| # taz.de -- Volksinitiative „Hamburg werbefrei“: Hamburg kann weiter flimme… | |
| > Der Plan zu einem Volksentscheid gegen digitale Werbetafeln ist | |
| > gescheitert. Die Gegenkampagne der Werbelobby soll aber juristisches | |
| > Nachspiel haben. | |
| Bild: Die Forderung nach Werbefreiheit konnte nicht überzeugen: Volksinitiativ… | |
| Hamburg taz | Die alte, analoge Litfaßsäule, die rund 20 Meter entfernt vom | |
| Büro des Hamburger Landeswahlleiters steht, hätte es ohnehin nicht | |
| getroffen. Doch mit den am Mittwoch beim Wahlleiter abgegebenen | |
| Unterschriften, die die Aktivist:innen der [1][Volksinitiative „Hamburg | |
| werbefrei“] in den vergangenen drei Wochen gesammelt hatten, werden wohl | |
| auch die digitalen Werbeanzeigen nicht verschwinden, die schon an den | |
| beiden nächsten Straßenecken in der Hamburger Innenstadt flimmern: Das | |
| Volksbegehren über ein Werberegulierungsgesetz hat das Quorum nicht | |
| erreicht und ist gescheitert. | |
| Nur knapp 51.000 Unterschriften hat die Volksinitiative in den vergangenen | |
| drei Wochen gesammelt. Für ein erfolgreiches Volksbegehren, den zweiten | |
| notwendigen Schritt der direktdemokratischen Hamburgischen | |
| Volksgesetzgebung, wären allerdings rund 66.000 nötig gewesen. | |
| Nur so hätte die Initiative einen abschließenden und verbindlichen | |
| Volksentscheid über ihr Vorhaben erzwingen können. „Wir sind mit dem | |
| Ergebnis natürlich nicht zufrieden, aber nehmen aus den vielen Gesprächen | |
| der vergangenen drei Wochen auch ganz viel Positives mit“, sagte am | |
| Mittwoch bei der Abgabe Martin Weise, einer der Sprecher der Initiative. | |
| Die Aktivist:innen wollten mit ihrem Gesetzesvorschlag die in den | |
| vergangenen Jahren stark ansteigende Zahl von digitalen Werbetafeln | |
| zurückfahren. Vor allem die mehr als zehn Quadratmeter großen digitalen | |
| Anzeigetafeln sind ihnen ein Dorn im Auge – aus mehreren Gründen: „Allein | |
| deren Stromverbrauch ist so hoch wie der von mehreren Tausend Menschen“, | |
| sagt Weises Mitstreiterin Antonia Petschat. | |
| ## Rot-Grün gegen Volksinitiative | |
| In der Folge komme es zu einer wachsenden Lichtverschmutzung, die wiederum | |
| das Insektensterben begünstige. „Und durch die immer weiter steigende Zahl | |
| der Werbetafeln dominiert ihre Werbung immer mehr den öffentlichen Raum, | |
| ohne dass ich mich dagegen wehren kann“, so Petschat. | |
| Die in Hamburg regierende Koalition aus SPD und Grünen hatte eine | |
| Unterstützung der Initiative in den vergangenen Jahren rundheraus abgelehnt | |
| – vor allem, weil die Stadt pro Jahr mehr als 30 Millionen Euro von | |
| Werbefirmen einnimmt, die den öffentlichen Grund zur Aufstellung von | |
| Werbeflächen nutzen. Außerdem regulierten die Verträge, die Rot-Grün mit | |
| den Betreiberfirmen geschlossen haben, bereits angemessen die Außenwerbung | |
| in der Stadt. | |
| Nicht die rot-grünen Gegenargumente, sondern vor allem das Agieren der | |
| Werbewirtschaft in den vergangenen Wochen sieht die Volksinitiative | |
| allerdings als hauptsächlichen Grund für das Scheitern ihres Vorhabens. | |
| „Wir hatten ja mit viel Gegenwind aus der Branche zu kämpfen“, sagte Weise | |
| – und bezieht sich auf die umstrittene Eigenwerbekampagne des Fachverbandes | |
| Außenwerbung. | |
| ## Gegenkampagne durch Werbebranche | |
| Rund zwei Wochen vor dem Start des Volksbegehrens begannen | |
| [2][Dankesbotschaften von teils gemeinnützigen Organisationen auf den | |
| Screens zu laufen.] | |
| Sportvereinsvorstände, Kulturschaffende oder Helfer:innen der Hamburger | |
| Tafel machten darauf aufmerksam, wie wichtig es für sie sei, für wenig Geld | |
| oder kostenlos Werbung machen zu können. Unterlegt waren die Botschaften | |
| mit dem Schriftzug „Außenwerbung macht’s möglich!“. Auf Nachfrage | |
| behauptete der Fachverband, die Kampagne laufe zufällig parallel zum | |
| Volksbegehren. Auch in anderen Städten seien ähnliche Kampagnen geplant. | |
| Gegen diese Kampagne war die Initiative bereits mit einem Eilantrag vor das | |
| [3][Hamburgische Verfassungsgericht gezogen,] weil sie sie als unzulässige | |
| politische Einflussnahme bewertete. Das Gericht verwarf jedoch zunächst die | |
| Forderung der Initiative, die Pro-Werbe-Kampagne per einstweiliger | |
| Verfügung zu stoppen – mit dem Hinweis darauf, dass das Volksbegehren ja | |
| angelaufen sei und „etwaige Verstöße damit nicht mehr vor dem Volksbegehren | |
| beseitigt werden“ können. | |
| Deshalb ist für „Hamburg werbefrei“ mit der Abgabe der Unterschriften auch | |
| noch nicht Schluss. „Wir werden erneut dagegen Klage einreichen, weil diese | |
| aus unserer Sicht unzulässige Einflussnahme durch den Senat nicht | |
| unterbunden wurde“, sagt Weise. Der Senat, der für die Durchführung des | |
| Volksbegehrens zuständig ist, habe die Öffentlichkeit zuvor außerdem nicht | |
| ausreichend informiert. | |
| ## Neue Werbeverträge stehen an | |
| „Sollte das Verfassungsgericht der Argumentation der Volksinitiative | |
| folgen, könnte es das Zustandekommen des Volksbegehrens feststellen und die | |
| Hamburger:innen bekämen die Möglichkeit, über den Gesetzentwurf | |
| abzustimmen“, sagt der Anwalt der Volksinitiative, Fadi El-Ghazi. | |
| Trotz des Dämpfers bei der Auszählung am Mittwoch und des ungewissen | |
| Ausgangs vor Gericht sieht die Initiative weiter Handlungsbedarf beim | |
| Umgang mit digitaler Außenwerbung. „Wir haben in den vergangenen drei | |
| Wochen unfassbar viele Gespräche mit Bürger*innen geführt, die sich mit | |
| dem Thema noch nicht beschäftigt hatten und die wir mit unseren Argumenten | |
| überzeugen konnten“, sagte Petschat. | |
| Aufklärung sei aktuell umso wichtiger, weil Ende nächsten Jahres die | |
| Verträge zwischen der Stadt und den beiden Unternehmen Ströer und Wall | |
| auslaufen. „Die Verhandlungen für die künftigen Verträge werden darüber | |
| entscheiden, wie Hamburg künftig aussehen wird.“ | |
| 14 May 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| André Zuschlag | |
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