# taz.de -- Einführung einer Milliardärssteuer: Lobbyarbeit gegen Steuergerec… | |
> Eine Milliardärssteuer könnte die Vermögenskonzentration verringern und | |
> dringend nötige finanzielle Mittel mobilisieren. Doch sie wird seit | |
> Jahren blockiert. | |
Bild: Die Besteuerung von Vermögen ab 1 Milliarde Euro beträfe in Deutschland… | |
Das reichste Prozent der deutschen Bevölkerung besitzt 35 Prozent des | |
Vermögens. Das hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) | |
ausgerechnet. Während die Haushaltslage in Deutschland angespannt bleibt | |
und die soziale Ungleichheit im Land wächst, konzentriert sich also ein | |
erheblicher Teil des Wohlstands in den Händen einiger weniger Superreicher. | |
Eine Milliardärssteuer einzuführen, wäre da konsequent. Warum gibt es sie | |
nicht schon längst? | |
Mitte Dezember forderte der Kanzlerkandidat der Grünen, Wirtschaftsminister | |
Robert Habeck, in einem [1][Interview mit der Bild-Zeitung] eine | |
Milliardärssteuer. Die Linke will schon lange „Milliardär:innen abchaffen�… | |
Und auch Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze von der SPD sprach | |
sich im Sommer 2024 für eine globale Milliardärssteuer aus. | |
Die Besteuerung von Vermögen ab 1 Milliarde Euro beträfe in Deutschland 249 | |
Personen. Auf dem G20-Gipfel im September 2024 brachte das Gastgeberland | |
Brasilien dann den Vorschlag einer internationalen Milliardärssteuer | |
von 2 Prozent des Vermögens ein. Einflussreiche Länder wie die USA und | |
Deutschland positionierten sich dagegen. | |
Eine neue, global koordinierte Steuer auf das Vermögen von Superreichen ist | |
deshalb nicht in Aussicht. Im Gegenteil: Kurz nach Donald Trumps | |
Amtsübernahme erklärte dieser den Ausstieg der USA aus dem globalen | |
Mindeststeuerabkommen für Großkonzerne von 2021. Das sollte sicherstellen, | |
dass diese ihre Gewinne weltweit mit mindestens 15 Prozent versteuern, egal | |
wo sie diese erwirtschaften. | |
## Vermögensteuergesetz für verfassungswidrig erklärt | |
Die Idee, hohes Vermögen zu besteuern, ist nicht neu. Bis in die 90er Jahre | |
wurde in Deutschland Vermögen ab 120.000 Mark besteuert. [2][Doch 1995 | |
urteilte das Bundesverfassungsgericht], das Vermögensteuergesetz sei wegen | |
einer veralteten Bewertung von Immobilien verfassungswidrig und müsse | |
aktualisiert werden. Union und FDP blockieren dies seither und so bleibt | |
die Steuer bis heute ausgesetzt. | |
„Superreiche wurden in den letzten Jahrzehnten steuerlich entlastet“, sagt | |
der Steuerexperte Stefan Bach vom DIW. Doch eine Milliardärssteuer sei in | |
absehbarer Zeit nicht umzusetzen. „Sie stößt vor allem auf den massiven | |
Widerstand der Wirtschaftsverbände und der Lobbyisten der Superreichen.“ | |
Dem könnte sich auch eine rot-grüne Regierungsmehrheit nicht entziehen. | |
2024 etwa beleuchtete das [3][ZDF-Magazin „frontal“] die aggressive | |
Lobbyarbeit des Vereins Die Familienunternehmer gegen eine Vermögensteuer | |
oder gegen den Abbau der Firmenprivilegien bei der Erbschaftsteuer. | |
Bernd Raffelhüschen, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität | |
Freiburg, sieht eine Vermögensteuer für Superreiche kritisch. „Das Kapital | |
ist scheu wie ein Reh“, sagt er. Es sei mit Steuerflucht zu rechnen. Zudem | |
sinke die Attraktivität des Standorts Deutschland. Unternehmen würden | |
abwandern und weniger Investitionen getätigt. Der Aufwand sei so groß, dass | |
etwa ein Drittel der Einnahmen allein für die Kosten der Erhebung | |
aufgewandt werden müssten. | |
Dass die Erhebungskosten einen Großteil der Einnahmen beanspruchen, hält | |
Stefan Bach vom DIW für einen Mythos. Nach einer tatsächlich aufwändigen | |
Einführungsphase würden sich die Kosten auf 4 bis 6 Prozent der Einnahmen | |
belaufen, wenn man – anders als bei der alten Vermögensteuer – nur die | |
wenigen wirklich Reichen erfasse. Mittelfristig würden die Erhebungskosten | |
noch geringer ausfallen. Die Herausforderungen der Einführung einer Steuer | |
für Superreiche seien trotzdem nicht zu unterschätzen. „Umso wichtiger sind | |
deswegen internationale Kooperationen, wie es zum Beispiel der Vorschlag | |
Brasiliens vorsah“, sagt Bach. So könnte verhindert werden, dass | |
Milliardäre sich mit ihrem Geld davonmachen. | |
## Vermögensteuer und Bundestagswahl | |
SPD, Grüne, Linke und BSW wollen eine Vermögensteuer – wie und ab welchem | |
Betrag sie greifen soll variiert jedoch. Union, FDP und AfD lehnen jede | |
Form der Vermögensteuer ab. | |
„Angesichts der hiesigen fiskalischen Herausforderungen in den nächsten | |
Jahren dürfen Steuererhöhungen nicht tabu sein“, sagt Stefan Bach. Er denkt | |
an „leistungslose Einkommen, Vermögen und Vermögensübertragungen“. | |
Schließlich werde alles, was man bei den Superreichen nicht erhebt, von den | |
Normalbürgern getragen. „Bei der arbeitenden Mitte sind wir Vizeweltmeister | |
bei den Steuer- und Abgabenbelastungen, wie uns die OECD jedes Jahr | |
eindrucksvoll vorrechnet – bei den Vermögen dagegen Niedrigsteuerland.“ | |
18 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bild.de/politik/inland/bild-exklusiv-habeck-will-milliardaersst… | |
[2] /!1073100/ | |
[3] https://www.youtube.com/watch?v=9wszpgf8KnA | |
## AUTOREN | |
Felicia Frank | |
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