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# taz.de -- NS-Raubkunst: Bundeskabinett billigt Reform zu Rückgabeverfahren
> Ein Schiedsgericht soll künftig die Restitution von NS-Raubkunst
> erleichtern. Experten und Nachfahren von NS-Opfern haben Zweifel an dem
> Verfahren.
Bild: Provenienzforschung NS Raubkunst im Brandenburgischen Landesarchiv
BERLIN taz | In Deutschland stehen bald Entscheidungen über den Besitz
bedeutender Kunstwerke an. Darunter: [1][eine Skulptur und ein Gemälde von
Picasso sowie zwei Bilder von Paul Klee]. Vor etwa 80 Jahren verloren
jüdische Besitzer diese Werke. Wurden sie von den Nazis gestohlen, wie
geschätzt 600.000 Kunstwerke im deutschen Machtbereich während des
Nationalsozialismus? Oder verkauften die jüdischen Besitzer sie rechtmäßig?
Die Antwort erfolgt in jedem Fall reichlich spät. Und schon jetzt ist
strittig, ob das Verfahren die Nachfahren der Opfer angemessen
berücksichtigt. In jedem Fall: Die Neureglung zur Restitution von
NS-Raubkunst in öffentlichem Besitz kann in Kraft treten.
Das Bundeskabinett stimmte am Mittwoch der Einrichtung eines entsprechenden
Schiedsgerichts zu. Weil es sich um ein Abkommen zwischen Bund, Ländern und
Kommunen handelt, ist eine Zustimmung der Parlamente nicht notwendig.
[2][Ein erst am Dienstag veröffentlichter offener Brief] von etwa 100
Historikern, Rechtsanwälten und Nachkommen verfolgter Jüdinnen und Juden
blieb ungehört.
Staatsministerin Claudia Roth (Grüne), [3][deren Haus die Gespräche
zwischen Bund, Ländern und Kommunen über die Reform initiiert hatte],
begrüßte die Einrichtung des Schiedsgerichts. „Wir erleichtern die Rückgabe
von NS-Raubgut“, erklärte sie. Deutschland werde „seiner historischen
Verantwortung besser gerecht“.
Die Reform beendet die Arbeit der Beratenden Kommission, die bisher in 24
Fällen entschied. Freilich nicht in anderen, denn bisher galt, dass alle
Parteien einer Anrufung zustimmen mussten. Verweigerte dies ein Museum,
blieb auch ein Urteil aus. Das betraf auch die eingangs erwähnten
Kunstwerke, die sich im Besitz des Freistaats Bayern befinden. Einer
Entscheidung durch das Schiedsgericht will man sich in München aber nicht
verschließen. Überhaupt sieht die Reform vor, dass ein Urteil über
Besitzansprüche auch gegen den Willen einer Partei erfolgen kann.
## Nachfahren von NS-Opfern schreiben Brief an Scholz
Genau das bezweifeln die Experten und Nachfahren von NS-Opfern in ihrem
Brief an Scholz. „Die Behauptung, die Opfer würden gestärkt werden,
entspricht nicht der Wahrheit“, heißt es darin. Insbesondere kommunale
Kultureinrichtungen hätten sich bisher nicht zu dem
Schiedsgerichtsverfahren bekannt – und ob sie sich in Zukunft an das neue
Verfahren halten werden, ist nicht klar.
Zudem beklagen die Kritiker, dass „ganze Opfergruppen wie verfolgte
Kunsthändler“, die unter dem Druck der Verfolgung Kunstwerke verkaufen
mussten, diese „nicht mehr zurückerhalten“. Auch für Verfolgte, die
Kulturgut im Exil verkaufen mussten, gebe es künftig „nur noch einen sehr
eingeschränkten Anspruch auf Restitution“.
8 Jan 2025
## LINKS
[1] /Rueckgabe-von-Kunst-aus-der-Nazizeit/!6059082
[2] https://www.ndr.de/kultur/kunst/Offener-Brief-gegen-Schiedsgerichtverfahren…
[3] /Politik-zu-NS-Raubkunst/!6024791
## AUTOREN
Klaus Hillenbrand
## TAGS
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Claudia Roth
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