selbstwirksamkeit.
taz: Auch Politiker:innen greifen auf Verschwörungserzählungen
zurück. Welche gefährden unsere Demokratie aktuell am meisten?
Nocun: Extreme Rechte nutzen diverse Verschwörungserzählungen, um das
Vertrauen in die Demokratie auszuhöhlen. Da gibt es zum Beispiel die
Erzählung, dass die Bevölkerung durch insgeheim gesteuerte Migration
„ausgetauscht“ werden solle. Die islamfeindliche Organisation Pegida war
zum Beispiel fundamental damit verbunden, auch der AfD-Ehrenvorsitzende
Alexander Gauland sprach davon. Außerdem ist es unglaublich praktisch für
Autoritäre, mit solchen Narrativen Medien und Wissenschaft anzugreifen.
Wer einen kritisiert oder Faktenchecks macht, ist eben Teil der
Verschwörung. Wir sehen ja in den USA, in welche Richtung das geht.
taz: Stichwort „[1][Fake News]“…
Nocun: Mit Donald Trump haben wir einen Präsidenten, der nach wie vor seine
letzte Wahlniederlage nicht anerkennt. Das greift ja wirklich das Herz der
Demokratie an. Auch das schon von deutschen Medien übernommene Narrativ
eines [2][angeblichen „Deep State“], also einer geheimen Machtstruktur
innerhalb des Staates, macht mir extreme Sorgen.
taz: Kurz nach Trumps Wiederwahl ließ Meta-Chef Mark Zuckerberg [3][den
Faktencheck auf seinen Plattformen abschaffen].
Nocun: Ich finde es beschämend, wie wenig Geld von einem Milliardenkonzern
in Maßnahmen gesteckt wird, um gegen Desinformationen und Bedrohungen
vorzugehen und Schäden ihres Geschäftsmodells zu minimieren.
taz: Sind Verschwörungserzählungen durch Social Media schlimmer geworden?
Nocun: Wir externalisieren gerne unangenehme Dinge auf Technik: Der Mensch
ist gut, die Technik schlecht. Wir müssen uns klar machen, dass schon in
der NS-Zeit antisemitische Verschwörungserzählungen systematisch genutzt
wurden, um den Holocaust zu legitimieren. [4][Soziale Netzwerke sind
Brandbeschleuniger], aber Verschwörungserzählungen sind kein
ausschließliches Phänomen des Internets.
14 May 2025
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## AUTOREN
Charlina Strelow
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