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# taz.de -- Volksinitiative gegen Werbetafeln: Verfassungsgericht gibt grünes …
> Die Volksinitiative „Hamburg werbefrei“ will Reklametafeln per Gesetz
> reduzieren. Vor Gericht bekam sie recht. Eine Schlappe für den rot-grünen
> Senat.
Bild: Beeinflussen aus Sicht der Volksinitiative „Hamburg werbefrei“ den ö…
Hamburg taz | Das [1][Volksbegehren „Hamburg Werbefrei“] darf durchgeführt
werden. Mit diesem Urteil des Hamburgischen Verfassungsgerichts ist die
Volksinitiative ihrem Ziel, Reklametafeln in der Stadt per Gesetz deutlich
zu reduzieren, einen Schritt näher gekommen. Insbesondere problematisiert
die Initiative die wachsende Zahl energieintensiver digitaler Werbeflächen,
weil die sich negativ auf den öffentlichen Raum auswirkten.
Dem Urteil von Freitag zufolge ist das Volksbegehren grundsätzlich mit
höherrangigem Recht vereinbar und inhaltlich nachvollziehbar – und darf
daher grundsätzlich durchgeführt werden. „Der Gesetzesentwurf führt einen
Ausgleich zwischen den grundrechtlich geschützten Informationsinteressen
der Bevölkerung und dem Ziel der Reduzierung von Werbeanlagen und ihrer
Dominanz im öffentlichen Raum herbei“, entschied das
Landesverfassungsgericht.
Erik Flick, eine der Vertrauenspersonen der [2][Volksinitiative „Hamburg
Werbefrei“], bewertete das Verfassungsgerichtsurteil als schwere Schlappe
für den rot-grünen Senat. „Die Werbeindustrie und der Senat sind mit ihren
Argumenten nicht durchgekommen. Das ist das Beste, was unserer Stadt
passieren kann“, so Flick. „Nun liegt die Entscheidung, wie unsere Stadt in
Zukunft aussehen soll, in der Hand der Bürger:innen. Das ist auch ein Sieg
für die Demokratie.“
## Senat folgte der Volksinitiative nicht
Die Initiative „Hamburg werbefrei“ hatte bereits 2022 mehr als 15.000
Unterschriften gesammelt, um ein Volksbegehren als zweite Stufe des
Volksgesetzgebungsverfahrens angehen zu können. Der Hamburger Senat
entschied aber, den angestrebten Gesetzentwurf der Initiative vom
[3][Landesverfassungsgericht] überprüfen zu lassen, weil der aus seiner
Sicht vor allem in zwei Punkten gegen geltendes Recht verstoße.
Er greife, so der Senat, zum einen unzulässig in das Recht der Bürgerschaft
ein, allein über den städtischen Haushalt zu entscheiden. Zum anderen sei
es ein unverhältnismäßiger Eingriff ins Eigentumsrecht,
Eigentümer:innen zu verbieten, Werbeflächen aufzustellen.
## Verfassungsgericht folgt der Initiative
Der Gesetzesentwurf der Initiative „Hamburg werbefrei“ sieht die Änderung
der Bauordnung des Landes Hamburg vor. So sollen unter anderem digitale
Werbeanlagen außerhalb der Stätte der Leistung verboten sein. Heißt: Ein
Supermarkt beispielsweise darf weiter auf seinem Grundstück mit digitalen
Reklametafeln für sich werben, nicht aber anderswo im öffentlichen Raum.
Die Initiative nimmt besonders digitale Werbetafeln in die Kritik: Mit
schnellen Bildwechseln erhöhten sie die Ablenkung und die Unfallgefahr im
Straßenverkehr. Die Lichtverschmutzung schädige darüber hinaus Insekten und
Vögel. Gegen klassische Litfaßsäulen soll das Volksbegehren nicht vorgehen.
Die Unterscheidung lehnte der Senat in seiner Klage ab – eine Beschränkung
auf analoge Werbung sei unverhältnismäßig.
Das Gericht dagegen folgte der Argumentation der Initiative. Die
weitreichende Beschränkung „dieser im öffentlichen Raum besonders
dominanten Form von Außenwerbung“ mit ihren negativen Auswirkungen sei, so
urteilten die Richter, zur Erreichung der Ziele des Volksbegehrens
erforderlich.
Dem stehe nicht entgegen, dass die digitalen Anlagen für die
Grundstückseigentümer wirtschaftlich besonders attraktiv seien. Auch werde
für neu zu errichtende Anlagen ein Interessensausgleich geschaffen: Denn
Eigenwerbung sei in größerem Umfang weiter erlaubt.
Weiter sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Werbeanlagen hälftig für
kulturelle, politische, sportliche und ähnliche Veranstaltungen genutzt
werden. „Das betrifft das Leben in der Stadt – und ist quasi eine
Kulturförderung, weil es positive Auswirkungen für Kulturveranstalter hat“,
sagt der Anwalt der Initiative, Fadi El-Ghazi.
Auch dem folgte das Gericht: „Einschränkungen kommerzieller Werbung, die
nach abstrakt bestimmten Inhaltsarten anhand ihres gesellschaftlichen
Kontexts differenzieren, sind weder ein Verbot einer bestimmten Meinung
noch richten sie sich gegen die Meinungsfreiheit als solche.“
## Bestehende Werbanlagen dürfen bleiben
Das Gericht widersprach auch der Argumentation des Senats, ein Wegfall von
Einnahmen in Höhe von knapp 70 Euro Millionen jährlich aus Werbeverträgen
würde das Haushaltsrecht der Bürgerschaft beeinträchtigen. Zwar werde das
fiskalische Handeln der Stadt erheblich beschränkt – es wäre aber nicht mit
einem vollständigen Wegfall der Einnahmen aus privatrechtlichen
Werbeverträgen zu rechnen.
Lediglich die Forderung der Initiative, bereits errichtete Werbeflächen
wieder abzubauen, sei nicht rechtens, so die Verfassungsrichter. Das
Vertrauen der Grundstückseigentümer:innen in den Fortbestand ihres
früher erworbenen Rechts habe Vorrang.
Für die Initiative ist das kein Problem. „Durch den Wegfall der Änderung
entsteht uns kein großer Nachteil – denn Ende 2026 laufen die [4][Verträge
der Stadt mit Wall und Ströer] sowieso aus“, sagt El-Ghazi. Die Firma Wall
und Ströer betreibt Hamburgs öffentliche Werbeanlagen.
## Initiative geht nun nächsten Schritt
Die Volksinitiative wird nun voraussichtlich im April und Mai 2025
Unterschriften für das Volksbegehren sammeln – knapp 66.000 brauchen sie,
um ihren Gesetzesentwurf zur Abstimmung stellen zu können. Angestrebt wird
die Abstimmung parallel zur Bundestagswahl. „Ich hoffe, dass die Hamburger
diese Chance nutzen“, sagt Anwalt El-Ghazi. „Denn der öffentliche Raum hat
identitätsstiftende Wirkung.“
7 Sep 2024
## LINKS
[1] /Volksinitiative-Hamburg-werbefrei/!6021709
[2] https://www.hamburg-werbefrei.de/
[3] /Gerichtspraesidentin-ueber-Volksinis/!5992683
[4] /Hamburger-Werbeflaechen-werden-digital/!5870537
## AUTOREN
Nina Spannuth
## TAGS
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Rot-Grün Hamburg
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