# taz.de -- Nach der Sicherheitskonferenz: Expressverbindung von München nach … | |
> Macron lädt Chefs wichtiger europäischer Staaten gleich für Montag zum | |
> Krisengipfel in Paris. Europa sucht Vision für neue Verteidigung. Und | |
> Geld dafür. | |
Bild: Tipp für klamme Regierungschefs: Tickets für den TGV von München nach … | |
München taz | Es ist der Vertreter eines kleinen Staates, der am Sonntag | |
die aktuelle Stimmung in der EU auf den Punkt bringt. „Ich weiß nicht, was | |
in Paris besprochen werden soll“, sagte der Ministerpräsident von | |
Luxemburg, Luc Frieden, am Sonntag [1][auf der Sicherheitskonferenz in | |
München]. Am Montag sollen in Frankreich einige der Staats- und | |
Regierungschefs der EU zusammenkommen, um über das weitere Vorgehen | |
gegenüber der Ukraine zu beraten. Luxemburgs christdemokratischer Premier | |
sagte, dass es wichtig sei, „eine gemeinsame Vision zu haben“. | |
Wie diese Vision aussehen soll, wer daran mitarbeitet und wie sie gegenüber | |
den USA vertreten werden kann, versucht die EU nun im Eiltempo zu klären. | |
Laut französischer Regierung sollten Großbritannien, Deutschland, Polen, | |
Italien, Spanien und Dänemark an dem Treffen in Paris teilnehmen. Große | |
Einigkeit bestand zunächst zumindest in der Rhetorik: Fast wortgleich | |
beschworen EU-Diplomat*innen und Politiker*innen auf der Münchner | |
Sicherheitskonferenz die Stärke und Einigkeit Europas, nun an einem Strang | |
zu ziehen. | |
„Innerhalb von 24 Stunden haben meine europäischen Kollegen einen | |
Sinneswandel durchlebt. Weg von der Illusion, dass die USA Europa | |
verteidigen, hin dazu, dass wir uns selbst mit der Hilfe der USA | |
verteidigen müssen“, sagt die litauische Verteidigungsministerin Dovilė | |
Šakalienė am Samstagabend in München. | |
## Verunsicherung und Besorgnis | |
Die US-Delegation um Vizepräsident JD Vance, Außenminister Marco Rubio und | |
dem Sonderbeauftragten für die Ukraine, Keith Kellogg, haben mit ihren | |
Aussagen auf der Münchener Sicherheitskonferenz nicht nur unter Europäern | |
und anderen Nato-Verbündeten für viel Verunsicherung und Besorgnis gesorgt. | |
Vor allem die bisher unterbreiteten Vorschläge über ein Ende des Kriegs in | |
der Ukraine treffen auch unter amerikanischen Kongressabgeordneten auf viel | |
Skepsis. In den öffentlichen Auftritten und Hintergrundgesprächen wurde | |
dies über die vergangenen Tage deutlich. | |
Der republikanische Senator Lindsey Graham erklärte, dass die westlichen | |
Länder „bescheuert“ wären, sollten sie die Waffenlieferungen a die Ukraine | |
nicht deutlich erhöhen. Die demokratischen Senatoren und Abgeordneten, die | |
ebenfalls in München dabei waren, sind ähnlicher Meinung und fanden | |
deutliche Worte für das Vorgehen der Trump-Regierung während der | |
vergangenen Woche. Zwei US-Senatoren, mit denen die taz gesprochen hatte, | |
bezeichneten ihre Gespräche als „Schadensbegrenzung.“ | |
Auch die kanadische Außenministerin Melanie Joly bestätigte, dass Rubio und | |
andere US-Vertreter in Gesprächen klargemacht hätten, dass die USA | |
weiterhin zur Nato und zur Ukraine stehen würden. Trotzdem ist die | |
Unberechenbarkeit der Trump-Regierung ein Anlass, die Zusammenarbeit mit | |
Europäern weiter auszubauen, erklärte sie. | |
## USA verschickt Fragebogen | |
Die Angst, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, die wächst und | |
wurde bei der Konferenz auch von den USA genährt. Der Ukraine-Beauftragte | |
der USA, Keith Kellogg, [2][sah die europäischen Partner zwar nicht am | |
Verhandlungstisch.] Unterdessen berichtete die Financial Times aber, | |
bereits in der vorherigen Woche habe die US-Regierung eine Art Fragebogen | |
an die europäischen Regierungen geschickt. Darin sollen die Bündnispartner | |
auflisten, welche Waffensysteme sie der Ukraine nach einem Friedensschluss | |
liefern, welche Friedenstruppen sie zur Verfügung stellen und welche | |
Sicherheitsgarantien sie abgeben könnten. Doch was kann Europa finanziell | |
stemmen? | |
Der britische Außenminister David Lammy schwor die europäischen Staaten auf | |
höhere Verteidigungsausgaben ein. „Putin wird nicht gehen, daher müssen wir | |
stärker investieren.“ Großbritannien sei bereit, 2,5 Prozent seiner | |
Wirtschaftsleistung bereitzustellen, und hoffe, dass die EU ihren Anteil | |
auch erhöhe. „Wir investieren lediglich europaweit 0,01 Prozent unserer | |
Wirtschaftsleistung für den Krieg in der Ukraine.“ Mehr müsse möglich sein, | |
forderte er. Dass die 27 EU-Mitglieder eine gemeinsame Linie finden, ist | |
eine Herausforderung. | |
Das Problem: Verteidigung ist auf nationalstaatlicher Ebene geregelt. Zwar | |
will die EU einen eigenen Verteidigungsfonds auflegen, doch wie dieser | |
finanziert werden soll, ist unklar. Auch die Zuständigkeit ist umstritten. | |
Dazu kommt, dass in vielen EU-Ländern das Geld für mehr Verteidigung fehlt. | |
„Wir sprechen seit Jahrzehnten über europäische Verteidigung, doch unsere | |
finanziellen Ressourcen sind begrenzt“, betonte der polnische Außenminister | |
Radosław Sikorski. Dabei müsse Europa sich neu aufstellen. „Unsere | |
Unterstützung wird nicht in Worten, sondern in Geld und Waffenlieferungen | |
gemessen“, sagte er. | |
## Verschuldung über Eurobonds? | |
Neben der Möglichkeit, dass die Länder mehr aus ihren Haushaltsbudgets für | |
Verteidigung ausgeben, gäbe es auch weitere Finanzierungsmöglichkeiten, wie | |
Eurobonds. Doch neue Gemeinschaftsschulden sind für viele Mitgliedstaaten | |
keine Option – allen voran Deutschland. Die Bundesregierung beharrt darauf, | |
dass die EU-Schulden im Rahmen der Coronapandemie eine Ausnahme bleiben | |
sollen. | |
Eine weitere Möglichkeit, die Sikorski ansprach, waren Gelder aus | |
eingefrorenen russischen Zentralbankreserven. Die 200 Milliarden Euro | |
werfen jährlich mehrere Milliarden Euro an Anlage- und Zinsgewinnen ab. | |
Geld, das in die European Peace Facility fließen soll. Daraus werden | |
bereits Waffenlieferungen für die Ukraine finanziert. Ungarn blockiere | |
jedoch diesen Finanzierungsweg, „vielleicht kann General Kellogg es | |
überzeugen“, hofft Sikorski in München. | |
Doch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen [3][machte bei ihrer | |
Eröffnungsrede in München deutlich], dass Brüssel den Mitgliedstaaten bei | |
der Frage der Finanzierung von Rüstungsprojekten gerne die Sorgen nehmen | |
würde. Die CDU-Politikerin brachte ins Spiel, Verteidigungsausgaben von den | |
europäischen Schuldenregeln auszunehmen. Auch Deutschland als | |
traditioneller Verfechter einer strengen Fiskalpolitik steht hinter diesem | |
Kurs. Olaf Scholz (SPD) schlug in seiner Rede vor, bei | |
Verteidigungsausgaben „Ausnahmen beim Stabilitätsmechanismus einzuführen“. | |
In Deutschland wird dabei immer klarer, dass nach den Bundestagswahlen die | |
Schuldenbremse in ihrer aktuellen Form keine Zukunft hat. So gab auch | |
CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz auf der Sicherheitskonferenz unumwunden | |
zu, dass unklar sei, woher er das Geld nehmen wolle, wenn er über eine | |
deutliche Steigerung des deutschen Verteidigungsbudgets jenseits der zwei | |
Prozent vom Bruttoinlandsprodukt spreche. „Die Frage ist noch offen. Ich | |
bin offen über Diskussionen über Ressourcen“, so der Unionschef. | |
16 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Cem-Odos Güler | |
Anastasia Zejneli | |
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