| # taz.de -- Mehr Kontrolle für Eltern bei Tiktok: „Schritt in die richtige R… | |
| > Tiktok gibt Eltern mehr Einfluss auf das Verhalten der Kinder. Expertin | |
| > Deborah Woldemichael findet das gut, aber wichtiger sei Medienkompetenz. | |
| Bild: Immer das nächste Video: Tiktok soll Kinder jetzt zum Schlafengehen auff… | |
| Tiktok führt Funktionen ein, mit denen Erziehungsberechtigte ihre Kinder | |
| bei der App-Nutzung stärker kontrollieren können. So können Eltern nun | |
| unter anderem tiefere Einblicke in die Netzwerke der Kinder erhalten und | |
| die Zugangszeiten deutlicher beeinflussen. Zudem soll die App Kinder und | |
| Jugendliche ab 22 Uhr an die späte Uhrzeit erinnern und zum Schlafen | |
| ermutigen. | |
| taz: Frau Woldemichael, Eltern sollen bei Tiktok jetzt mehr [1][Kontrolle | |
| über das Onlineverhalten ihrer Kinder] bekommen. Wie werden die neuen | |
| Funktionen die Mediennutzung der Jugendlichen beeinflussen? | |
| Deborah Woldemichael: Das ist schwer abzusehen. Bei diesen Schutzfunktionen | |
| für die Accounts von Minderjährigen sollte man immer bedenken, dass sie nur | |
| greifen, wenn bei der Anmeldung das korrekte Alter angegeben wurde. Das | |
| Alter wird aktuell immer noch nicht zuverlässig geprüft. Wenn Eltern ihrem | |
| Kind erlauben, Tiktok zu nutzen, ist es unbedingt notwendig, dass sie das | |
| Konto gemeinsam mit dem Kind einrichten und dabei das korrekte Alter | |
| angeben. | |
| taz: Und dann wirken die Kontrollfunktionen? | |
| Woldemichael: Das hängt sehr stark vom bisherigen Mediennutzungsverhalten | |
| des Kindes ab, von der Medienkompetenz der Eltern und davon, wie intensiv | |
| sie die Kinder begleiten. Also: Wie konsequent werden Mediennutzungsregeln | |
| in der Familie gelebt und durchgesetzt? | |
| taz: Laut interner Untersuchungen von Tiktok kann sich schon nach etwa 35 | |
| Minuten App-Nutzung eine Tendenz zur Abhängigkeit zeigen. Die App [2][steht | |
| für das Suchtpotenzial häufig in der Kritik]. Kommt Tiktok jetzt endlich | |
| der Verantwortung gegenüber Jugendlichen nach? | |
| Woldemichael: Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, man muss aber | |
| genauer hinschauen. Wie hoch ist die Hürde, wenn man Funktionen wie die | |
| 22-Uhr-Erinnerung einfach wegklicken kann? Wenn Inhalte, die auf dem | |
| Algorithmus basieren, weiterhin super spannend und attraktiv sind, löst es | |
| die Probleme nicht wirklich. Die Maßnahmen können allerdings helfen, den | |
| Alltag zu strukturieren, indem man feste Zeitrahmen und Limits setzt. Das | |
| erfordert vom Nutzer aber ein sehr hohes Maß an emotionaler Kontrolle, | |
| Selbstregulation und Disziplin, die Kinder, Jugendliche und auch viele | |
| Erwachsene nicht haben. | |
| taz: Wäre es sinnvoller, Jugendlichen Medienkompetenz beizubringen, um das | |
| eigenverantwortliche Verhalten zu fördern? | |
| Woldemichael: Absolut. Technische Maßnahmen bieten keinen | |
| hundertprozentigen Schutz vor gefährdenden Inhalten und negativen | |
| Erlebnissen. Sie können uns unterstützen, aber nie eine dialogbasierte | |
| Medienerziehung und Medienkompetenzvermittlung ersetzen. Es ist ganz | |
| wichtig, dass Eltern sich genau über die App, die Funktion und die Risiken | |
| informieren, dann kann man gemeinsam verbindliche Regeln finden. Nur wenn | |
| Kinder oder Jugendliche überzeugt davon sind, dass es wichtig ist, die | |
| App-Nutzung zu beschränken, versuchen sie nicht, diese Beschränkung zu | |
| umgehen. | |
| taz: Wie können die Funktionen das Verhältnis zwischen Eltern und | |
| Jugendlichen beeinflussen? | |
| Woldemichael: Durch die erweiterte Transparenz erhalten Eltern einen | |
| genaueren Einblick in das Netzwerk ihres Kindes. Wem folgt das Kind? Wer | |
| folgt meinem Kind? Und wen hat mein Kind blockiert? Schön ist es, wenn man | |
| darüber gezielt ins Gespräch kommen kann, ein offener Dialog entsteht. | |
| Sonst erstellen manche Jugendliche einfach einen zweiten Account und | |
| machen, was sie wollen. Es wollen ja nicht alle, dass ihre Eltern wissen, | |
| welche Videos sie ansehen oder erstellen. Und natürlich haben Jugendliche | |
| auch das Recht auf Privatsphäre. | |
| taz: In anderen Ländern gibt es schon [3][Tiktok-Verbote]. Glauben Sie, das | |
| ist hilfreich? | |
| Woldemichael: Nein. Verbote werden nicht helfen. Tiktok ist ja nicht die | |
| einzige riskante Plattform für Jugendliche. Vielmehr müssen die Plattformen | |
| ihrer Verantwortung gerecht werden und Bezugspersonen müssen den sicheren | |
| Umgang mit Social Media vermitteln. | |
| 18 Mar 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Mediennutzung-von-Kindern/!5982859 | |
| [2] /Kultusministerien-verzweifeln-an-TikTok/!6003591 | |
| [3] /Verbotskultur-auf-Social-Media/!6052977 | |
| ## AUTOREN | |
| Leo Schurbohm | |
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