# taz.de -- Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst: Jetzt soll es die Schlichtun… | |
> Die Verhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen sind | |
> vorerst gescheitert. CDU-Mann Roland Koch übernimmt den | |
> Schlichtungsvorsitz. | |
Bild: Die Verhandlungsführer werfen jeweils der Gegenseite fehlende Kompromiss… | |
Berlin taz | Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund | |
und Kommunen sind vorerst gescheitert. Gewerkschaften und Arbeitgeber | |
konnten sich auch in der dritten Runde nicht auf einen Abschluss einigen. | |
Jetzt soll in der Schlichtung eine Lösung gefunden werden. Beide Seiten | |
versicherten am Montagabend in Potsdam, um eine Einigung gerungen zu haben, | |
warfen jedoch jeweils der Gegenseite fehlende Kompromissbereitschaft vor. | |
„Wir haben uns bis an die Schmerzgrenze bewegt“, sagte der | |
Verdi-Vorsitzende Frank Werneke. Bis kurz vor dem Erklären des Scheiterns | |
der Verhandlungen durch die Arbeitgeberseite habe es immer neue | |
Lösungsvorschläge von den Gewerkschaften gegeben. Volker Geyer, der | |
Verhandlungsführer des Deutschen Beamtenbunds, warf den Arbeitgebern vor, | |
sie hätten „mit viel Verzögerung und destruktiver Energie einen Kompromiss | |
verhindert“. | |
Bund und Kommunen seien den Gewerkschaften „sehr weit entgegengekommen“ und | |
„bis an die Grenze dessen gegangen, was wir für die öffentlichen Haushalte | |
verantworten können“, beteuerte demgegenüber Innenministerin Nancy Faeser | |
(SPD), die die Verhandlungen für den Bund führt. „Aber die Gewerkschaften | |
waren nicht zu weiteren Kompromissen bereit“, so Faeser. | |
„Wir müssen einen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen unserer | |
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Funktionsfähigkeit der kommunalen | |
Einrichtungen und dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor weiteren | |
finanziellen Belastungen schaffen“, sagte die Gelsenkirchener | |
Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD), die Präsidentin der Vereinigung der | |
kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). „Die Gewerkschaften haben uns leider | |
eine Möglichkeit verwehrt, diesen ausgewogenen Weg zu finden.“ | |
## Mickriges Angebot der Arbeitgeber | |
Ursprünglich forderten Verdi und Beamtenbund unter anderem [1][eine | |
Tariferhöhung um 8 Prozent], mindestens aber 350 Euro mehr im Monat, sowie | |
drei zusätzliche freie Tage. Die Arbeitgeberseite hat ihr [2][erst in der | |
dritten Verhandlungsrunde] vorgelegtes Angebot bislang nicht öffentlich | |
gemacht. „Was wir auf den Tisch gelegt haben, wären echte, spürbare | |
Verbesserungen und Entlastungen für die Beschäftigten“, gab Innenministerin | |
Faeser nur an. „Wir haben Entgelterhöhungen vorgeschlagen, die zum Teil | |
über den jüngsten Tarifabschlüssen von Ver.di in anderen Branchen liegen.“ | |
Aus Verhandlungskreisen durchgesickert ist, dass die Arbeitgeberseite ein | |
Angebot für eine Entgelderhöhung von insgesamt 5,5 Prozent unterbreitet hat | |
– allerdings verteilt auf drei Schritte über drei Jahre. Konkret hätte das | |
bedeutet: 2 Prozent mehr ab Oktober 2025, weitere 2 Prozent ab Juli 2026 | |
und schließlich 1,5 Prozent ab Juli 2027. Für die Beschäftigten würde das | |
einen Reallohnverlust bedeuten, da eine solch gestaffelte Gehaltssteigerung | |
unter der Inflationsrate bleiben würde. Eine Mindestlohnerhöhung um einen | |
festen Betrag, von der vor allem Beschäftigte mit niedrigerem Einkommen | |
profitieren würden, sollen die Arbeitgeber kategorisch abgelehnt haben. | |
Jetzt beginnt die Schlichtung. Das heißt auch, dass ab Donnerstag die | |
Friedenspflicht gilt, mit der [3][Warnstreiks] bis zum Ende der | |
Verhandlungen über ein Schlichtungsergebnis ausgeschlossen sind. Unter der | |
Vermittlung von Hessens Ex-Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) und dem | |
früheren Bremer Finanzstaatsrat Hans-Henning Lühr (SPD) müssen die | |
Tarifparteien nun eine Einigungsempfehlung ausarbeiten. Diese könnte ab | |
Ende März oder Anfang April vorliegen. Sie ist aber nicht bindend. | |
Der Schlichtungskommission gehören je zwölf Vertreter:innen von | |
Arbeitgebern und Gewerkschaften an. Spätestens eine Woche nach ihrem | |
Zusammentritt muss sie eine Einigungsempfehlung abgeben. Ein Vorteil für | |
die Arbeitgeberseite: Den Kommissionsvorsitz hat turnusgemäß der von ihnen | |
benannte Roland Koch, der bei einem Patt zwischen Arbeitgebern und | |
Gewerkschaften den Ausschlag geben könnte. | |
Falls die entscheidende Stimme von Schlichter Koch kommen sollte, könnte | |
das für den weiteren Verlauf jedoch nicht unbedingt förderlich sein – | |
schließlich müssen letztlich alle Seiten zustimmen. Nachdem die | |
Schlichtungskommission ihr Einigungsempfehlung beschlossen hat, muss sie | |
binnen 24 Stunden den Tarifparteien zugehen, die wiederum innerhalb von | |
drei Tagen die Verhandlungen auf dieser Grundlage wieder aufnehmen müssen. | |
Bis zum Ende dieser Verhandlungen gilt die Friedenspflicht. Gelingt auch | |
dann noch keine Einigung, können die Gewerkschaften die Urabstimmung | |
einleiten – mit der Option auf einen unbefristeten Streik. Ob es soweit | |
kommt, ist derzeit noch völlig offen. | |
18 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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