Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wahlergebnis der AfD: Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 19…
> Vor der Wahl hieß es, alles unter 20 Prozent sei eine Enttäuschung. Nun
> kommt die AfD knapp auf dieses Ergebnis. Der Wahlkampf lief perfekt.
Bild: Der Protest vor der Wahlparty der AfD ist auch drinnen nicht zu überhör…
Berlin taz | Am Ende blieb der Jubel verhalten: Mit pflichtschuldigem
Applaus statt großem Jubelgeschrei quittierte die AfD-Wahlparty in der
Bundesgeschäftsstelle in Berlin-Reinickendorf die ersten Prognosen. Es ist
mit knapp 20 Prozent das historisch beste Ergebnis der extrem rechten
Partei. Aber die AfD hatte sich noch mehr erhofft, das ist deutlich zu
sehen. Alles unter 20 Prozent sei eine Enttäuschung, hatte es vor der Wahl
geheißen. Rechtsextremist Björn Höcke, der direkt neben Spitzenkandidatin
Alice Weidel stand, sah nach den ersten Zahlen gar unzufrieden aus.
Der Applaus übertönte nur kurz die Sirene der Gegenproteste vor der Tür.
Diese begleitete auch beständig Weidels anschließende Rede. Die
AfD-Kandidatin erhöhte sofort den Druck auf die Union, die eine Koalition
mit der AfD kategorisch ausschließt. Man sei zweitstärkste Kraft geworden,
betonte sie. „Unsere Hand ist immer ausgestreckt: Wir sind bereit, den
Willen des Volkes umzusetzen“, sagte sie und sprach vorsorglich von Betrug
an den Wählern, sollte die Union mit „den Linken“ koalieren.
In den letzten Bundestag war die autoritär-nationalradikale Partei 2021
noch mit rund 10,4 Prozent eingezogen, 2017 erstmals mit knapp 12,6
Prozent. Seither hat sich die Partei deutlich radikalisiert. Im Wahlkampf
trat [1][Spitzenkandidatin Alice Weidel] so [2][radikal wie selten zuvor
auf].
Geschadet hat ihr das nicht. Koalitionsoptionen hat die zwar AfD keine. Das
langfristige Ziel der AfD-Strategen ist aber ohnehin ein anderes: der
Abriss der „Brandmauer“ bis 2029. Dafür will die Partei vor allem die CDU
marginalisieren.
## CDU übernahm ihre Narrative
Im Wahlkampf lief vieles gut für die AfD: Sie instrumentalisierte mehrere
[3][Anschläge von Asylbewerbern oder Menschen mit Migrationshintergrund],
die sie schamlos auf den Rücken der Opfer für ihre rassistische Agenda
ausschlachtete – egal, ob die Fakten tatsächlich in die Erzählung passen
oder man sich [4][diese wie in Magdeburg zurecht lügen musste].
Hinzu kam Hilfe von den reichsten und mächtigsten Männern der Welt: Elon
Musk palaverte mit einer [5][unterwürfigen Weidel] im Twitter-Space
geschichtsrevisionistisch über den [6][angeblichen Linken Adolf Hitler].
Der amerikanische Vize-Präsident [7][JD Vance kritisierte die politische
Isolation der AfD].
Und der Großangriff des russischen Diktators Wladimir Putin bereitete
überhaupt erst den Boden für die Unsicherheit und Wirtschaftskrise, aus der
die AfD ihre jetzige Kraft speist – die [8][guten AfD-Kontakte nach
Russland] haben unter dem Angriffskrieg kaum gelitten.
Als wären all dies nicht genug Wahlkampfgeschenke, hat CDU-Chef Merz,
dessen Christdemokraten eigentlich das wichtigste Bollwerk gegen den
antidemokratischen Umbau sein müssten, in der letzten Legislatur rechte
Diskurse und rassistische Narrative hemmungslos übernommen.
Zuletzt hatte er sogar mit den Stimmen der AfD im Bundestag einen
populistischen Antrag zu Migration durchgebracht – sehr zur Freude der AfD,
die Merz als ihren besten Wahlkämpfer feierte.
## Peinliche TV-Auftritte
Weidels Auftritte in TV-Talkshows waren zu einem großen Teil eine
Aneinanderreihung von peinlichen Momenten und arroganten Lügen. Die mediale
Strategie, Rechtsextreme mit Fakten in Talkshows zu stellen, hat sehr
deutlich nicht funktioniert.
Ohnehin stimmen viele AfD-Wähler*innen mit dem neoliberalen Programm der
Partei gegen ihre eigenen Interessen. Das störte sie offenbar ebenso wenig
wie [9][dubiose, mutmaßlich illegale Großspenden an die Partei].
„Im Moment sind Ressentiments wahlentscheidend“, sagt der Sozialpsychologe
Oliver Decker. „Es geht den vom Autoritarismus angesprochenen Menschen
nicht um Wirtschaftskompetenz, sozialen Ausgleich oder wirtschaftlichen
Aufstieg.“ Decker stellt seit Jahrzehnten in Autoritarismusstudien ein
[10][weitgehend konstantes Potenzial für autoritäre Parteien wie die AfD]
fest. Dieses schöpfe die AfD derzeit sehr weit aus.
## Sozialpsychologe Decker empfiehlt Parteien, sich wieder auf soziale
Themen zu fokussieren
Parteien wie die AfD speisten sich aus dem Wunsch nach Autorität und
Sicherheit. Die zerbrochene Bundesregierung habe das Gegenteil vermittelt.
Hinzu komme, dass substantielle Herausforderungen als Krisen wahrgenommen
würden.
„Hier verfängt die beständige Krisenrhetorik der Rechten, die mit ihren
Parolen von ‚Ausländer raus‘ eine einfache Lösung mit autoritären Mitteln
bieten“, so Decker. Dass die Mitte-Parteien auf das Migrationsthema
aufgesprungen seien, habe die AfD nicht geschwächt, sondern legitimiert.
Decker hält es für möglich, dass politische Entwicklungen wieder vom
Ressentiment wegführten, „sodass andere Themen wieder wichtiger werden als
diese Wut im Bauch“, wie er sagt. Dafür empfiehlt der Sozialpsychologe den
demokratischen Parteien, sich mit ihrer bisherigen Politik auseinander zu
setzen.
SPD, Grünen und Linken rät er, sich auf soziale Themen zu fokussieren. Bei
der AfD geht er hingegen davon aus, dass sie ihr Potenzial annähernd
ausgereizt hat. Für die meisten Menschen sei das eine Frage der politischen
Kultur: Die AfD zu wählen, komme für sie grundsätzlich nicht infrage.
23 Feb 2025
## LINKS
[1] /Rechtsextreme-und-Homosexualitaet/!6065658
[2] /Weidel-zur-AfD-Kanzlerkandidatin-gewaehlt/!6061592
[3] /Nach-Taten-in-Muenchen-und-Aschaffenburg/!6070749
[4] /Anschlag-auf-Weihnachtsmarkt/!6062706
[5] /Weidel-Musk-Talk-auf-X/!6061470
[6] https://www.geschichte-statt-mythen.de/klassische-mythen/linke-nationalsozi…
[7] /Start-der-Muenchner-Sicherheitskonferenz/!6069676
[8] /Die-AfD-und-der-Krieg-in-der-Ukraine/!5844230
[9] /235-Millionen-Euro-Zuwendung/!6067182
[10] https://www.boell.de/de/leipziger-autoritarismus-studie
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwerpunkt AfD
Rechtsextremismus
Autoritarismus
Rechtsruck
GNS
Schwerpunkt AfD
wochentaz
FDP
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Die Linke
Polen
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Friedrich Merz
## ARTIKEL ZUM THEMA
AfD im Bundestag: Keine Schlüsselposition für die Feinde der Demokratie
Die AfD hat mehr Sitze und setzt weiter auf Hetze und Chaos. Der Bundestag
und auch Julia Klöckner müssen entschlossen dagegenhalten.
Rechtsruck in Deutschland: Das Dorf der Unbeugsamen
Ganz Mecklenburg-Vorpommern wählt die AfD … ganz Mecklenburg? Nein! In
einem Dorf gewinnt die SPD die Bundestagswahl. Eine Spurensuche in Kieve.
FDP-Debakel: Liberale auf Sinnsuche – mal wieder
Die Führung der FDP verabschiedet sich nach dem verpassten Einzug in den
Bundestag. Vor einer Fehleranalyse drückt sich Christian Lindner.
AfD mit Rassismus zum Rekord: Sieger der Hetze
Die AfD hat im Osten ein Rekordergebnis erzielt. Die Fraktion im Bundestag
wird damit nicht nur stärker, sondern auch deutlich rechtsextremer.
Wahlergebnisse in Ostdeutschland: Ramelow holt Wahlkreis
In den ostdeutschen Flächenländern hat die AfD mehr als 30 Prozent der
Stimmen bekommen. In Thüringen ging nur ein Direktmandat nicht an sie.
Die Linke: Das Comeback-Wunder
Noch im Herbst glaubte niemand an einen Wiedereinzug ins Parlament. Jetzt
ist die Linke zurück. So hat sie das geschafft.
Wie Polen auf Deutschland schaut: Polen sieht sich als neue Mitte Europas
In Polen weiß man um die deutsche Angst vor Russland, Trump und der
Zukunft. Am Zeitungskiosk kann man das polnische Selbstvertrauen wachsen
sehen.
Wahlkampf im Rückblick: Demos, Tiktok und der große Tabubruch
Der Wahlkampf war kurz, kalt und hart. Auch hinter dem Wahl-Team der taz
liegt eine intensive Zeit. Neun Momente, die uns besonders bewegt haben.
Totalausfall von Friedrich Merz: Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
Bei seiner letzten Wahlkampfrede bezeichnet Friedrich Merz die israelische
Flagge als „Judenfahne“ und verdreht Tatsachen. Es hagelt Kritik.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.