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# taz.de -- Tarifverhandlungen öffentlicher Dienst: Haben die Gewerkschaften �…
> Die Tarifverhandlungen zwischen Bund, Kommunen und den Gewerkschaften
> sind unterbrochen. Ein Pro und Contra zu den Forderungen beider Seiten.
Bild: Gewerkschafter von Verdi ziehen durch die Innenstadt von Rostock, um ihre…
Erneut sind die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst gescheitert.
Liegt das an den zu hohen Forderungen der Gewerkschaften? Ein Pro und
Contra.
Pro
Eine Lohnerhöhung von 5,5 Prozent, dazu ein höheres 13. Monatsgehalt sowie
mehr Geld für Schichtdienste. Außerdem ein sogenanntes
Zeit-statt-Geld-Modell, mit dem Sonderzahlungen in freie Tage umgewandelt
werden können. So sieht [1][das Angebot von Bund und Ländern bei den
Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst] aus. Das ist nicht nichts.
Man kann auch sagen, das ist ein fairer Kompromiss.
Die Verhandlungsführer auf der anderen Seite – Verdi und der Beamtenbund –
sehen das naturgemäß anders. Sie fordern eine 8-prozentige Lohnerhöhung,
mindestens aber 350 Euro mehr Gehalt jeden Monat und höhere Zuschläge für
ungünstige Arbeitszeiten. Zudem sollen Praktika und Ausbildungen mit 200
Euro mehr vergütet werden und Mitarbeitende zusätzlich drei freie Tage
bekommen.
Das ist viel, und ja, das ist zu viel. Diesmal haben die Gewerkschaften mit
ihren Forderungen überzogen. Denn die zugespitzte politische Lage hat nicht
nur die Welt in Bedrängnis gebracht, sondern auch Deutschland –
insbesondere finanziell. Unsere Sicherheit ist bedroht, bisherige
Verlässlichkeiten sind weggebrochen, wir müssen für unseren Schutz jetzt
selber sorgen. Dafür braucht es sehr viel Geld.
Gleichzeitig müssen Sozialausgaben finanziert werden, denn den sozialen
Frieden zu bewahren, ist genauso wichtig wie die militärische
Friedenssicherung. Die verhandelnden Gewerkschaften kennen ganz sicher die
Kennziffern, die dafür im Raum stehen: [2][500 Milliarden Sondervermögen
für Infrastruktur, eine gelockerte Schuldenbremse für Verteidigung und
eine gelockerte Schuldenbremse für die Länder].
Ob mit oder ohne umstrittenes Finanzpaket: Das Leben wird für Menschen, die
nicht über Reichtum verfügen, härter. Das trifft Angestellte im
öffentlichen Dienst ebenso wie Mitarbeitende in Privatunternehmen und im
Übrigen auch taz-Redakteur:innen. Das ändert trotzdem nichts an der
Tatsache, dass das Geld knapp ist.
Der Bär hat nun mal, um es platt zu sagen, nur ein Fell. Das kann weder
dupliziert noch geklont werden. Die Gewerkschaften wissen das – und sollten
einlenken.
Simone Schmollack
Contra
Nach den gescheiterten [3][Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst
des Bundes und der Kommunen] kommt die altbekannte Leier: Schuld ist mal
wieder die böse Gewerkschaft, die den Hals nicht vollkriegen kann! Mit der
Realität hat das nicht viel zu tun. Es stimmt zwar, dass Verdi mit einem
anspruchsvollen Forderungspaket in die Verhandlungen gegangen ist. Wer sich
jedoch die bisherigen Tarifabschlüsse in diesem Jahr ansieht,
beispielsweise bei der Deutschen Post, kann schnell erkennen, wie
kompromissbereit die Gewerkschaft tatsächlich ist.
Dass die Arbeitgeberseite ihr weit entgegenkommen sei, ist hingegen nur
eine Behauptung. Aus gutem Grund haben weder das Bundesinnenministerium
noch die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) bisher
öffentlich gemacht, was sie genau angeboten haben. Sie haben nur
durchsickern lassen, zu einer Entgelderhöhung von 5,5 Prozent bereit
gewesen zu sein. Aber das klingt weit besser, als es ist. Denn es sollte
sie erst ab Oktober 2025 und dann über drei Schritte in drei Jahren
verteilt geben. Umgerechnet würde das für dieses Jahr eine Lohnsteigerung
von 0,5 Prozent bedeuten – was weit unter der Inflationsrate liegt.
Ein faires Angebot sieht anders aus. Und warum die Kommunen – im Gegensatz
zum Bund – die Forderung hartnäckig abgelehnt haben, dass für die
Beschäftigten im Osten nicht weiter ein schlechterer Kündigungsschutz als
für ihre Kolleg:innen im Westen gelten darf, ist 35 Jahre nach der
Wiedervereinigung übrigens auch mehr als erklärungsbedürftig.
Trotzdem [4][wäre Verdi bereit gewesen, weiter nach einer Lösung zu
suchen.] Nicht die Gewerkschaft hat die Verhandlungen platzen lassen nach
dem Motto: Dann streiken wir eben wieder! Nein, die Arbeitgeber haben die
Gespräche abgebrochen, um schnellstmöglich in die Schlichtung zu kommen,
weil in dieser Zeit die Friedenspflicht gilt. So hoffen sie, den
gewerkschaftlichen Druck abschwächen zu können, um einen möglichst
billigen, aber für die Beschäftigen schlechteren Abschluss durchsetzen zu
können. Dem sozialen Frieden dient das nicht.
Pascal Beucker
19 Mar 2025
## LINKS
[1] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/tarifverhandlungen-oeffentlicher-diens…
[2] /-Bundestagssitzung-zum-Finanzpaket-/!6076721
[3] /Tarifstreit-im-oeffentlichen-Dienst/!6072499
[4] /Tarifstreit-im-oeffentlichen-Dienst/!6071878
## AUTOREN
Simone Schmollack
Pascal Beucker
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