| # taz.de -- Volksinitiative gegen Werbetafeln: Reklame raus | |
| > Hamburger Aktivist:innen wollen Außenwerbeflächen verbannen. Am | |
| > Montag meldeten sie deshalb eine Volksinitiative für ein Gesetz an. | |
| Bild: Kann zwar auch auf gute Sachen hinweisen, ist aber selten der Fall: digit… | |
| Hamburg taz | Sie strahlen hell und flimmernd, sind mitunter mehrere | |
| Quadratmeter groß und stehen dutzendfach in der Stadt am Straßenrand: | |
| Hamburg ist von [1][digitalen Werbeflächen überschwemmt]. So sieht es | |
| zumindest eine Gruppe von Aktivist:innen, die sich dieser Flut nun | |
| entgegenstellen will. Nun startet die Gruppe „Hamburg Werbefrei“ eine | |
| Volksinitiative zur Einführung eines Werberegulierungsgesetzes. Mit einer | |
| Kunstaktion auf dem Rathausmarkt begann am Montag die | |
| Unterschriftensammlung. | |
| „Außenwerbung ist ätzend“, sagt Martin Weise von der Initiative. Man kön… | |
| ihr im öffentlichen Raum nicht entgehen. „Und dann belästigen einen auch | |
| noch [2][dumme und plumpe Slogans] der kapitalstärksten Unternehmen.“ | |
| Schuld dafür sieht er aber auch bei der Stadt Hamburg, die das zulässt und | |
| durch die Vermietung der Fläche Geld verdient – auf Kosten der | |
| Bürger:innen: „Meine Aufmerksamkeit wird durch die Stadt verkauft“, | |
| kritisiert Weise. | |
| Die Gruppe möchte mit dem Gesetz digitale beleuchtete Werbung und solche, | |
| die zwischen verschiedenen Inhalten wechselt, verbieten und die Hälfte der | |
| Werbeflächen für nicht-kommerzielle Inhalte freihalten. Das soll die | |
| Lichtverschmutzung reduzieren und die Privatisierung des öffentlichen Raums | |
| aufhalten, sagt Weise. | |
| Zudem soll es das Stadtbild erheblich verschönern und Ablenkungen im | |
| Verkehr vermeiden. Darunter fällt auch die Forderung, dass es künftig | |
| gestalterische Vorgaben für Werbeanlagen geben soll, sodass sich das | |
| Stadtbild trotz der Werbung verschönert. Dabei dient Genf in der Schweiz | |
| als Vorbild. Die Stadt hat letztes Jahr beschlossen, ab 2025 keine | |
| öffentliche Werbung mehr zuzulassen. | |
| ## Linke dafür, Grüne skeptisch | |
| Für ihr Anliegen hat die Gruppe zumindest die Linke-Fraktion in der | |
| Bürgerschaft gewonnen, die sich in zwei großen Anfragen 2021 und 2022 zu | |
| diesem Thema informierte. Auf zwei Aspekte weist die Initiative dabei | |
| besonders hin: auf die psychische Belastung und den Stress, den die | |
| Reklamelichter und die Aufmerksamkeit heischende Werbung verursachen sowie | |
| auf den ökologischen Schaden, den die zunehmende Digitalisierung von | |
| öffentlicher Werbung anrichtet. | |
| Ein „[3][Digital Light Board]“ verbraucht – wenn es rund um die Uhr läuf… | |
| so viel Strom wie 15 Zwei-Personen-Haushalte zusammen, wie aus einer | |
| Anfragen der Linken hervorgeht. Die beiden Betreiber von Hamburgs | |
| öffentlichen Werbeanlagen, Wall und Ströer, verweisen darauf, dass sie ihre | |
| Anlagen ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energien betreiben und | |
| nachts die Anlagen ausschalten oder dimmen. Wie viel geringer der | |
| Stromverbrauch ihrer Werbetafeln dadurch ist, teilen sie jedoch nicht mit. | |
| Die Regierungsfraktionen in der Bürgerschaft sind nicht sehr beeindruckt | |
| von der Volksinitiative. Dominik Lorenzen, Vorsitzender der Grünenfraktion, | |
| betont, dass das Anliegen der Initiative wichtig sei, Hamburg diesbezüglich | |
| aber bereits gut aufgestellt sei. „Es gibt in der Stadt eine gute Balance | |
| zwischen Werbeflächen und Platz für die Menschen“, sagt er. | |
| Nicht nur Lorenzen distanziert sich von der Notwendigkeit der Initiative. | |
| Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) teilte der Gruppe in einem Gespräch | |
| mit, dass er die Einnahmen aus der öffentlichen Werbung lieber für | |
| Mobilitätsprojekte ausgeben wolle, sagt Weise. Die Stadt nahm 2020 für die | |
| Werbeflächen rund 27 Millionen Euro ein. Doch der Schaden durch die | |
| Außenwerbung überwiege in seiner Schwere die Vorteile der städtischen | |
| Einnahmen, finden die Aktivist:innen. | |
| ## Volksentscheid für 2024 anvisiert | |
| Damit das Gesetz offiziell bei Senat und Bürgerschaft Gehör findet, muss | |
| „Hamburg Werbefrei“ in den nächsten sechs Monaten insgesamt 10.000 | |
| Unterschriften sammeln. Schafft die Gruppe das, kann die Bürgerschaft den | |
| Gesetzentwurf verabschieden, wobei sie und der Senat das Recht haben, | |
| zunächst das Landesverfassungsgericht einzuschalten, um die Rechtmäßigkeit | |
| des Gesetzesentwurf zu prüfen. In den vergangenen Jahren sind dadurch schon | |
| mehrfach Volksinitiativen gescheitert, weil das Gericht die Ziele der | |
| Volksinitiativen für verfassungswidrig erklärte. | |
| Beschließt die Bürgerschaft das Gesetz nicht, kann ein Volksbegehren | |
| beantragt werden, das innerhalb von drei Wochen fünf Prozent aller | |
| Wahlberechtigten unterstützen müssen, damit es Erfolg hat. Auch danach kann | |
| die Bürgerschaft eine Verabschiedung des Gesetzes ablehnen. Sollte dies | |
| geschehen, kommt es zum Volksentscheid, über den alle wahlberechtigten | |
| Hamburger:innen abstimmen können. | |
| Es ist ein langer, mühsamer Prozess, den „Hamburg Werbefrei“ nun begonnen | |
| hat. Der Zeitplan der Gruppe steht jedoch schon. Dabei steht die Hamburger | |
| Gruppe in enger Zusammenarbeit mit einer gleich orientierten Berliner | |
| Initiative, die zeitgleich für ein ähnliches Gesetz in der Hauptstadt | |
| kämpft. | |
| Nach dem erfolgreichen Sammeln der 10.000 Unterschriften soll 2023 das | |
| Volksbegehren losgehen. 2024 dann soll zeitgleich mit den Europawahlen der | |
| Volksentscheid auf den Stimmzetteln stehen, womit am Ende alle | |
| Wahlberechtigten über die Zukunft öffentlicher Werbung in Hamburg abstimmen | |
| könnten. | |
| 26 Apr 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Neue-Kampagnen-in-Hamburg/!5774641 | |
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| [3] https://www.walldecaux.de/digitale-city-light-boards | |
| ## AUTOREN | |
| Hagen Gersie | |
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