| # taz.de -- Appell an Nichtwähler:innen: Rafft euch! | |
| > Nicht-Wählen als revolutionärer Akt ist peinlich. Gerade weil diejenigen, | |
| > die unter rechten Parteien am meisten zu leiden haben, kein Wahlrecht | |
| > haben. | |
| Bild: Die Qual der Wahl und das Privileg der Verweigernden- wer nicht wählen w… | |
| Linke, die erklären, dass sie nicht wählen werden. Zum Glück habe ich in | |
| den letzten Wochen erst wenige Statements dieser Art gehört. Doch langsam | |
| tröpfeln die ersten ein und wie sagen wir so schön: „Wehret den Anfängen�… | |
| Sätze wie „Ich wähle nicht, denn ich kann nicht mehr in den Spiegel gucken, | |
| wenn ich einer von diesen Parteien meine Stimme gebe“, sind für mich | |
| absolut nicht nachvollziehbar. Wie narzisstisch muss man sein, um | |
| angesichts des drohenden Faschismus zuerst an sein Spiegelbild zu denken? | |
| Klar ist mir meine Stimme wichtig. Die gebe ich nicht einfach so an | |
| irgendeine Partei ab. Wählen ist auch keine Pflicht, aber [1][Wählen-Dürfen | |
| ist ein Privileg], und ich kann und will über jede Person die Augen rollen, | |
| die es nicht nutzt. | |
| Nicht-Wählen als revolutionärer Akt ist einfach peinlich. Gerade weil | |
| diejenigen, die unter dem Erstarken rechter Parteien am meisten zu leiden | |
| haben, gar kein Wahlrecht haben: So viele Menschen, die hier leben, | |
| arbeiten und das Land mit prägen, haben nicht das Recht, mitzuentscheiden, | |
| wer sie regiert, weil sie nicht den richtigen Pass haben. | |
| Und Kinder und Jugendliche, die von den Entscheidungen, die wir jetzt | |
| [2][für diesen Planeten] treffen noch wesentlich länger betroffen sind, | |
| auch nicht. Die Menschen, auf deren Köpfen und Rücken dieser rassistische | |
| Wahlkampf ausgetragen wird, dürfen nicht wählen. Aber irgendein Malte in | |
| Friedrichshain denkt, dass er linken Parteien einen Denkzettel verpassen | |
| kann, weil keines der Angebote auf ihn zugeschnitten ist. Er will abgeholt | |
| werden. | |
| ## Macht keinen Spaß, aber ist lebensverlängernd | |
| Nun gibt es sehr gute Gründe, keine Partei mit vollster Überzeugung zu | |
| unterstützen. Für viele ist der Gang ins Wahllokal eher ein Walk of Shame | |
| als eine Parade. Für mich ist es wie Joggen. Macht keinen Spaß, aber unter | |
| Umständen lebensverlängernd. Ich verstehe, wenn Menschen sagen, ich kann | |
| nicht ohne Bauchschmerzen die Linke wählen wegen ihrer Außenpolitik. Oder | |
| die Grünen wegen ihrer Migrationspolitik. Und die SPD wegen der SPD. Aber | |
| wenn ihr das nicht wollt, wollt ihr erst Recht nicht mehr Prozente für CDU | |
| und AfD. | |
| Wer das wirklich nicht über sich bringen kann, kann ja auch drüber | |
| nachdenken, im Namen einer anderen Person zu wählen. Ich erinnere mich an | |
| Aktionen, bei denen Menschen, die nicht wählen wollten, Menschen gefragt | |
| haben, die nicht wählen durften und dann in deren Sinne ihre Stimme | |
| abgegeben haben. | |
| Dieser Wahlkampf ist ermüdend und die Hetze gegen Minderheiten, besonders | |
| gegenüber PoC, Migrant*innen und Menschen mit Migrationshintergrund, ist | |
| kaum zu ertragen. Ich will, dass dieser Wahlkampf aufhört – aber ich habe | |
| große Angst vor dem, was aus ihm folgt, „gelernt wird“ und danach kommt. | |
| Sollten Menschen diesen Text lesen, die aus Bequemlichkeit oder Gewohnheit | |
| ihr Wahlrecht verfallen lassen: Rafft euch! | |
| In [3][meiner letzten Kolumne] habe ich mir mehr Sichtbarkeit für linke | |
| Themen gewünscht. Das gilt auch für sogenannte „innerlinke Debatten“. Fü… | |
| sie und stellt Forderungen an die Parteien. Aber lasst sie um eure Stimmen | |
| kämpfen und nicht darum, ob sie euch überhaupt an die Urne bekommen. Und | |
| vor allem: Nehmt sie in die Verantwortung, wenn sie gewählt wurden. | |
| Erinnert sie auch gern dran, dass sie eure Stimmen aus antifaschistischer | |
| Not heraus bekommen haben und nicht aus vollster Überzeugung und fordert | |
| sie auf, entsprechende Politik zu machen. | |
| 6 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Simone Dede Ayivi | |
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