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# taz.de -- Rechtes Internet feiert die „Ostmulle“: Hübsche Mädels singen…
> Am #OstmullenDienstag posten rechte Frauen Videos von sich. Sie tragen
> Piercings, mögen Rechtsrock und haben Reichsflaggen im Zimmer: die
> Ostmullen.
Bild: Möchtegern-Avantgarde: Ostmullen mit Kumpels beim Nazi-Aufmarsch in Berl…
Sie hat Piercings, rasierte Seiten und Gesichtstattoos. Sie trägt die
szenetypische Jacke von Helly Hansen oder Adidas. Nein, sie ist eher kein
Berlin City Girl, sondern ein Bautzen City Girl, ein Chemnitz City Girl
oder ein Cottbus City Girl. Die Rede ist von der „Ostmulle“, die in rechten
Internetkreisen in Deutschland gerade zum Trend geworden ist.
Dahinter stehen junge Frauen aus Ostdeutschland, die auf TikTok Videos
hochladen, wie sie ihre Lippen zu Rockliedern der rechten Band Landser
bewegen. Die lasziven Videos haben auch auf der Plattform X Anhänger
gefunden, die dort den [1][„Ostmullen-Dienstag“] zelebrieren.
„Mulle“ ist dabei ein abschätziger Begriff für Frauen, der offenbar aus d…
Ruhrpott oder aus Berlin stammt. Eigentlich bezeichnet „Mulle“ eine Gruppe
verschiedener Säugetierarten, die meist unter der Erde leben. Ähnlich
„underground“ und subversiv inszenieren sich auch die Ostmullen.
Nun verschrecken die Piercings heutzutage wohl kaum jemanden mehr, doch
aber die zur Schau gestellten Reichskriegsflaggen im Zimmer. Und darum geht
es: Die Ostmullen präsentieren sich als Gegenmodell zum liberalen
Westbürgertum. Selbstbewusst, [2][ostdeutsch], rotzig, rechtsextrem.
## Keine Ostmullen aus gutem Elternhaus
So feierte der rechte Aktivist Martin Sellner den Trend als „massiven
metapolitischen Dammbruch“. Er und seine neurechten Mitstreiter haben es
nach (oberflächlicher) Lektüre des Marxisten Antonio Gramsci schon länger
auf den Kampf um die „kulturelle Hegemonie“ abgesehen. Und es stimmt:
Musste die NPD früher noch die [3][Rechtsrock-CDs] auf Schulhöfen
verteilen, liefert der Algorithmus die Songs heute direkt ins Kinderzimmer.
Dieser strategischen Einschätzung setzt die rechte Publizistin Ellen
Kositza in der Sezession jedoch ihre eigenen Erfahrungen aus Sachsen-Anhalt
entgegen: Die Ostmullen, denen sie begegnet sei, seien „auf verzweifelte
wie mutige Art Outlaws“. Sie kenne keine Ostmulle aus gesundem Elternhaus,
schreibt Kositza, „auch keine mit einer geradlinigen Schulausbildung.
‚Meine‘ Ostmullen haben Kinderheim/Abtreibung/psychiatrische
Klinik/gewaltvolle Beziehung etc. pp. in ihrer Bio stehen.“
Geordnete Verhältnisse sind hier also Fehlanzeige. Damit steht der
Ostmullen-Trend im Gegensatz zu einem anderen Meme, das rechte Weiblichkeit
zelebrieren will, der [4][„Tradwife“]. Die traditionelle Ehefrau, gerne
dargestellt in idealisierten KI-Bildern, sieht zarter aus, sie trägt
traditionelle Kleidung und kümmert sich im Eigenheim um Küche und Kinder.
Nicht so die Ostmulle. Sie steht nicht am Herd, sondern eher bei Dynamo
Dresden in der Kurve.
Gemein haben Tradwife und Ostmulle dagegen das normschöne Ideal: Volle
Lippen und makelloses Gesicht sind auch bei den Ostfrauen angesagt, im
Zweifel hilft der Filter nach. Während die Tradwife aber eine vermeintlich
natürliche Schönheit ausstrahlen soll, donnert sich die Ostmulle lieber
auf.
Der Trend hat einige Eigenheiten, die eigentlich auch Linken gefallen
könnten: Junge, eher nicht akademische Frauen, die einen abfälligen
sexistischen Begriff umwerten und ihre ostdeutsche Identität zur Schau
stellen. Doch auch daran sollten Linke mittlerweile gewöhnt sein: Die
Inhalte dieser Rebellion sind dann eher zum Gruseln.
23 Apr 2025
## LINKS
[1] https://x.com/hashtag/OstmullenDienstag?src=hashtag_click
[2] /Schwerpunkt-Ostdeutschland/!t5024378
[3] /Prozess-gegen-Rechtsrock-Label/!6073088
[4] /Tradwives--traditionelle-Frauen/!6000366
## AUTOREN
Leon Holly
## TAGS
Rechts
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Rechtsextremismus
Schwerpunkt Neonazis
Rechtsextremismus
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