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# taz.de -- Präventionsberaterin über junge Neonazis: „Wir bekommen mit, wi…
> Immer häufiger driften Jugendliche in die rechte Szene ab, sagt Elisabeth
> Hell vom Violence Prevention Network. Der Einstieg erfolge oft über
> Tiktok und Telegram.
Bild: Neonazi-Aufmarsch in Friedrichshain Ende März: Auffällig viele Jugendli…
taz: Frau Hell, beim [1][Neonazi-Aufmarsch in Friedrichshain] am
vergangenen Samstag waren auffällig viele junge Teilnehmer*innen dabei.
Was wissen Sie über diese Jugendlichen? Wer geht da hin und warum?
Elisabeth Hell: Die meisten dieser Jugendlichen verbindet das Bedürfnis
nach Zugehörigkeit zu einer Gruppe, in der sie sich sicher fühlen und
anerkannt sind. Dazu kommt noch die Suche nach einem höheren Sinn. Die
Jugendlichen wollen die Welt verändern, das System stürzen. Wir bekommen
immer öfter mit, dass sich sehr junge Menschen ab 13 Jahren radikalisieren.
Eine wichtige Rolle spielen dabei Aufrufe von sogenannten
aktionsorientierten Rechtsextremisten. Im Sommer haben diese beispielsweise
gemeinsam [2][Fahrten nach Sachsen organisiert, um dort CSD-Paraden zu
stören]. Das sind für rechte Jugendgruppen zugespitzt gesagt aufregende
Freizeitangebote.
taz: Ist die starke Mobilisierung unter jugendlichen Rechtsextremen
Ausdruck eines größeren aktuellen Trends?
Hell: Unter denjenigen, die im Bereich des Rechtsextremismus auffallen,
beobachten wir in den letzten Jahren definitiv vermehrt junge Menschen.
taz: Wie landen die Jugendlichen in der rechten Szene?
Hell: Es gibt unterschiedliche Wege. Oft stecken die Jugendlichen am Anfang
in einer Krise. Das reicht aber nicht. Die sogenannten Door Opener sind
Berührungspunkte mit rechtsextremen Inhalten. Durch Social Media haben sich
die Möglichkeiten, mit rechtsextremen Weltbildern in Kontakt zu kommen,
vervielfacht. Wenn man sich als junger Mann beispielsweise für das Militär
interessiert, gerät man sehr leicht an [3][Tiktok-Accounts, die von
rechtsextremen Akteuren] betrieben werden. Die laden einen dann in ihre
Telegram-Kanäle ein, in denen man zu Vernetzungstreffen rechtsextremer
Parteien oder Gruppen eingeladen wird. Es gelingt immer wieder, junge
Menschen im Internet für Offline-Aktivitäten zu rekrutieren.
taz: Sie beraten einstiegsgefährdete, aber auch bereits radikalisierte
Menschen und deren Angehörige. Wie hat sich die Nachfrage nach Ihrem
Angebot in den letzten Jahren entwickelt?
Hell: Der Bedarf steigt. Vor der Coronapandemie haben wir vor allem ältere
Aussteiger*innen beraten. Inzwischen geht es in vielen Fällen eher
darum, die Radikalisierung von sehr jungen Menschen zu verhindern. Die hohe
Zahl der Anfragen an uns liegt zum einen am gesellschaftlichen Rechtsruck,
zum anderen scheint es so, als seien Pädagog*innen und Angehörige
stärker für demokratiefeindliche Tendenzen sensibilisiert.
taz: Welche Rolle spielt das persönliche Umfeld für die
Rechtsextremismusprävention? Was kann man zum Beispiel tun, wenn ein
Angehöriger in rechte Kreise gerät?
Hell: Es kommt stark darauf an, was für ein Verhältnis man zu der Person
hat, um die man sich sorgt. Es ist für das ganze soziale Umfeld eine
Belastung, wenn jemand sich radikalisiert. Schließlich hat das auch immer
mit Diskriminierung und Gewaltverherrlichung zu tun. Eine Radikalisierung
wird oft von Konflikten innerhalb der Familie und einer Isolierung vom
sozialen Umfeld begleitet. Wir raten Angehörigen, so weit wie möglich im
Kontakt zu bleiben. Verbindungen außerhalb der rechtsextremen Szene können
nämlich eine potenzielle Ausstiegsmöglichkeit bieten. Gleichzeitig sollte
man als Angehöriger aber Grenzen des Sagbaren aufzeigen und auf sich selbst
achten.
taz: Im vergangenen Herbst sind die Behörden mit [4][Razzien gegen die
junge rechtsextreme Szene] in Berlin vorgegangen. Ist so ein hartes
Durchgreifen für die Prävention förderlich?
Hell: Einerseits kann staatliches Durchgreifen helfen, weil es bei jungen
Menschen zu einem Umdenken führen kann, wenn sie festgenommen werden, eine
Hausdurchsuchung bei ihnen stattfindet oder sie sogar vor Gericht landen.
Neben der Repression müssen aber auch pädagogische Angebote gemacht werden.
Berlin ist da schon relativ weit. Repression kann nämlich auch als
Katalysator der Radikalisierung wirken. Das lässt sich so auch auf den
familiären Kontext übertragen.
24 Mar 2025
## LINKS
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[4] /Hausdurchsuchungen-bei-jungen-Neonazis/!6041476
## AUTOREN
Klarissa Krause
## TAGS
Schwerpunkt Neonazis
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