Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kampagne gegen Außenwerbung: Anti-Werbe-Ini droht, Hamburg zu verk…
> Das Volksbegehren Hamburg Werbefrei verlangt vom Senat, dass er eine
> Testimonial-Kampagne der Außenwerber unterbindet. Diese müssten neutral
> agieren.
Bild: Aktion gegen aggressive Werbung: Plakatwand der Roten Flora
Hamburg taz | Die Volksinitiative „Hamburg werbefrei“ wehrt sich gegen eine
Eigenwerbekampagne des Fachverbandes Außenwerbung. Sie unterstellt dem
Verband, ihr Anliegen, Werbung einzudämmen, in unlauterer Weise unterlaufen
zu wollen. Der rot-grüne Senat solle die Testimonial-Kampagne der
Außenwerber deshalb unterbinden. Sollte das nicht geschehen, will die
Initiative den Senat verklagen.
„Hamburg werbefrei“ möchte die Werbung im öffentlichen Raum stark
einschränken. Insbesondere elektronische, animierte und sehr große
Werbetafeln sollen aus dem Stadtbild verschwinden. Am Mittwoch startet dazu
eine Unterschriftensammlung, die in einen Volksentscheid münden soll – es
sei denn, die Hamburgische Bürgerschaft macht das Anliegen zu ihrem
eigenen. Das hat sie [1][auf einer früheren Stufe des
Volksgesetzgebungsverfahrens bereits einmal abgelehnt].
Seit einigen Wochen hängen an vielen Masten der Stadt DIN-A3-Plakate, die
in Schwarz-Weiß-Optik für das Volksbegehren werben. Etwa zeitgleich
startete der Fachverband Außenwerbung (FAW) seine Kampagne in Hamburg.
Vertreter gemeinnütziger Organisationen machen darauf aufmerksam, wie
wichtig diese Werbemöglichkeiten sind, die sie selbst in Buchungslücken für
wenig oder gar kein Geld bespielen können, darunter die Ehrenamtlichen beim
Fußball, die Hamburger Tafel, eine Organisation der Ukrainehilfe und das
Reeperbahn-Festival. „Mehr als Werbung!“ und „Außenwerbung macht’s
möglich!“ steht auf den Bildschirmen.
## Weniger Meinungsmacht und mehr Kultur
„Unmittelbar vor dem Start des Volksbegehrens ist diese massive,
allgegenwärtige Kampagne als politische Einflussnahme zu bewerten“,
kritisiert „Hamburg werbefrei“. In Zügen und Bahnhöfen der Hamburger
Hochbahn sei politische Werbung grundsätzlich untersagt – auf den vielen
digitalen Werbetafeln aufgrund der marktbeherrschenden Stellung der
Anbieter höchst fragwürdig.
Der Hamburger Senat hat den Unternehmen Ströer und Wall (JC Decaux) 2007
ein Quasi-Exklusivrecht zur Nutzung des öffentlichen Raums für Werbung
eingeräumt. 2020 zahlten sie der Stadt dafür knapp 27 Millionen Euro. Nach
Angaben der Linken in der Bürgerschaft betreiben sie inzwischen 2.700
hinterleuchtete Werbeanlagen im Stadtgebiet. Im kommenden Jahr laufen die
Verträge aus.
Die Volksinitiative will verhindern, dass der Senat einfach neue Verträge
nach altem Muster abschließt. Sie erhofft sich dadurch weniger
Energieverschwendung, weniger Ablenkung, weniger Lichtverschmutzung,
weniger Meinungsmacht und mehr Kultur statt Kommerz. 50 Prozent der
Werbefläche soll der Kultur vorbehalten werden.
## Ini sieht eine Gegenkampagne
Mit dem Versuch, Außenwerbung positiv darzustellen, missbrauchten Ströer
und Wall ihr Monopol, um ein direktdemokratisches Verfahren zu ihren
Gunsten zu beeinflussen, sagt Nils Erik Flick, Initiator des
Volksbegehrens. Das dürfe der Senat nicht tolerieren.
„Wenn der Senat ausschließlich zwei Unternehmen Sondernutzungserlaubnisse
erteilt, haben diese sich neutral zu verhalten“, sagt Fadi El-Ghazi, der
Anwalt der Volksinitiative. Andernfalls missbrauchten sie ihre Macht.
Dass die Aktion gerade jetzt stattfinde, sei Zufall, sagte Kai-Marcus
Thäsler, Geschäftsführer des Fachverbandes, der taz. Auch in anderen
Städten seien ähnliche „Dankesaktionen“ geplant. Die Kampagne in Hamburg
sei bereits für das vergangene Jahr geplant gewesen, dann aber auf 2025
verschoben worden. „Man muss immer darauf achten, wann Kapazitäten dafür
da sind“, sagte Thäsler. Er habe nicht einmal gewusst, dass „Hamburg
werbefrei“ genau jetzt plakatiert. Martin Weise, Sprecher der
Volksinitiative, mag das nicht recht glauben. „Das ist eine Gegenkampagne“,
sagt er.
## Ultimatum für den Senat
Der Anwalt der Initiatoren, El-Ghazi, hat dem Senat ein Ultimatum gestellt:
Sollte er die Kampagne der Außenwerber nicht bis zum 17. April stoppen,
will er Klage einreichen, und zwar direkt beim Landesverfassungsgericht.
Der Senat sei für die Durchführung des Volksbegehrens verantwortlich, sagt
El-Ghazi. Die Landesabstimmungsleitung müsse „in angemessenem Umfang“ über
das Volksbegehren informieren. Angesichts der laufenden Gegenkampagne müsse
hier deutlich mehr geschehen, so der Anwalt.
El-Ghazi argumentiert auch im Hinblick auf eine Klage, dass der Senat
Ströer und Wall quasi ein Monopol eingeräumt habe. Zumindest für die U-Bahn
rechnet er sich gute Klagechancen aus, weil dort politische Werbung
verboten ist. Er räumt aber ein: „Wir betreten juristisches Neuland.“
Der Senat teilte auf Anfrage mit, er habe sich mit der FAW-Kampagne noch
nicht befasst, wolle aber in Kürze den Verband und die betroffenen
Unternehmen anhören. Nach vorläufiger Einschätzung handele es sich bei der
Kampagne um eine deutschlandweite Kampagne. „Nicht nur örtlich, sondern
auch inhaltlich dürfte die Kampagne keinen erkennbaren Bezug zum
Volksbegehren selbst haben“, vermutet die Senatskanzlei.
In einer früheren Version dieses Textes heißt es, der Senat sei für die
Durchführung des Volksentscheids verantwortlich. Anwalt El-Ghazi kommt es
jedoch darauf an, dass das auch schon für das Volksbegehren gelte.
16 Apr 2025
## LINKS
[1] /Volksinitiative-gegen-Werbung-in-Hamburg/!5905255
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Volksbegehren
Volksinitiative
Hamburg
Werbung
Klage
Hamburger Senat
Social-Auswahl
Volksbegehren
Hamburg
Werbung
wochentaz
Schwerpunkt Stadtland
Volksbegehren
## ARTIKEL ZUM THEMA
Volksini „Hamburg Werbefrei“ gescheitert: Ein starkes Argument gegen Meinun…
Das Volkbegehren zur Einschränkung der Außenwerbung mag aus vielen Gründen
gescheitert sein. Es hat aber gezeigt, dass Machtmissbrauch möglich ist.
Volksinitiative „Hamburg werbefrei“: Hamburg kann weiter flimmern
Der Plan zu einem Volksentscheid gegen digitale Werbetafeln ist
gescheitert. Die Gegenkampagne der Werbelobby soll aber juristisches
Nachspiel haben.
Volksbegehren gegen Werbeflut in Hamburg: Kampf mit dem Klemmbrett
Die Initiative „Hamburg werbefrei“ hat mit dem Sammeln von Unterschriften
begonnen. Beim Start vor dem Bahnhof Altona war ein Demokratie-Bus dabei.
Stimmen sammeln für Volksbegehren: Werben für die Werbepause
Eine Hamburger Initiative will weniger Reklame im öffentlichen Raum. Vor
allem digitale Screens sollen aus Sicht der Aktivist*innen
verschwinden.
Werbung an Hauswänden: Die Geister, die Adidas rief
Immer öfter prangt auf Häusern Werbung. Eine Hausgemeinschaft im Hamburger
Karoviertel stellt das vor ein Problem, denn sie darf mitbestimmen.
Volksinitiative gegen Werbetafeln: Verfassungsgericht gibt grünes Licht
Die Volksinitiative „Hamburg werbefrei“ will Reklametafeln per Gesetz
reduzieren. Vor Gericht bekam sie recht. Eine Schlappe für den rot-grünen
Senat.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.