# taz.de -- Neue Kampagnen in Hamburg: Ein Recht auf Nicht-Information | |
> Durch lobende Erwähnung auf Werbe-Screens will Bürgerschaft | |
> ehrenamtliches Engagement fördern. Eine Volksinitiative will diese | |
> Bildschirme nicht. | |
Bild: Digitale Werbemedien im öffenlichen Raum – wie hier das U-Bahn-Fernseh… | |
HAMBURG taz | Tue Gutes und rede drüber, dazu sind wir in dieser Woche | |
aufgefordert worden. Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) stellte mit | |
der Werbefirma Ströer die Kampagne „#HHelping Hands“ vor. Zwar seien schon | |
rund 550.000 Menschen ehrenamtlich tätig, doch die seien im Schnitt 50 | |
Jahre alt. Daher gehe es darum, „jüngere Zielgruppen“ für | |
Freiwilligenarbeit zu begeistern. | |
Locken soll die Aussicht auf etwas Ruhm. Eine 13-köpfige Jury wird ab | |
August zwölf Monate lang je eine ehrenamtlich tätige Person auszeichnen, | |
die dann auf den über die Stadt verteilten „digitalen Screens“ von Ströer | |
vorgestellt wird. Die Firma ist Pächter der Werbeflächen und verfügt über | |
rund 2.500 Stadtbildschirme, die auch das Wetter, Rätsel und Nachrichten | |
zeigen. | |
Nett, dass die Firma das anbietet. Bewerbungen gehen direkt an | |
[email protected]. In der Jury sitzen auch Azubis, ein Regionalleiter, | |
eine Grüne, ein Moderator, ein Fußballer und Leute von Hilfsprojekten. | |
Nun gibt es aber nicht nur an derlei Ehrenamts-Kampagnen Kritik, etwa | |
derart, dass [1][hier der Sozialstaat ersetzt] wird oder [2][übertrieben | |
gelobt und eine ganze „Anerkennungskultur“ aufgebaut] wird, wie der | |
Soziologe Stefan Selke einst der Stuttgarter Zeitung sagte. Auch diese | |
Sreens selbst stehen in der Schusslinie. Gerade erst [3][stellte die taz | |
die Volksinitiative „Hamburg werbefrei“] vor, die sie abschaffen will. | |
## Nur noch Papier-Plakate | |
„Außenwerbung erzieht Menschen dazu, Fast Food und Fast Fashion zu | |
konsumieren, nikotinabhängig zu werden und immer mehr Produkte zu wollen“, | |
sagt Initiator Martin Weise. Er findet, die Ehrenamts-Initiative sei | |
Schönfärberei. „Wer hat bei dem dadurch erzeugten Konsumstress noch Zeit | |
und Aufmerksamkeit für sich und seine Mitmenschen?“, fragt der 36-jährige | |
Pflegeassistent. | |
Vorbild für [4][“Hamburg werbefrei“] ist die Initiative [5][„Berlin | |
werbefrei“], die sammelte schon über 40.000 Unterschriften und fordert, | |
dass es nur noch Papierplakate geben soll, auch weil die Digitaltafeln | |
Strom verbrauchen und Lichtverschmutzung erzeugen. „Es gibt im Grundgesetz | |
auch die negative Informationsfreiheit. Das heißt, ich muss im öffentlichen | |
Raum nicht in unzumutbarer Weise Informationen rezipieren“, sagt der | |
Berliner Initiator und Jurist Fadi El-Ghazi. | |
Die taz hat eine Idee: Die Kritiker von „werbefrei“ sorgen sich um den | |
öffentlichen Raum als Wohnzimmer aller Menschen. Ein tolles Engagement! Das | |
gehört auf die Screens. Kaija Kutter | |
12 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bpb.de/apuz/203553/ehrenamt-statt-sozialstaat-kritik-der-engage… | |
[2] https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ein-soziologe-uebt-kritik-das-ehr… | |
[3] /Hamburger-Initiative-will-Volksentscheid/!5775966 | |
[4] https://www.hamburg-werbefrei.de/ | |
[5] https://berlin-werbefrei.de/ | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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