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# taz.de -- Strafe wegen Anti-AfD-Symbolik: Schule muss Tadel wegen Anti-AfD-Kr…
> Ein Grundschüler malte durchgestrichene Hakenkreuze in sein Heft. Seine
> Chemnitzer Schule sah das als „staatsfeindliche Symbolik“. Und bestrafte
> ihn.
Bild: Bekommt durchgestrichen eine andere Bedeutung: Antifa-Symbol auf einem Tr…
Chemnitz taz | Nach heftigen öffentlichen Protesten nehmen sächsische
Schulbehörden „Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen“ gegen einen Grundschül…
zurück, der sich gegen die rechtsextreme AfD positioniert hatte. Der
zehnjährige Ahmet Yılmaz (Name geändert) hatte Ende vergangener Woche von
der Schulleitung seiner Grundschule einen formellen schriftlichen Verweis
laut Schulgesetz bekommen. Sein „Vergehen“: In sein Kritzelheft hatte er
auch ein Hakenkreuz gezeichnet, das allerdings durchgestrichen war.
Neben dem Tadel gab es weitere Maßnahmen: Ahmet wurde befristet für drei
Wochen in eine Parallelklasse versetzt. Zudem drohte man ihm die
Strafversetzung in eine andere Schule an.
[1][Sachsens Kultusminister Conrad Clemens (CDU)] teilte der taz am
Freitagnachmittag mit: „Dem Chemnitzer Schüler, der ein durchgestrichenes
Hakenkreuz in sein Heft gemalt hat, wurde Unrecht getan. Nach einem
Gespräch aller Beteiligten werden die Ordnungsmaßnahmen durch die Schule
zurückgenommen. Klar ist: So etwas darf sich nicht wiederholen.“
Nur wenige Stunden zuvor war Ahmets Mutter in Chemnitz mit drei
Vertreter:innen des Landesschulamtes zusammengekommen. Diese hätten bei
der Konferenz zwar angekündigt, die Maßnahme juristisch prüfen zu wollen.
Aber weder hätten sich die Behördenvertreter:innen bei dieser
Gelegenheit für den Verweis entschuldigt, noch zogen sie ihn zurück. Das
berichtete die Aktivistin Jennifer Follmann der taz, die die Mutter in der
Auseinandersetzung unterstützt hatte. Sie war bei dem Treffen am Freitag
zugegen. Zur Begründung hätten die Vertreter:innen des Schulamts
demnach erklärt, man wisse nicht, „was dazu gemalt oder weggestrichen
wurde“.
## „AfD ist Scheise“
Die Schule hatte in dem vor einer Woche zugestellten Verweis behauptet,
Ahmet habe „im Unterricht staatsfeindliche Symbolik (Hakenkreuze) in seinem
Arbeitsblatt“ gezeichnet. Angehört wurde die Familie zuvor nicht. Nach
Darstellung von Ahmets Mutter war es gar kein Arbeitsblatt, das anderen
Schüler:innen zugänglich war, sondern eine Seite in seinem persönlichen
Kritzelheft.
Das Blatt mit Sprüchen und Zeichnungen liegt der taz vor. Es ist voller
Wutparolen gegen die AfD: Fähnchen mit der Aufschrift „FCK AFD“, Slogans
wie „AFD ist Scheise“, dazu ein gezeichnetes Kackhäufchen. Oder auch „Fi…
die AFD“.
2006 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass durchgestrichene
Hakenkreuze durchaus verbreitet werden dürfen, wenn dabei „eindeutig und
offenkundig die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus deutlich gemacht“
werde. Das reklamierte auch die Mutter in ihrem Widerspruch für ihren Sohn.
Weder die Leiterin der Jan-Amos-Comenius-Grundschule, Yevhenyia Goldhahn,
noch die Klassenlehrerin von Ahmet nahmen trotz Einladung an dem Gespräch
teil. Beide ließen sich entschuldigen.
## Schulamt wollte Mutter zum Schweigen verpflichten
Das Schulamt sei in der Beratung laut Follmann auch nicht auf den von der
Mutter geäußerten Vorwurf eingegangen, wonach ein anderer Schüler der
Chemnitzer Grundschule erst kurz zuvor Hakenkreuze im Schulgebäude
gezeichnet haben soll, die aber nicht durchgestrichen gewesen seien. Dieser
Schulkamerad Ahmets [2][sei ohne Bestrafung davongekommen.] Die Schule ließ
eine bereits am Montag gestellte Anfrage der taz zu beiden Vorgängen
unbeantwortet.
Zu Beginn der Beratung hatte das Landesschulamt versucht, die Mutter zur
Unterzeichnung einer Verschwiegenheitserklärung zu dem Vorgang zu bewegen.
Diese lehnte das jedoch ab.
Ahmet ist Sohn eines türkeistämmigen Vaters und einer in Sachsen
aufgewachsenen deutschen Mutter. Die Aktivistin Follmann wirft den
Lehrkräften „Mobbing“ und „Rassismus“ vor. Sie hatte den Vorgang auf i…
Instagram-Kanal „safe_space_chemnitz_“ publik gemacht.
Follmann hatte am Donnerstag in einem Posting dokumentiert, wie der Junge –
seine Stimme wurde dabei verändert – am ersten Schultag nach dem Verweis
mit tränenerstickter Stimme bei seiner Mutter anruft und diese bedrängt,
ihn abzuholen. Das Reel hatte bis zum frühen Nachmittag mehr als 150.000
Aufrufe. Follmann sagt, es sei „absolut grotesk“, dass sich das
Landesschulamt im Namen der Schule nicht entschuldigt. Sie forderte
dienstrechtliche Konsequenzen für die Schulleiterin und die
Klassenlehrerin. Dass die Ordnungsmaßnahmen nach Angaben des sächsischen
Kultusministers zurückgenommen wurden, nahm die Aktivistin zur Kenntnis.
## Grüne: Fragen zur Demokratiebildung an Schulen
Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen im sächsischen Landtag,
Christin Melcher, stellte eine Kleine Anfrage an die Staatsregierung zu dem
Fall. Dieser werfe „Fragen zur rechtlichen Grundlage der Maßnahmen sowie
zur Demokratiebildung an Schulen auf“.
Bahar Aslan, die nach einem Twitter-Posting 2023 gegen den „braunen Dreck
innerhalb der Sicherheitsbehörden“ ihren Lehrauftrag an der
NRW-Polizeihochschule verloren hatte, schrieb auf Instagram zu dem Fall in
Chemnitz: „Was hier passiert, ist keine Überreaktion. Es ist ein Symptom.
Ein Symptom von autoritärem Denken, von Abwehr gegenüber Antifaschismus,
von institutioneller Repression.“ Der Skandal sei nicht das Kritzelheft
eines Grundschülers. „Der Skandal sind die Strukturen, die meinen, erziehen
hieße, politisches Bewusstsein zu sanktionieren.“
Khaldun Al-Saadi, der in Chemnitz am Aufbau des [3][ersten
Dokumentationszentrums zum NSU-Komplex] leitend beteiligt ist, äußerte
seine Solidarität mit Ahmet und seiner Familie: „Dass ein zehnjähriger
Schüler in Chemnitz nach eigenen Aussagen ausgegrenzt, gemobbt und auch
strafversetzt werden soll, weil er sich gegen Rechtsextremismus
positioniert, ist nicht hinnehmbar“, sagte Al-Saadi der taz.
Die Mutter dankte für diese Solidarität aus Chemnitz. Diese sei „so, so
toll“, sagte sie der taz. Auch um ihren Sohn wieder aufzubauen. „Damit er
weiß, dass er nichts falsch gemacht hat.“
4 Apr 2025
## LINKS
[1] /!6078369/
[2] /!5933698&s=Demokratiebildung+sachsen&SuchRahmen=Print/
[3] /NSU-Dokumentationszentrum-in-Chemnitz/!6005197
## AUTOREN
Matthias Meisner
## TAGS
Bildung
Schwerpunkt AfD
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Sachsen
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Schwerpunkt Antifa
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Bundesamt für Verfassungsschutz
Rechtsextremismus
Schwerpunkt Neonazis
Lesestück Recherche und Reportage
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