| # taz.de -- Anschlag auf Weihnachtsmarkt: Magdeburg-Täter suchte Kontakt zur A… | |
| > Die AfD instrumentalisiert den Angriff auf den Magdeburger | |
| > Weihnachtsmarkt. Dabei war der Täter ein Partei-Sympathisant – und suchte | |
| > auch Kontakt. | |
| Bild: Trauermarsch mit Schwarz-Rot-Gold: Nach dem Anschlag auf den Magdeburger … | |
| Berlin taz | Erst auf dem [1][Bundesparteitag der AfD in Riesa nutzte | |
| Parteichefin Alice Weidel] den Angriff auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt | |
| wieder für den Wahlkampf, gleich zu Beginn ihrer Rede für die Kandidatur | |
| zur Spitzenkandidatin. Ein „arabischer Attentäter“ habe diese „Wahnsinns… | |
| in Magdeburg“ verübt, rief sie in die Halle. Ein „eingewanderter Mann, der | |
| schon längst nicht mehr in Deutschland hätte sein dürfen“. | |
| Schon kurz nach der Tat am 20. Dezember [2][war Weidel nach Magdeburg | |
| gefahren], hatte eine Kundgebung abgehalten, auf der sie von der Tat eines | |
| Islamisten sprach. Es ist der Tenor der AfD seitdem – die vehement wie | |
| keine andere Partei die Magdeburg-Tat für ihren Wahlkampf | |
| instrumentalisiert. | |
| Dabei übergeht die AfD weiter konsequent, dass sich der festgenommene Täter | |
| Taleb Al Abdulmohsen – ein gebürtiger Saudi-Araber, der seit 2006 in | |
| Deutschland lebte – auf der Social Media Plattform X als Sympathisant der | |
| AfD und von rechtsextremen Influencern offenbarte. | |
| Und nach taz-Informationen soll ein führender Verfassungsschützer in einer | |
| ersten vertraulichen Sondersitzung des Innenausschuss im Bundestag auch von | |
| früheren, direkten Kontaktversuchen von Abdulmohsen an die AfD-Parteijugend | |
| „Junge Alternative“ berichtet und dabei zwei JA-Bundesvorstände konkret | |
| benannt haben. Gleiches tat Abdulmohsen demnach beim früheren AfD-Berater | |
| Erik Ahrens und bei einer rechtsextremen Influencerin, die auch für die AfD | |
| wirbt. | |
| Die Influencerin und einer der JA-Bundesvorstände antworteten auf eine | |
| taz-Anfrage dazu nicht. Der zweite JA-Vorstand bestritt einen direkten | |
| Kontaktversuch von Abdulmohsen. Er habe lediglich gehört, dass Abdulmohsen | |
| verschiedene JA Landesverbände angeschrieben habe, sagte er der taz. Darauf | |
| sei aber seines Wissens nach nicht reagiert worden. Es gebe „viele | |
| Spinner“, welche die JA anschreiben würden. | |
| ## Um Hilfe bei der Anwaltssuche gebeten | |
| Der frühere AfD-Berater Erik Ahrens wiederum berichtet in einem Video | |
| selbst, wie ihn Abdulmohsen vor einem halben Jahr anschrieb und um die | |
| Vermittlung eines Anwalts bat. Er habe tatsächlich zunächst Hilfe angeboten | |
| und eine Bekannte angeschrieben, erklärt Ahrens. Die habe aber nicht | |
| weiterhelfen können und er habe Abdulmohsen dann nicht mehr geantwortet. | |
| Auch er spricht von einem „arabischen Attentäter“, sieht hinter der | |
| Magdeburg-Tat ein „ethnisches Problem“. | |
| Abdulmohsen zeigte seine Sympathien für die AfD offen auf seinem X-Account. | |
| In einem Beitrag hoffte er auf eine Zusammenarbeit mit der AfD: „Wer sonst | |
| bekämpft den Islam in Deutschland?“. Auch teilte er etwa ein Posting von | |
| AfD-Chefin Alice Weidel, in der diese Angela Merkel eine „unkontrollierte | |
| Massenmigration“ vorwirft. Abdulmohsen zog auch selbst über Merkel her: | |
| Diese verdiene die Todesstrafe oder gehöre lebenslänglich in Haft, weil sie | |
| Europa „islamisiert“ habe. Er forderte, Deutschlands Grenzen zu schützen, | |
| um eine „Islamisierung“ zu verhindern. | |
| Zugleich griff Abdulmohsen auch Postings von Elon Musk, der | |
| Szene-Influencerin Naomi Seibt, dem deutschen Querdenken-Aktivisten Marcus | |
| Haintz oder dem Rechtsaußen-Portal Nius auf oder teilte diese. Es sei | |
| „absolut wahr“, dass deutsche „Geiseln“ in ihrem eigenen Land seien, | |
| kommentierte er einen Beitrag von Seibt. An anderer Stelle teilte | |
| Abdulmohsen den Beitrag eines deutschen Nutzers, der über das „Rattenpack | |
| in Richterroben“ herzog oder eines anderen Nutzers, der Deutschland einen | |
| „geheimen Kommunismus“ vorwarf. | |
| ## Zentralrat der Ex-Muslime kritisiert AfD | |
| Auch [3][Mina Ahadi, Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime], warf am | |
| Donnerstag in einem offenen Brief Alice Weidel und der AfD vor, die | |
| Magdeburg-Tat politisch zu instrumentalisieren. „Mit Erschütterung“ habe | |
| sie Weidels Rede in Magdeburg verfolgt, schreibt Ahadi. Die Behauptung, | |
| dass der Täter ein Islamist ist, sei „nicht nur faktisch falsch, sondern | |
| auch zutiefst unanständig“. Dieser sei vielmehr ein Anhänger „ultrarechter | |
| Verschwörungsideologien“, der seine Sympathie für die AfD „deutlich zum | |
| Ausdruck gebracht“ habe, so Ahadi. „Tatsache ist: Der Täter von Magdeburg | |
| war getrieben von Hass, den auch Sie seit Jahren befeuern.“ Die AfD | |
| betreibe den „durchsichtigen Versuch, gesellschaftliche Spaltung für | |
| politischen Profit zu nutzen“. Die Opfer von Magdeburg hätten „Besseres | |
| verdient als Ihre propagandistische Vereinnahmung“. | |
| Der Zentralrat der Ex-Muslime stand selbst im Fokus von Abdulmohsen. Ahadi | |
| beklagt, jahrelang von diesem „schikaniert“ und mit falschen Vorwürfen | |
| überzogen worden zu sein. Gleiches traf auch die Partnergruppe „Säkulare | |
| Flüchtlingshilfe“, die ex-muslimische Geflüchtete in Deutschland betreut – | |
| wie es auch Abdulmohsen nach eigener Auskunft tat. | |
| Hass auf deutsche Behörden | |
| Tatsächlich finden sich viele X-Beiträge von Abdulmohsen, in denen er vor | |
| allem den Islam kritisiert – und [4][die „Säkulare Flüchtlingshilfe“]. … | |
| den Monaten vor der Tat fiel der 50-Jährige zudem mit brachialen | |
| Gewaltandrohungen auf und einem Hass auf deutsche Behörden. Er könne „zu | |
| 100 Prozent versichern, dass es bald Rache geben wird“, schrieb Adulmohsen | |
| etwa. Deutschland werde einen „enormen Preis“ zahlen. Oder er fragte, ob | |
| man ihm eine Schuld geben würde, „wenn ich willkürlich 20 Deutsche töten | |
| würde, weil Deutschland gegen die saudische Opposition vorgeht?“. | |
| All dies wird derzeit von der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg | |
| ausgewertet – für die das Motiv der Tat weiterhin ungeklärt ist. Zudem | |
| findet eine psychologische Begutachtung von Abdulmohsen statt, weil dieser | |
| sich immer wieder wirr äußerte, auch nach seiner Festnahme. [5][Die | |
| Bundesanwaltschaft hatte eine Übernahme des Falls am 23. Dezember deshalb | |
| vorerst abgelehnt], weil es vorerst kein politisches Motiv sah. | |
| ## 105 Behördenvorgänge zu Abdulmohsen | |
| Offen ist auch, ob die Sicherheitsbehörden die vielen Hinweise auf | |
| Abdulmohsen in den Vorjahren nicht hätten ernster nehmen müssen. Auch | |
| darüber will am Donnerstagnachmittag der Innenausschuss des Bundestags in | |
| einer erneuten Sondersitzung beraten. Zuvor hatte das BKA dem Ausschuss | |
| eine Chronologie zu Abdulmohsen vorgelegt, die der taz vorliegt. Demnach | |
| gab es seit April 2013 insgesamt 105 Behördenvorgänge zu Abdulmohsen – mal | |
| waren es Prozesse gegen ihn, mal Anzeigen wegen Verleumdung, Beleidigung | |
| oder Menschenhandels, mal Anzeigen von Abdulmohsen selbst, die er gegen | |
| andere stellte. | |
| Die Vorgänge betrafen Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, | |
| Nordrhein-Westfalen, Berlin und Bayern, auch verschiedene Bundes- und | |
| Sicherheitsbehörden. So hatte Abdulmohsen schon 2013 der Ärztekammer in | |
| Mecklenburg-Vorpommern gedroht, [6][es werde etwas „Schlimmes“ mit | |
| „internationaler Beachtung“ geschehen] und dabei auf einen Anschlag in | |
| Boston kurz zuvor verwiesen. Später drohte er auch anderen Behörden und | |
| sogar seinem eigenen Anwalt. Dazu folgen die offenen Drohungen auf Social | |
| Media – die wiederholt auch saudi-arabische Geheimdienste deutschen | |
| Diensten meldeten. | |
| Im Jahr 2015 kontaktierte Abdulmohsen auch das Kanzleramt und drohte, sich | |
| eine Pistole zu kaufen und zwei Richter zu erschießen, die ihn zuvor | |
| verurteilt hatten. Ein Ermittlungsverfahren dazu wurde eingestellt. Ans | |
| Bundesinnenministerium wiederum schrieb Abdulmohsen Ende 2022, dass er | |
| Nancy Faeser sprechen wolle, er müsse vor „zwei korrupten Organisationen | |
| warnen“. Das Ministerium verwies ihn darauf, dass dafür andere Behörden | |
| zuständig seien. Wenig später schrieb Abdulmohsen erneut ans Ministerium: | |
| „Muss man in Deutschland 20 Leute auf den Straßen von Berlin umbringen um | |
| die Gerechtigkeit zu bekommen?“ Darauf hatte antwortete das Ministerium | |
| nicht mehr. | |
| Die Polizei reagierte auf Abdulmohsens Drohungen wiederum mit drei | |
| Gefährderansprachen: eine bereits im Januar 2014, eine im September 2023 | |
| und eine im Oktober 2024. Bei einer weiteren versuchten Gefährderansprache | |
| im Dezember 2023 war er nicht anzutreffen. Zwei Mal wurde Abdulmohsen auch | |
| von Gerichten verurteilt. All das aber hielt ihn am Ende nicht von seinem | |
| Angriff auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt auf, bei dem sechs Menschen | |
| starben und mehrere hundert verletzt wurden. | |
| 16 Jan 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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