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# taz.de -- Studie zu Klima-Labels auf Lebensmitteln: „Der Label-Dschungel mu…
> Klima-Labels auf Lebensmitteln sind oft Greenwashing. Eine Studie der
> Universität Göttingen empfiehlt eine Ampelkennzeichnung als beste
> Lösung.
Bild: Viele Hersteller, viele Labels: Nuss-Nougat-Aufstriche in einem Supermarkt
Osnabrück taz | Klimaneutral. Das liest sich auf einer
Lebensmittelverpackung natürlich gut. Milch, die das Klima nicht belastet?
Reis, Olivenöl, Hähnchenbrustfilets, Orangensaft, Kartoffelpuffer, alles
ohne schlechtes Gewissen? Für viele heißt das: Kaufentscheidung.
Gut, „klimaneutral“ bedeutet nicht, dass bei der Herstellung des
Lebensmittels keine Emissionen entstehen. [1][Sie werden nur kompensiert],
irgendwie, irgendwo. Nicht ideal, aber immerhin besser als nichts. Manchmal
wird auch nicht kompensiert, trotz des Labels. Das ist dann
[2][Greenwashing].
Die Green Claims Directive der EU will das ändern. Unternehmen, [3][die
umweltbezogene Werbeaussagen machen], Green Claims, sollen diese fortan
belegen müssen, für Transparenz sorgen. Eine Umfrage der EU-Kommission aus
2020 hatte ergeben, dass über 50 Prozent der geprüften Umweltangaben
schwammig waren, fehlleitend. Für 40 Prozent der Behauptungen gab es
keinerlei Beweise.
Die Studie [4][„Greenwashing in food labelling: Consumer deception by
claims of climate neutrality and the importance of an interpretative
labelling approach“] der Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät für
Agrarwissenschaften, Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung
(Dare), erklärt, wie ein CO2-Kompensations-Label sein muss, damit es wirkt.
Ende 2023 eingereicht, ist sie Anfang 2025 in der Fachzeitschrift Food
Quality and Preference erschienen.
## Lebensmittel erscheinen klimafreundlicher, als sie sind
Wir lernen: Durch Kompensationslabels wie „klimaneutral“ erscheinen
Lebensmittel klimafreundlicher, als sie sind. Das sei „misleading“, sagt
die Studie in ihrem Fazit. „Besonders kritisch ist dieser Effekt bei
Lebensmitteln mit hoher Klimawirkung wie beispielsweise Fleisch“, sagt
Denise Dreist, Erstautorin der Studie. „Solche Labels fördern somit
Greenwashing, erschweren die Markttransparenz.“ VerbraucherInnen bekämen so
„keine Orientierung für eine nachhaltige Ernährung“.
Grundlage der Studie, in Auftrag gegeben von der Verbraucherzentrale
Bundesverband, war eine Online-Befragung von über 2.100 VerbraucherInnen.
Produkte waren auf ihren Klima-Impact zu bewerten, vom Erdbeerjoghurt bis
zum veganen Burgerpattie, in sechs Varianten gezeigt, eine ohne
Klima-Label, fünf mit – von einem erklärungslosen „klimaneutral“ über …
tatsächlichen CO2-Fußabdruck bis zu einer Ampelkennzeichnung. Das
Ampel-Label fuhr die besten Resultate ein.
Das Problem: Wenn „klimaneutral“ auf der Verpackung steht, wegen einer
Kompensierung, kann das bewirken, dass Produkte, obwohl sie [5][einen
höheren Klima-Fußabdruck haben als andere], als klimafreundlicher bewertet
werden, weil sie ein Positiv-Label besitzen. Die Ampel hingegen vergleicht,
trennt Schädlicheres von Unschädlicherem, hilft somit, klimafreundlicher
einzukaufen.
„Die Klimaproblematik ist zwar im derzeitigen politischen Diskurs nicht
mehr so populär wie noch vor wenigen Jahren“, sagt Anke Zühlsdorf,
Lehrbeauftragte für „Empirische Methoden: Marktforschung und
Verbraucherverhalten“ und Leiterin der Studie. „Aber sie gehört natürlich
noch immer zu den zentralen Zukunftsthemen.“
## Einheitliche Labels nicht in Sicht
„Der Label-Dschungel muss entschlackt werden“, sagt Zühlsdorf. „Das ist …
alles sehr intransparent, da blickt kein Konsument mehr durch. Und
Bürgerakzeptanz ist wichtig, Vertrauen, Glaubwürdigkeit.“ Das gehe nicht
„ohne vernünftige Kontrollmechanismen, die dann auch durchgesetzt werden“.
Das Label allein sei allerdings kein Gamechanger: „Es muss einen sinnvollen
Mix verschiedener Elemente geben, um größere Veränderungen zu erzielen.“
Das reiche von der Preisgestaltung bis zu Bildungsmaßnahmen, die
„allerdings leider oft nicht die problematischen Zielgruppen erreichen“.
Wichtig sei zudem, dass es keine produktbezogene Werbung mit
Klimaneutralität mehr gebe. Das Ampel-Label könnte wie die Farb- und
Buchstaben-Nährwertkennzeichnung Nutri-score aussehen. „Viele
VerbraucherInnen könnten kaum sagen, welche Lebensmittel besonders
klimaschädlich sind, welche klimafreundlicher“, so Zühlsdorf.
Ob und wann es ein einheitliches Label geben wird, ist offen. „Viele in der
Politik werden aktiv“, sagt Zühlsdorf. „Und viele Unternehmen beschäftigen
sich sehr ernsthaft mit diesem Thema. Aber es gibt eben auch viele, für die
ist das nur ein [6][Marketinginstrument]. Und all jene, die sich wirklich
bemühen, leiden drunter.“ Zühlsdorf plädiert für ein verpflichtendes Labe…
„Wenn eine Branche Wandel auf der Basis von Freiwilligkeit verspricht, ist
das Ergebnis ja oft mager.“
Klar ist: Wir müssen klimabewusster werden, auch beim Essen. Über ein
Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen haben ihre Ursache in unserer
Ernährung.
Käme das Label, wären viele Details zu klären: Welche Produkte würde es
erfassen? Wäre es staatlich oder nicht? Auf welcher Basis zöge es
Vergleiche?
Viel zu tun also. Und was, wenn Zühlsdorf im Supermarkt einkaufen geht?
Lässt sich ein wissenschaftlicher Blick ganz abstellen? „Nein“, sagt sie,
„das geht nicht“, und lacht. „Ich ärgere mich immer, wenn mir was
auffällt.“
7 Apr 2025
## LINKS
[1] /Forscher-ueber-CO-Zertifikate/!5987081
[2] /Label-fuer-angebliche-Klimaneutralitaet/!5897662
[3] /Werbung-mit-klimaneutral-Label/!6016630
[4] https://publications.goettingen-research-online.de/handle/2/145741
[5] /Label-fuer-angebliche-Klimaneutralitaet/!5897662
[6] /Greenwashing-Klagen/!6073350
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
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