| # taz.de -- Stand der Koalitionsverhandlungen: Viel Einigkeit, aber auch noch v… | |
| > Union und SPD haben Ergebnisse vorgelegt. Harte Migrationspolitik, wenig | |
| > Ambitionen beim Kohleausstieg – und generell viele Unstimmigkeiten. Ein | |
| > Überblick. | |
| Bild: Das bleibt erst mal: im Schengenraum eigentlich nicht vorgesehene Grenzko… | |
| Berlin rtr/dpa/afp | Die Fachpolitiker von Union und SPD haben sich auf | |
| weitgehende Schritte zur Begrenzung der Migration geeinigt. Das geht aus | |
| dem der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag vorliegenden Papier der | |
| Arbeitsgruppe Innen, Recht, Migration und Integration hervor. Darin heißt | |
| es etwa, dass das Ziel einer Begrenzung der Migration wieder in das | |
| Aufenthaltsgesetz aufgenommen werden soll. | |
| Union und SPD verhandeln derzeit über eine mögliche Koalition. Die 16 | |
| Arbeitsgruppen der Fachpolitiker von CDU, CSU und SPD mussten Montag ihre | |
| Abschlusspapiere abgeben, diese werden nun von den Spitzengruppen der drei | |
| Parteien beraten. Dabei kann es Änderungen geben. Gerade die | |
| Migrationspolitik gilt als Hauptstreitthema zwischen den drei Parteien. | |
| Als Formulierung bei dem bisher umstrittenen Thema Zurückweisungen schlagen | |
| die Fachpolitiker vor: „Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen | |
| Nachbarn [1][Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei | |
| Asylgesuchen vornehmen]. Wir wollen alle rechtstaatlichen Maßnahmen | |
| ergreifen, um die irreguläre Migration zu reduzieren.“ | |
| Die Kontrollen an allen deutschen Grenzen sollten bis zu einem | |
| funktionierenden Außengrenzschutz und der Erfüllung der bestehenden Dublin- | |
| und GEAS-Regelungen durch die Europäische Gemeinschaft fortgesetzt werden. | |
| Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten soll erweitert werden. „Wir | |
| beginnen mit der Einstufung von Algerien, Indien, Marokko und Tunesien“, | |
| heißt es. Die GEAS-Reform für ein europäisches Asylsystem soll laut dem | |
| Papier noch 2025 in nationales Recht umgesetzt und auf europäischer Ebene | |
| weiterentwickelt werden. | |
| ## Entzug der Staatsangehörigkeit | |
| [2][Freiwillige Bundesaufnahmeprogramme wie das für Afghanistan sollen | |
| „soweit wie möglich“ beendet] und keine neuen Programme aufgelegt werden. | |
| „Wir setzen den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten befristet | |
| für zwei Jahre aus. Härtefälle bleiben hiervon unberührt.“ Zudem sollen | |
| mehr Migrationsabkommen abgeschlossen werden. | |
| Zugleich wird betont, dass Deutschland weiter weltoffen und das Grundrecht | |
| auf Asyl unangetastet bleiben solle. Man wolle ein | |
| „einwanderungsfreundliche Land“ sein. Als weiter strittig gelten unter | |
| anderem die Unions-Pläne für Asyl in sicheren Drittstaaten und die | |
| Definition, wer ein Bleiberecht haben sollte. Auch hält die Union an den | |
| Plänen fest, zu prüfen, [3][ob man „Terrorunterstützern, Antisemiten und | |
| Extremisten“ mit doppelter Staatsangehörigkeit die deutsche | |
| Staatsbürgerschaft „entziehen“ könne]. | |
| Die Arbeitsgruppe Verteidigung, Außen, Entwicklung und Menschenrechte hat | |
| sich darauf geeinigt, Deutschland als zentrale Nato-Drehscheibe ausbauen | |
| und die [4][Einsatzbereitschaft der Streitkräfte „kurzfristig, | |
| nachdrücklich und nachhaltig“ zu erhöhen]. Das Papier der Fachpolitiker | |
| plädiert für eine sehr viel robustere deutsche Außen- und | |
| Verteidigungspolitik. Russland wird als „größte und direkteste Bedrohung“ | |
| bezeichnet, China als systemischer Rivale. | |
| Ausdrücklich bekennen sich die Außen- und Sicherheitspolitiker von CDU, CSU | |
| und SPD zu dem Bündnis mit den USA. „Die Beziehungen zu den USA bleiben von | |
| überragender Bedeutung“, heißt es in dem Papier. Man wolle auch an der | |
| nuklearen Teilhabe mit den USA festhalten. Dennoch soll die europäische | |
| Außen- und Sicherheitspolitik ausgebaut werden, auch durch engere | |
| Beziehungen zu Ländern wie Großbritannien und der Türkei. | |
| ## Sicherheitsgarantien für die Ukraine | |
| Bei der [5][Türkei wird aber ausdrücklich die Verbesserung der | |
| demokratischen, rechtsstaatlichen und menschenrechtlichen Situation | |
| angemahnt]. Mit den Schwellen- und Entwicklungsländern wolle man ein | |
| globales Netzwerk ausbauen und eine neue „Nord-Süd-Kommission“ gründen. | |
| Sowohl der Ukraine als auch Israel wird die Unterstützung versichert. „Dazu | |
| gehören auch materielle und politische Sicherheitsgarantien für eine | |
| souveräne Ukraine“, heißt es, ohne dass Details genannt werden. „Wir such… | |
| in Abstimmung mit unseren Partnern nach Möglichkeiten, das eingefrorene | |
| russische Staatsvermögen [6][zur finanziellen und militärischen | |
| Unterstützung der Ukraine] wirtschaftlich zu nutzen.“ | |
| Beim Ausbau der militärischen Fähigkeiten bekennen sich Union und SPD zwar | |
| zu einem stetigen Aufwuchs der Mittel, haben sich aber bisher nicht auf | |
| eine Zielmarke bis zum Ende der Legislaturperiode einigen können. | |
| Ausdrücklich sollen Zukunftstechnologien für die Bundeswehr verstärkt | |
| gefördert und in die Streitkräfte eingeführt werden. Konkret genannt werden | |
| unbemannte Systeme, Satellitensysteme, künstliche Intelligenz, | |
| elektronischer Kampf, Cyber, Software Defined Defense und Cloud-Anwendungen | |
| sowie Hyperschallsysteme. | |
| „In besonderen kritischen Bereichen wie Munition werden wir verstärkt mit | |
| Vorhalteverträgen und Abnahmegarantien arbeiten“, heißt es mit Blick auf | |
| die Rüstungsindustrie. Die Verfügbarkeit von Schlüsselressourcen, wie zum | |
| Beispiel Sprengstoffe, soll besser abgesichert werden. | |
| ## „Mehr Fachkompetenz“ | |
| Es gibt eine Reihe von Punkten, bei denen sich die Fachpolitiker nicht | |
| einigen konnten. Dazu gehört etwa die von der Union geforderte Integration | |
| des Entwicklungsministeriums ins Auswärtige Amt sowie die Schaffung eines | |
| Nationalen Sicherheitsrats im Kanzleramt. | |
| Im Bereich Mobilität schlagen die Unterhändler von CDU, CSU und SPD | |
| Reformen bei der Deutschen Bahn und der Autobahn GmbH vor. Mittelfristig | |
| [7][solle es eine grundlegende Bahnreform geben], geht aus dem Papier der | |
| Arbeitsgruppe Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen hervor, das der | |
| Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Weiter heißt es, sowohl beim | |
| Bahn-Konzern als auch bei der Infrastruktursparte InfraGO solle eine | |
| „Neuaufstellung von Aufsichtsrat und Vorstand“ erfolgen mit dem Ziel, mehr | |
| Fachkompetenz abzubilden und eine Verschlankung zu erreichen. | |
| In dem Papier heißt es weiter, die Investitionen in das Schienennetz | |
| sollten gesteigert werden. Diese Sanierung soll aus dem geplanten | |
| 500-Milliarden-Euro Sondervermögen Infrastruktur finanziert und an dessen | |
| Laufzeit von zwölf Jahren gekoppelt werden. Das Deutschlandticket soll | |
| erhalten bleiben, perspektivisch aber teurer werden. | |
| Die bundeseigene Autobahn GmbH soll laut Papier „begrenzt kreditfähig“ | |
| werden. Das könnte strukturelle Reformen bedeuten. Der Gesellschaft sollen | |
| Lkw-Mauteinnahmen zur Verfügung gestellt werden. Aus dem Sondervermögen | |
| sollen für die Straße zur Auflösung des Sanierungsstaus insbesondere bei | |
| Brücken und Tunneln Mittel zur Verfügung gestellt werden. Die Autobahn GmbH | |
| ist derzeit wegen vieler maroder Brücken im Fokus. | |
| ## Streit übers Tempolimit | |
| Uneins sind die über die Einführung eines generellen Tempolimits auf | |
| Autobahnen. Demnach lehnt die Union ein generelles Tempolimit auf deutschen | |
| Autobahnen ab. Die SPD dagegen ist für die Einführung eines generellen | |
| Tempolimits von 130 km/h auf Autobahnen. Über das Thema dürften nun die | |
| Chefverhandler der Parteien beraten. | |
| Das [8][Ziel des Kohleausstiegs bis zum Jahr 2030] wollen Union und SPD im | |
| Fall einer gemeinsamen Koalition aufgeben und streben nun das Jahr 2038 an. | |
| In dem Ergebnispapier der Arbeitsgruppe Klima und Energie aus den | |
| Koalitionsverhandlungen, das der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag vorlag, | |
| heißt es: „An den beschlossenen Ausstiegspfaden für die | |
| Braunkohleverstromung bis spätestens 2038 halten wir fest.“ | |
| Der Zeitplan zur Abschaltung weiterer Kohlekraftwerke müsse sich danach | |
| richten, „wie schnell es gelingt, steuerbare Gaskraftwerke tatsächlich | |
| zuzubauen“, heißt es weiter. Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP | |
| hatte sich 2021 noch ambitioniertere Ziele gesteckt: Das Dreierbündnis | |
| wollte den Ausstieg noch „idealerweise auf 2030“ vorziehen, wie im | |
| Ampelkoalitionsvertrag stand. | |
| Noch nicht einig sind sich Union und SPD bei der Atomkraft. CDU und CSU | |
| möchten eine „bedeutende Rolle“ der Kernenergie zur Erreichung der | |
| Klimaziele festhalten, die SPD hat sich der Forderung nicht angeschlossen. | |
| Ebenso möchte die Union „Potenziale konventioneller Gasförderung im Inland | |
| nutzen“. | |
| Das Ergebnispapier der Arbeitsgruppe Klima und Energie wird wie die Papiere | |
| der anderen Fachgruppen nun auf höherer Ebene in den | |
| Koalitionsverhandlungen besprochen. Im Klima- und Energiebereich steht auch | |
| das sogenannte Heizungsgesetz zur Disposition – die Union pocht auf eine | |
| generelle Abschaffung, die SPD plädiert dafür, das Gesetz zu „novellieren�… | |
| 26 Mar 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Asylplaene-von-SPD-und-Union/!6071792 | |
| [2] /Bundesaufnahmeprogramm-vor-dem-Ende/!6078374 | |
| [3] /Sondierungspapier-von-Union-und-SPD/!6075427 | |
| [4] /Geld-fuers-Militaer/!6071654 | |
| [5] /Festnahme-von-Ekrem-mamolu/!6073353 | |
| [6] /Russlands-Krieg-gegen-die-Ukraine/!6077994 | |
| [7] /Eisenbahn-fahren-in-Deutschland/!6065511 | |
| [8] /Die-Bundestagsprogramme-im-Klima-Check/!6070889 | |
| ## TAGS | |
| Regierungsbildung | |
| Koalitionsverhandlungen | |
| CDU/CSU | |
| SPD | |
| Asylpolitik | |
| Kohleausstieg | |
| CDU/CSU | |
| Wir retten die Welt | |
| Regierungsbildung | |
| Koalitionsverhandlungen | |
| Parlamentarismus | |
| Migration | |
| Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Koalitionsverhandlungen: Der SPD scheint zu dämmern: Sie ist auf Merz reingefa… | |
| Die Finanzfrage der kommenden Koalition galt als geklärt. Doch für die SPD | |
| und ihre Vorhaben wird die Einigung wohl ein Verlustgeschäft. | |
| Glücksbringer für die Politik: Ein Beutelsäuger für die schwarz-rote Koalit… | |
| Fußballvereine haben sie, Stadtfeste und Firmen: Maskottchen. Da könnte | |
| sich die neue Regierung doch ein Beispiel dran nehmen, findet unser | |
| Kolumnist. | |
| Stand der Koalitionsverhandlungen: Bitterer Vorgeschmack | |
| Bei den Verhandlungen von SPD und Union geht es in einigen Punkten | |
| rückwärts. Für die Bereiche Migration und Antifaschismus sieht es nicht gut | |
| aus. | |
| Regierungsbildung von Schwarz-Rot: Noch lange nicht ausverhandelt | |
| Am Freitag übernimmt die Hauptverhandlungsgruppe die Koalitionsgespräche. | |
| Viele Streitpunkte sind offen, der Zeitplan wackelt. | |
| Konstituierende Sitzung des Bundestags: Harmonie und Krawall | |
| Alterspräsident Gregor Gysi hält eine staatstragende Rede. Julia Klöckner | |
| wird erwartungsgemäß zur Bundestagspräsidentin gewählt. Die AfD poltert. | |
| Asylpläne von SPD und Union: „Rassismus ist ein Standortnachteil“ | |
| Union und SPD wollen Geflüchtete künftig zurückweisen. Das dürfte an den | |
| europäischen Partnern scheitern, sagt Pro-Asyl-Experte Karl Kopp. | |
| Die Bundestagsprogramme im Klima-Check: Wenigstens haben sie es nicht vergessen | |
| Obwohl die Erderhitzung im Wahlkampf untergeht, haben die demokratischen | |
| Parteien Klimaschutz-Pläne. Ehrgeizig sind nur die von Grünen und Linken. |