# taz.de -- Rechte Hegemonie in den sozialen Medien: Ich will sehen, wofür ihr… | |
> Täglich ist auf Social Media nur noch die Rede von Hitlergrüßen, Trump | |
> und AfD. Es braucht wieder mehr bejahende und empowernde Inhalte. | |
Bild: Lasst uns die Welt für alle Menschen besser machen | |
So viel [1][Hitlergruß] war lange nicht: Ich hole das Telefon aus der | |
Tasche, weil ich nach einem Quiche-Rezept suche. Doch egal welche App ich | |
öffne, auf welche Website ich gehe: Überall streckt mir Musk den Arm | |
entgegen. Ich hab’s gesehen. Ich habe auch mitbekommen, [2][dass Weidel | |
Hitler einen Kommi genannt hat], und diese Abschiebe-Flugtickets habe ich | |
auch gesehen. Die Inhalte, die mir reingespült werden, egal ob von | |
klassischen Medien oder in sozialen Netzwerken, sind hauptsächlich rechte. | |
Mein Feed besteht aus AfD, dazwischen mehr als genug Trump, eine große | |
Portion Merz und eine Prise FPÖ. Das ist das Gegenteil von Quiche. | |
Ich bekomme diese Informationen aus den richtigen Gründen: Weil Menschen | |
Informations- und Aufklärungsarbeit leisten, Gefahren aufzeigen, weil sie | |
widersprechen und sich widersetzen, recherchieren und dokumentieren, damit | |
niemand sagen kann, sie hätten von nichts gewusst. Wer gegen den Faschismus | |
kämpft, darf vor ihm nicht die Augen verschließen. Wir rufen uns | |
gegenseitig zu „Schaut hin“ und wir schauen hin. Dabei verlieren wir aber | |
einiges aus dem Blick: | |
Wir leben noch. Wir sind noch da. [3][Noch haben die uns nicht deportiert]. | |
Und trotzdem werden wir unsichtbar. Ich sehe immer weniger bejahende oder | |
empowernde Inhalte von Feminist*innen, Queers, PoC und behinderten | |
Menschen. Ich lese weniger zu Fragen von sozialer Gerechtigkeit, Ökologie | |
und Diversität. Dass viele (mich eingeschlossen) ihre Prioritäten | |
verschoben haben, ist politisch notwendig. Ich habe in dieser Kolumne oft | |
an die Diversity-Bubble appelliert, sich auch außerhalb von | |
Identitätspolitik zu engagieren und bin positiv überrascht davon, wie viele | |
das inzwischen tun. | |
Doch viele haben sich auch aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Einige | |
sicherlich aus Angst und wegen der Einschüchterung von rechts. Und andere, | |
die nicht mehr wissen, was sie sagen sollen. Die denken, dass ihre Anliegen | |
nun unwichtig sind. Doch ich will wissen, was ihr zu sagen habt und ihr | |
habt immer noch das Recht, für ein besseres Leben zu kämpfen. Es muss immer | |
Raum sein für Pride und Black Girl Magic! | |
## Afrolocken-Routine und Marx-Lesekreis | |
Es gibt viel zu verlieren. Einiges ist schon verloren. Aber ich möchte das, | |
was noch da ist, nicht übersehen. Gebt mir Einblick in eure | |
Gewerkschaftsarbeit, zeigt mir eure Afrolocken-Routine, erzählt meinetwegen | |
von eurem Marx-Lesekreis. Ich will euch gendern hören. Aber vor allem | |
möchte ich gerade jetzt viele verschiedene Ideen hören, [4][wie wir diese | |
Welt für alle Menschen besser machen können]. Im Großen wie im Kleinen. | |
Denn unsere Ansprüche runterschrauben, Sehnsüchte verdrängen und Ideale in | |
Kompromissen und Wahltaktiken untergehen zu lassen, das ist Teil des | |
Rechtsrucks. | |
Ich sehe, was uns bedroht. Aber ich sehe nicht mehr, was uns ausmacht, und | |
inzwischen bin ich an dem Punkt, dass ich dringend daran erinnert werden | |
muss, [5][wofür es sich zu kämpfen lohnt]. Ich brauche mehr Rot. Grün. | |
Bunt. Mehr linke Themenvielfalt, Diskurs und Subkultur. Ich weiß, wogegen | |
ihr seid. Ich will sehen, wofür ihr brennt. Denn genauso wichtig, wie | |
rechten Positionen zu widersprechen, ist es, linke Positionen zu finden, | |
denen man zustimmen kann. | |
Ich brauche keine Informationen mehr darüber, wen ich nicht wählen soll. | |
Aber ich nehme jedes Argument, damit ich mit möglichst gutem Gefühl am 23. | |
Februar einer Partei meine Stimme geben kann. Und andere überzeugen, das | |
auch zu tun! | |
23 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Simone Dede Ayivi | |
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