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# taz.de -- Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda: Der Mannschaftsspieler
> Weil die SPD Teil einer Regierungskoalition werden könnte, ist Carsten
> Brosda wieder im Gespräch für einen Posten in Berlin. Was ist das für
> einer?
Bild: Solidarität vom Mediensenator: Brosda spricht im Februar 2023 zu demonst…
Hamburg taz | Es muss Menschen geben, die kennen Carsten Brosda nur mit
Cowboyhut und in texanischen Stiefeln, mitgebracht damals aus dem
Schüleraustausch. Gut – die hat Hamburgs SPD-Kultursenator nicht jedes Mal
angehabt, wenn er sich mit dem Leiter des örtlichen Literaturhauses auf der
Bühne einfand, um sich darüber zu kabbeln, dass und wie sehr [1][die
Lieblingsmusik des jeweils anderen das Allerschlimmste] sei. [2][Ein
bekennender Schlagerfan] ist Moritz, Brosda vertritt Team Country (und
Benachbartes).
„Brosda & Moritz“, gelegentlich auch anzutreffen mit „vs.“ dazwischen:
Einmal im Jahr, und das inzwischen acht Jahre lang, lieferten die beiden
Herren da ein abendliches Unterhaltungsformat zwischen Kulturkritik und
Klamauk ab, das ihnen eine stabile Fangemeinde eingebracht hat. Für die
achte Runde zog man im frühen Februar gerade vom Historischen Festsaal des
Literaturhauses um ins St.-Pauli-Theater am Spielbudenplatz – deutlich
größer, wieder ausverkauft. Das Thema des Abends, „Abschied und Neuanfang�…
hätten seine Töchter gesetzt, so Brosda.
Ein Senator mit Interesse an Popkultur also, bei dem es nicht unverzüglich
wirkt, als müsse er so was halt performen, schließlich ist Hamburg mal eine
Stadt auch der Musikbranchen gewesen. Wer sich niemals zu so einer
Boomer-Runde ins Literaturhaus begäbe, nimmt ihn vielleicht wahr bei der
Eröffnung des alljährlichen Reeperbahn-Musikclub-Festivals. Lange auf
Twitter, inzwischen bei Bluesky kommentiert Brosda unter dem [3][Hashtag
#TruthInSong] mittels Liedtextschnipseln das Tagesgeschehen. Im laufenden
Wahlkampf gab es gleich mehrere Termine, die wie auf Brosda zugeschnitten
waren: ein „DJ Battle“ im ruhmreichen Mojo Club, [4][„Songs und Politik�…
mit Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard.
## Malocher-Brosda
Auch wenn er zu so was mit dem Tablet unterm Arm kommt, nicht mit einem
Koffer voll Vinyl: Brosda ist bekennender Plattenladen-Kunde. Mit den
Machern von „Michelle“ in der Hamburger Innenstadt nahm er sogar selbst
eine Platte auf, gab Konzerte: [5][Zu flächig-dröhnender Instrumentalmusik
rezitiert er da eigene Gedanken]. Von denen scheint der gebürtige
Gelsenkirchener, Jahrgang 1974, manchmal so viele zu haben, dass sie ihn
sogar vom Schlafen abhalten. [6][Vier Bücher], allerdings von sehr
unterschiedlichem Umfang, hat Brosda seit 2019 geschrieben, auch mal
nachts, wenn die Gattin schon schlief. Es sind analytische Befassungen mit
der Pandemie und ihren Folgen, mit dem Parteiengefüge, mit der Freiheit der
Kunst.
Die hat er wiederholt zu verteidigen gesucht sogar noch gegen
Einschränkungen, begründet mit der sogenannt guten Sache – dass er sich
kritisch geäußert hat etwa zur [7][Berliner Antisemitismusklausel] oder der
[8][IHRA-Antisemitismusdefinition]: Das werden manche – auch manche im
Kulturbetrieb – Brosda wohl [9][nicht mehr verzeihen].
Er hatte [10][einen eigenen Gesprächs-Podcast] und ist regelmäßiger Gast in
denen anderer. Mediensenator ist der [11][promovierte Journalist] auch –
noch so eine Branche, mit der sie sich an der Elbe gerne identifizieren,
auch wenn die Bedeutung kontinuierlich kleiner geworden ist, nicht zuletzt
zugunsten von – Berlin. „Wir werden ihn vermissen, sehr“: Das sagte
Literaturhaus-Moritz im November 2021 dem (Berliner) Tagesspiegel. Damals
schien es ausgemacht, dass SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz seinen früheren
Redenschreiber Brosda in die Bundespolitik holen würde, als
Kulturstaatsminister der Ampelkoalition.
Es kam bekanntlich anders, die Ampel ist inzwischen erloschen. Weil aber
die SPD potenzielle Juniorpartnerin einer Koalition ist, [12][taucht der
Name] [13][Brosda seit ein paar Tagen wieder in diesem Zusammenhang auf].
Noch vor der Bundestagswahl [14][führte Die Zeit ein Interview] mit ihm und
seinem Berliner Amtskollegen Joe Chialo (CDU), ganz ausdrücklich unter
Hinweis auf beider Kandidatenrolle. Das Bremer Musikportal „Backstage
Classical“ [15][kommentierte die angebliche Konkurrenz] und gab
„Malocher-Brosda“ den Vorzug gegenüber „Medien-Chialo“.
## Diskrektion kann er
„Wir würden ihn vermissen“: Es darf davon ausgegangen werden, dass auch
2025 die Bestürzung in vielen Hamburger Intendant:innenbüros und an
den Schreibtischen vieler Verantwortung Tragender groß wäre. Nicht, dass
dem auch übers Lokale hinaus als gut vernetzt geltenden Brosda, seit 2020
Präsident des Deutschen Bühnenvereins, alles gelungen wäre. Die deutliche,
nicht zu übersehende [16][Kommentierung des Bismarck-Denkmals] am Hafen
hatte er sich als Projekt zu eigen gemacht – kommen wird sie nicht. Wenn
das eine Niederlage war gegen andere im Senat, eventuell auch in der
Bezirkspolitik, dann hat Brosda selbst das nie so durchscheinen lassen.
Aber vielleicht ist der Schalke-Fan auch einfach ein echter
Mannschaftsspieler? Einen ganz normalen, musikfreien Termin absolvierte er
dieser Tage in Rahlstedt, einem unglamourösen Einzelhaus-Viertel im
Hamburger Osten. Auf Einladung mehrerer SPD-Bürgerschaftsabgeordneter war
Brosda angekündigt mit einer Lesung aus seinem jüngsten Buch [17][„Mehr
Zuversicht wagen“]. Später fragte ein silberschöpfiger Zuschauer nach den
da noch ganz akuten Opern-Querelen – die Vertragsunterzeichnung zwischen
Stadt und Spender Kühne war kurzfristig gecancelt worden, „keine Bewegung
vor den Wahlen“, lautete die Sprachregelung.
Ob das seiner Zuversicht geschadet habe und was nun werde, wollte der
Genosse wissen. Brosda hielt Linie – die Einigung wurde nur Stunden später
bekannt. Diskretion kann er also. Eine Qualifikation ist für
bundespolitische Aufgaben – oder gerade nicht? Ob sie ihn nun am Ende
brauchen im Bund oder doch nicht, einen Termin in Hamburg hat Brosda schon
im Kalender stehen: Ende Juni setzt er sich mit Rainer Moritz nochmal auf
die Freilichtbühne im [18][Stadtpark], mit Hut und Stiefeln, ist anzunehmen
– für die ganz große Ausgabe von Country vs. Schlager.
27 Feb 2025
## LINKS
[1] /Country-versus-Schlager/!5833541
[2] /!1234336
[3] https://bsky.app/search?q=%23truthinsong
[4] https://soeren-schumacher.de/2025/01/27/songs-und-politik-mit-melanie-leonh…
[5] /!5789171
[6] https://hoffmann-und-campe.de/blogs/autoren/carsten-brosda
[7] /Kulturfoerderung-und-Antisemitismus/!5999871
[8] /Antisemitismus-Resolution-des-Bundestags/!6044424
[9] https://www.ruhrbarone.de/wie-ein-kultursenator-den-hass-auf-israel-verklae…
[10] https://www.podcast.de/podcast/868855/mit-wenn-und-aber
[11] https://mediarep.org/server/api/core/bitstreams/53327969-d095-4aa2-b687-61…
[12] /Kulturpolitik-nach-der-Wahl/!6071343
[13] /Kulturpolitik-nach-der-Wahl/!6071343
[14] https://www.zeit.de/2025/08/kulturministerium-kandidaten-joe-chialo-carste…
[15] https://backstageclassical.com/medien-chialo-vs-malocher-brosda/
[16] /Zukunft-des-Hamburger-Bismarck-Denkmals/!5774629
[17] https://www.buschhueter.de/mehr-zuversicht-wagen-lesung-und-diskussion-mit…
[18] /Weitlaeufiges-Gruen-in-der-Stadt/!5036348
## AUTOREN
Alexander Diehl
## TAGS
Hamburg
Kulturpolitik
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Ruhrgebiet
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Carsten Brosda
Bildende Kunst
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Klaus-Michael Kühne
Denkmal
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