# taz.de -- Nato-Treffen der Ostsee-Anrainer: Das Meer vor Putin schützen | |
> Schrottschiffe sollen im Auftrag Russlands in der Ostsee verkehren und | |
> vermehrt Unterseekabel zerstören. Die Nato will nun Schiffe und Flugzeuge | |
> entsenden. | |
Bild: Der russischen Schattenflotte auf der Spur: Einsatz der estnischen Marine… | |
Helsinki taz | Finnland hatte landestypisch aufgetafelt. Das Menü beim | |
Treffen der Ostsee-Anrainer-Länder bestand aus cremiger Schwarzwurzelsuppe, | |
geröstetem Saibling und Moltebeerenpudding. Es war das erste Nato-Treffen | |
beim Neumitglied, die Gäste sollten sich wohlfühlen. Der Anlass des | |
Treffens war weniger angenehm: In den vergangenen Wochen [1][wurden immer | |
wieder Unterseekabel absichtlich beschädigt.] Alle Indizien weisen auf den | |
neunten Anrainerstaat hin, der beim Treffen nicht eingeladen war: Russland | |
und dessen Schattenflotte. | |
Der Begriff „Schattenflotte“ steht für schrottreife Tanker, die wie die | |
Eagle S etwa unter Flagge der Cookinseln fahren und für Russland Öl | |
transportieren. Dabei sollen sie aber auch das eine oder andere | |
Unterseekabel mit ihren Ankerketten mitnehmen und durchtrennen. Der EU sind | |
79 solcher Schiffe in der Ostsee bekannt. Nach den Vorfällen [2][am ersten | |
Weihnachtsfeiertag], als mehrere Kabel, darunter Strom- und Glasfaserkabel, | |
zwischen Finnland und Estland gekappt wurden (vermutlich von der Eagle S), | |
rief Finnlands Präsident Alexander Stubb die anderen Partner zum Treffen in | |
Helsinki zusammen. | |
Dort einigten sich die acht Anrainerstaaten Deutschland, Dänemark, Estland, | |
Finnland, Lettland, Litauen, Polen und Schweden am Dienstag darauf, die | |
„Angriffe“ mit einer „robusten und entschlossenen“ Antwort zu parieren,… | |
es in der Abschlusserklärung heißt. Die Nato will ihre Präsenz in der | |
Ostsee deutlich verstärken und mehrere Schiffe sowie Flugzeuge entsenden, | |
wie der ebenfalls geladene Generalsekretär Mark Rutte bekräftigte. | |
Nato-Fahrzeuge sollen nun die unterseeische Infrastruktur im Auge behalten | |
und schützen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll die | |
Mission namens „Baltic Sentry“ insgesamt etwa zehn Schiffe umfassen. | |
Estland lässt bereits ein Marineschiff im Finnischen Meerbusen | |
patrouillieren. Auch Deutschland will sich beteiligen, die Rede ist von | |
einem Schiff und einem Flugzeug. Die staatlichen Patrouillen sollen auch | |
verstärkt mit privaten Reedereien zusammenarbeiten, etwa um Informationen | |
auszutauschen. | |
## Drohnenflotte zur Überwachung | |
Geplant ist auch die Aufstellung einer Drohnenflotte zur Überwachung. Dazu | |
soll das Verteidigungsministerium eine gemeinsame Tagung mit der | |
Rüstungswirtschaft einberufen. | |
Bundeskanzler Olaf Scholz sprach sich auch dafür aus, juristisch gegen | |
Schiffe vorzugehen, die Zerstörung verursachten. Man müsse die | |
Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Dafür soll eine Arbeitsgruppe | |
gegründet werden, die die Rechtslage analysiert. „Diese kritischen | |
Infrastrukturen sind von allergrößter Wichtigkeit für die Sicherheit | |
unserer Länder“, so Scholz. Deshalb müsse man alles dafür tun, sie zu | |
sichern. | |
Klar ist aber auch: Lückenlos überwachen lässt sich das Meer nicht. | |
Russland wird offiziell zwar nicht explizit als Schuldiger benannt – die | |
Rede ist in der Abschlusserklärung von „bösartigen Akteuren“. Doch | |
eigentlich sind sich alle einig, dass Russland für die Sabotageakte | |
verantwortlich ist. Man müsse davon ausgehen, dass die Unfälle Teil einer | |
hybriden Strategie seien und russische Aktivitäten hinter all diesen | |
Ereignissen zu stehen scheinen, so Olaf Scholz. | |
Auch Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen ist überzeugt: So | |
versuche Russland seinen Krieg in der EU fortzusetzen. Sie begrüßte | |
ausdrücklich die Präsenz der Nato in der Ostsee. „Wir sind sehr happy“. | |
Litauens Präsident Gitanas Nauseda sprach sich zudem dafür aus, die | |
Sanktionen gegen Russland zu verschärfen. Die Präsenz der Schattenflotte | |
zeigte, dass diese nicht wirkten. | |
Gastgeber Stubb und Michal nannten das Treffen in Helsinki abschließend | |
einen Erfolg, was man nicht zuletzt an der „robusten gemeinsamen Erklärung“ | |
sehen könne. Der Begriff „robust“ fiel an diesem Tag immer wieder, man will | |
Stärke und Entschlossenheit demonstrieren. | |
„Wir versuchen immer mindestens einen Schritt voraus zu sein“, sagte Stubb. | |
„Manchmal wird uns das nicht gelingen, und dann reagieren wir hoffentlich | |
so wie am 25. Dezember.“ Damit bezieht er sich auf Finnlands allgemein als | |
entschlossen und stark bewertete Reaktion am ersten Weihnachtstag: Die | |
Eagle S sei schnell als infrage kommender Verursacher mehrerer Kabelbrüche | |
identifiziert und sofort zum Halt aufgefordert worden. „Der Schaden wäre | |
noch viel größer geworden, wäre sie nur zwölf Minuten weitergefahren“, | |
sagte Stubb. | |
„Wir haben die Möglichkeit, zu handeln“ | |
In einem bisher nie dagewesenen Vorgehen wurde der Tanker aufgefordert, | |
sich in finnische Gewässer zu begeben, wo finnische Behörden ihn dann | |
betraten und schließlich für Ermittlungen konfiszierten. „Vor einem Jahr | |
kam ein Schiff in ähnlicher Situation noch davon, im November wurde ein | |
weiteres schon mal von Behörden betreten, im Dezember wurde dieses nun | |
konfisziert“, sagte Stubb, um die Entwicklung zu zeigen. „Wir haben die | |
Möglichkeit, zu handeln.“ | |
Ein Schritt-für-Schritt-Report über die finnische Vorgehensweise werde den | |
anderen Anrainern bald geliefert. Die Reaktion sei natürlich jeweils | |
nationale Angelegenheit, betonte Stubb. Der estnische Regierungschef | |
[3][Kristen Michal] sieht das finnische Vorgehen im Fall Eagle S jedenfalls | |
als Maßstab für die Zukunft, wie er auf der Abschluss-Pressekonferenz | |
betonte. | |
Das abschließende Mittagessen ließ Deutschlands Vertreter Scholz dann | |
sausen. Der Kanzler wurde als Wahlkämpfer in Chemnitz erwartet. Sein | |
außenpolitischer Berater vertrat ihn. | |
14 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
Anne Diekhoff | |
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