# taz.de -- Debatte um Restitution: Forschungen im Kunsthandel | |
> Zwei Gemälde von George Grosz können in der Kunsthalle Bremen bleiben: | |
> Eine Kommission entschied gegen die Ansprüche der Erben. | |
Bild: George Grosz, „Stillleben mit Okarina“, 1931, Öl auf Leinwand, 1972 … | |
Die Erben von George Grosz sind mit ihrem Begehren nach einer Restitution | |
zweier Gemälde gescheitert. Die bei strittigen Fällen von mutmaßlicher | |
Nazi-Raubkunst im öffentlichen Besitz zuständige Beratende Kommission | |
empfahl einstimmig, dass die Gemälde „Pompe Funèbre“ und „Stillleben mit | |
Okarina, Fisch und Muschel“ von George Grosz, die von der Stadt Bremen | |
erworben wurden und dort in der Kunsthalle ausgestellt sind, im Besitz der | |
Stadt Bremen verbleiben können. Das wurde am Mittwoch bekannt. | |
Die Kommission bezweifelte nicht, dass [1][George Grosz als scharfer Gegner | |
des Nationalsozialismus] politisch verfolgt wurde. Der eingeschriebene | |
Kommunist, Dadaist und Gegner jeglichen Spießbürgertums emigrierte schon im | |
Januar 1933 nach New York und wurde US-amerikanischer Staatsbürger. Erst | |
kurz vor seinem Tod kehrte er 1959 nach Deutschland zurück. Ebenfalls | |
unstrittig ist die Verfolgung des jüdischen Kunsthändlers Alfred | |
Flechtheim. Flechtheim vertrat lange Zeit Grosz’ künstlerisches Werk. Er | |
musste 1933 über die Schweiz nach Großbritannien auswandern und verstarb | |
1937 in London. | |
Dennoch urteilte die Kommission, dass ein Anspruch auf eine Rückgabe der | |
beiden Gemälde durch die Grosz-Erben nicht besteht. Sie kam zu der | |
Überzeugung, dass die Bilder schon vor deren Verkauf in den Besitz von | |
Flechtheim übergegangen waren. | |
Als Flechtheim 1931 die Kooperation mit Grosz beendete, schuldete der | |
Künstler seinem Händler schon lange die erhebliche Summe von 16.000 | |
Reichsmark, die er auch später nicht beglich, so die Expertise der | |
Kommission. Als Beleg führte die Kommission ein Schreiben Flechtheims an | |
Grosz vom 15. April 1934 an, in dem er die ihm „als Sicherheit | |
übereigneten“ Gemälde erwähnte. | |
Das Bild „Pompe Funèbre“ geriet nach dem Tod Flechtheims in die | |
Niederlande, wo es im Februar 1938 als Teil seines Nachlasses versteigert | |
worden ist. Unklar blieb dagegen nach Angaben der Beratenden Kommission die | |
Provenienz des zweiten Bildes. Es gebe „keine Hinweise auf einen | |
NS-verfolgungsbedingten Verlust“, schreibt die Kommission. | |
Die Empfehlungen der Beratenden Kommission haben keine Rechtskraft, dennoch | |
haben sich die Verfahrensbeteiligten bisher an ihnen orientiert. Seit 2003 | |
hat die Institution allerdings nur in gut 20 Fällen entschieden, ob ein | |
Kunstwerk jüdischen Verfolgten unter den Nazis geraubt worden ist oder | |
nicht. Die Kommission unter Vorsitz des ehemaligen Präsidenten des | |
Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, ist vonseiten einiger | |
Bundesländer viel dafür gescholten worden, weil sie angeblich bei ihren | |
Entscheidungen zu stark der Seite der einstmals Verfolgten zuneigen würde. | |
Die Entscheidung in Sachen George Grosz dürfte eine der letzten durch die | |
Kommission sein. Bund, Länder und Kommunalvertreter haben sich Anfang | |
Oktober auf Initiative von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) | |
darauf verständigt, [2][dass künftig ein Schiedsgericht] bei solchen Fällen | |
entscheidet. Dieses soll mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden und | |
insbesondere auch dann tätig werden können, wenn eine der streitenden | |
Seiten dies nicht wünscht. | |
30 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Klaus Hillenbrand | |
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