# taz.de -- Met Gala feiert Schwarze Modegeschichte: Lange überfällig | |
> Noch nie waren die Outfits auf dem wichtigsten Fashionevent des Jahres so | |
> spektakulär. Ein Hoffnungsschimmer in der heutigen Zeit sind sie noch | |
> dazu. | |
Bild: Schauspielerin Zendaya in Louis Vuitton | |
Noch nie wurden so viele Schwarze Designer getragen. Noch nie wurde so viel | |
Geld eingesammelt. Noch nie zeigten die Fotoserien des roten Teppichs so | |
diverse Menschen. Und noch nie – oder zumindest sehr, sehr lange nicht – | |
waren die Outfits so spektakulär. Im Trump’schen Amerika bot die | |
diesjährige Met Gala einen kurzen Blick in eine andere mögliche Zukunft. | |
Der Tribut an Schwarze Modegeschichte war dabei lange überfällig gewesen. | |
Rund 600 geladene Gäste schritten am Montag über den roten Teppich in New | |
York, darunter: Zendaya in weißem Hosenanzug mit Hut von Louis Vuitton als | |
Hommage an Diana Ross in Mahagoni, Coleman Domingo in kariertem Anzug unter | |
blauem Cape, reminiszent an den fantastischen späten André Leon Talley | |
(beides Valentino) und Cardi B. in grün-ornamentierten Samtanzug mit | |
ausgestelltem Bein und tiefem Ausschnitt von (überraschenderweise) | |
Burberry. | |
Unter ihnen auch der US-amerikanische R’n’B-Star Usher, der am Wochenende | |
noch am Gucci-Tisch des Berliner Gallery Weekends internationalen Glamour | |
versprühte. Anders als der Rest der Berliner Kunst- und Modeszene hatte | |
dieser augenscheinlich keine Zeit für einen verkaterten Sonntag. Zwei Tage | |
später stand er in einem schwarzen Tuxedo mit Gehstock und weißem | |
Fransenschal auf dem roten Teppich. | |
## Wichtigstes Fashionevent des Jahres | |
„Tailored for you“ – maßgeschneidert, war das Motto der diesjährigen | |
Benefizveranstaltung, die seit 1948 die traditionell am ersten Montag des | |
Mais stattfindet und die spätestens mit Einführung der Mottos unter Diana | |
Vreeland als Gastgeberin in den 1970er Jahren [1][zum wichtigsten | |
Fashionevent des Jahres] avancierte. | |
Im Zentrum der Fashion Welt dieses Jahr: der Black Dandyism, der sich | |
europäischen Dandy-Ästhetiken bediente und diese insbesondere während der | |
Zeit der Harlem Renaissance als Mittel des Selbstausdrucks, des Protests | |
und der Behauptung der eigenen Individualität genutzt wurde. | |
Schon im 19. Jahrhundert nutzten Persönlichkeiten wie Frederick Douglass | |
und Toussaint Louverture Mode als Selbstermächtigung und konfrontatives | |
Mittel um Hierarchien von race und class aufzubrechen. Doch nicht nur in | |
späteren Protestbewegungen, wie der Silent Protest Parade 1917 oder den | |
Black Panthers der sechziger, sondern auch popkulturellen Strömungen wie | |
Rap und Hip-Hop ist von Schwarzen geprägte Mode nicht wegzudenken – | |
inklusive der Abwertung, gefolgt von der Appropriation durch Weiße. | |
## Die Welt war damals noch eine andere | |
Die Gala markiert immer auch die alljährliche Eröffnung der neuen | |
Ausstellung des Costume Institutes. Diese heißt „Superfine – Tailoring | |
Black Style“, und als sie geplant wurde, war die Welt noch eine andere. | |
Kamala Harris kämpfte als erste Schwarze Frau um die US-Präsidentschaft, | |
der amerikanische Staatsapparat schien noch halbwegs intakt und die Welt | |
trotz Hindernisse auf dem Weg eine gerechtere und diversere zu werden. | |
Kurator Andrew Bolton war vor fünf Jahren seit dem Mord an George Floyd | |
vorbereitet, mit dem erklärten Ziel, [2][die Sammlung des Instituts zu | |
diversifizieren]. | |
Dass sie nun, trotz neuerlicher Trump-Regierung und ihrer offenen | |
Kriegserklärung gegen „Wokeness“, gegen Gleichberechtigung und Inklusion, | |
insbesondere in Bildungs- und Kulturbetrieben trotzdem eröffnet, ist ein | |
Hoffnungsschimmer in den immer gelähmter wirkenden Vereinigten Staaten. Im | |
Gegensatz zu anderen Häusern, die sich [3][Trumps Anweisungen] beugten (und | |
beugen mussten), wird das Museum größtenteils aus privater Förderung | |
finanziert und ist nicht auf Regierungsgelder angewiesen. Auch die | |
Diversitäts–Statements auf der Website des Mets sind noch einsehbar. | |
## Zu spät | |
Klickt man durch die aktuellen Bilder der Met Gala (zu der übrigens weder | |
Donald Trump noch Jeff Bezos oder Elon Musk geladen waren), kann einen der | |
überbordende Respekt an Black Craftsmanship, Art und Legacy fast emotional | |
stimmen, so poetisch und berührend erscheint heute die Geste. Und doch | |
kommen sie zu spät, das steht außer Frage. | |
Dass wir mehr von ihnen brauchen wusste schon Langston Hughes, der große | |
Dichter der Harlem Renaissance, als er vor 1926 in seinem Gedicht „I, too, | |
sing America“ schrieb: I am the darker brother. / They send me to eat in | |
the kitchen/ When company comes, / But I laugh, / And eat well, / And grow | |
strong. // Tomorrow, / I’ll be at the table / When company comes. / | |
Nobody’ll dare / Say to me, / „Eat in the kitchen,“ / Then. // Besides, / | |
They’ll see how beautiful I am / And be ashamed— I, too, am America.“ | |
6 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] /AOC-bei-der-Met-Gala/!5799622 | |
[2] /Wie-ein-Perfomancekuenstler-arbeitet/!6071786 | |
[3] /Anti-Trump-Proteste-in-den-USA/!6077459 | |
## AUTOREN | |
Hilka Dirks | |
## TAGS | |
Schwerpunkt USA unter Trump | |
Black History | |
Fashion | |
Ausstellung | |
Mode | |
Stars | |
Social-Auswahl | |
Mode | |
Körper in der Kunst | |
Modebranche | |
Gothic | |
Mode | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Lob der Übergangsjacke: Die Wechseljahreszeit | |
Unsere Autorin liebt die Zeiten der Transformation und die dazugehörige | |
Kleidung. Sie würde ihre Seele aber nie an den Funktionsjackenteufel | |
verkaufen. | |
Frida Orupabo im Sprengel Museum: Aus kolonialen Bildwelten befreit | |
Die Künstlerin Frida Orupabo dekonstruiert in Hannover koloniale Blicke auf | |
Schwarze Körper und schafft mit Collagen aus Archivbildern Bilder von | |
Selbstermächtigung. | |
Tradwives, Clean Girl, Cottage Core: Rückschritt in Beige | |
Wer in Fast-Fashion-Fillialen shoppt, findet Klamotten in gedeckten Tönen. | |
Dahinter steckt ein konservativer Modetrend: das sogenannte „Clean Girl“. | |
Gothic-Revival: Schmerz, schwarz und schwärzer | |
Verlangen düstere Zeiten nach düsterer Musik? Das schwelende Revival von | |
Gothic in Musik, Film und Mode zeigt, dass es immer noch dunkler werden | |
kann. | |
Der Hype um die Durchsichtigkeit: Transparency International | |
Die Augen der anderen sollen sehen, vielleicht auch begehren: | |
Durchscheinende Kleider sind ein anhaltender Trend. |