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# taz.de -- Lob der Übergangsjacke: Die Wechseljahreszeit
> Unsere Autorin liebt die Zeiten der Transformation und die dazugehörige
> Kleidung. Sie würde ihre Seele aber nie an den Funktionsjackenteufel
> verkaufen.
Bild: Der Übergangsmantel ist ein unterschätztes Kleidungsstück
Berlin taz | Meine liebste Jahreszeit ist der Übergang. Diese flüchtigen
Zwischentage, wenn der Sommer zum Herbst wird, der Winter zum Frühling und
vor allem der Frühling zum Sommer. Wenn man spürt, dass sich etwas
Grundlegendes verändert.
Meist beginnt es schleichend, bald verdichten sich die Anzeichen: Der
Himmel wechselt die Farbe, Friseursalons und Apotheken dekorieren ihre
Schaufenster um, der Biomüll beginnt zu stinken, man kauft aus Ungeduld
wässrige Erdbeeren. Und man hat keine Ahnung, was man eigentlich anziehen
soll.
Die Vorhersagen sind wechselhaft. Heiter, stürmisch, sonnig, bedeckt,
trocken, trockener, graupelig. Sonnenbrand- und Unwettergefahr bei zehn bis
sechsundzwanzig Grad. Vielleicht so, vielleicht aber auch nicht.
Gewissermaßen passt das zum Zustand der Welt.
Was gestern noch unumstößlich schien (Fakten, Gesetze, Menschenrechte,
Demokratie), wird heute im Minutentakt von faschistoiden Tyrannen [1][und
überreichen Tech-Despoten] ausgehöhlt und eingedampft. Die Aussichten?
Ungewiss. Wenn man sich dieser Tage überhaupt noch auf etwas verlassen
kann, dann darauf, dass nichts mehr sicher ist.
Zumindest gegen die Unwägbarkeit des Wetters gibt es zum Glück ein
Wundermittel. Ich gebe zu, dass das in Anbetracht der globalen Verhältnisse
eine Miniaturfreude ist. Aber immerhin: Es sind gute Zeiten für
Freund:innen der Übergangsjacke.
## Zur Arbeit im Heute-wird-geregelt-Blazer
Die Übergangsjacke ist ein unterschätztes Kleidungsstück. Dabei kann sie
nicht nur ein Outfit zusammenhalten, sondern manchmal auch dessen leicht
fragile Trägerin, die noch nicht so genau weiß, wohin mit sich inmitten
aller klimatischer Umbrüche.
Es ist bekannt, dass der Mensch in Phasen der Transformation (Dentition,
Pubertät, Trennungen, Perimenopause) besonders verletzlich ist. Wie gut
also, im Übergangswetter etwas bei sich zu haben, das die dünne Haut ein
bisschen vor der Außenwelt schützt.
Außerdem kann so eine Übergangsjacke extrem gut aussehen – vorausgesetzt,
man hat seine Seele [2][nicht an den hierzulande übermächtigen
Funktionsjackenteufel verkauft]. Denn anders als der Winter, in dem ich
alle modischen Ambitionen unter Daunen begrabe, um als wandelnder
Schlafsack durch die Gegend zu ziehen, und der Sommer, in dem ich wiederum
ständig Kompromisse zwischen Luftigkeit, Nacktheit und UV-Schutz machen
muss, stecken die Übergangswochen voller Möglichkeiten.
Montags bin ich die mit dem Trenchcoat, der sie vor unerwarteten Böen
schützt. Dienstags die mit der gesteppten Wendejacke, die notfalls leichtem
Nieselregen und plötzlichem Temperatursturz trotzt. Mittwochs die in Papas
alter Bomberjacke, donnerstags die im Heute-wird-geregelt-Blazer, und
freitags fühle ich mich dank der knallblauen Arbeiterjacke vom Flohmarkt in
der Normandie, als wäre der Atlantik ganz nah.
Wenn das Wetter alles auf einmal ist, denke ich, dann mache ich eben mit.
Ich stelle mich gut gekleidet in den Wind. Besser, als zu kapitulieren vor
der Wechselhaftigkeit. Vielleicht so, vielleicht aber auch nicht.
26 May 2025
## LINKS
[1] /Tech-Milliardaere-in-den-USA/!6084660
[2] /Outdoorkleider-mit-Chemikalien-belastet/!5999280
## AUTOREN
Lin Hierse
## TAGS
Mode
Transformation
Kleidung
Schwerpunkt USA unter Trump
Mode
Mode
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