| # taz.de -- Umgang mit NS-Raubkunst: Wem gehört dieser Picasso wirklich? | |
| > Bund, Länder und Kommunen haben sich geeinigt: Museen dürfen nicht mehr | |
| > blockieren, dass geprüft wird, ob ihre Kunstwerke NS-Raubkunst sind. | |
| Bild: Ausschnitt aus Picassos „Madame Soler“ | |
| Die Nachfahren von Nazi-Opfern erhalten bessere Möglichkeiten für die | |
| Restitution gestohlener Kunstwerke aus dem Familienbesitz. Darauf einigten | |
| sich am Mittwoch nach jahrelangen Debatten der Bund, die Länder und die | |
| kommunalen Spitzenverbände. Der Zentralrat der Juden begrüßte die | |
| Neuregelung. | |
| Kernpunkt der Reform ist die Einrichtung eines Schiedsgerichts, das künftig | |
| darüber entscheidet, ob ein im Besitz der öffentlichen Hand befindliches | |
| Kunstwerk den Nachfahren zurückgegeben wird. Dieses Gremium löst die | |
| bisherige Beratende Kommission ab. Diese litt unter dem Geburtsfehler, dass | |
| sie nur dann tätig werden konnte, wenn alle Beteiligten dem Verfahren | |
| zustimmten. Es war also möglich, dass eine öffentliche Einrichtung wie ein | |
| Museum mit der Behauptung, das betreffende Kunstwerk sei kein NS-Raubgut, | |
| dafür sorgte, dass eine Untersuchung dieser Frage nicht stattfand. | |
| Tatsächlich konnte die Kommission in den 21 Jahren ihrer Existenz nur in | |
| gut 20 Fällen über die [1][Restitution von NS-Raubkunst] entscheiden. | |
| Die Neuregelung stärkt die Position der Nachfahren von NS-Opfern in solchen | |
| Streitfällen. „Damit wird die Rückgabe von NS-Raubgut verbessert, | |
| vereinfacht und beschleunigt“, [2][erklärte dazu Kulturstaatsministerin | |
| Claudia Roth (Grüne), deren Haus die Verhandlungen für den Bund führte.] | |
| Der hessische Minister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur | |
| Timon Gremmels (SPD) sagte, die Rückgabe von NS-Raubkunst sei nicht nur | |
| eine Frage der Gerechtigkeit. „Für ein demokratisches Deutschland ist sie | |
| auch ein unabdingbarer Schritt zur Aufarbeitung der eigenen Geschichte.“ | |
| Nach Schätzungen wurden Jüdinnen und Juden in der NS-Zeit etwa 600.000 | |
| Kunstwerke entzogen. In vielen Fällen mussten die Verfolgten diese Stücke | |
| zu einem Spottpreis verkaufen, um mit dem Geld ihre Ausreise und die damit | |
| verbundenen horrenden Reichsfluchtsteuern zu bezahlen. Das Eigentum von | |
| Deportierten fiel den NS-Staat automatisch zu. In anderen Fällen bedienten | |
| sich NS-Größen aus privaten Sammlungen, ohne dafür zu bezahlen. | |
| ## Keine Lösung für Raubkunst im Privatbesitz | |
| Die Washingtoner Erklärung zur Regelung der Restitution von NS-Raubkunst, | |
| die auch von der Bundesrepublik unterzeichnet wurde, mahnt „faire und | |
| gerechte Lösungen“ an. In jüngster Zeit stiegen die Zweifel, ob die | |
| bestehende Regelung, die die Opfer-Nachfahren gegenüber Museen | |
| benachteiligte, diesem Versprechen gerecht wird. | |
| Die Mitglieder des neuen „Schiedsgericht NS-Raubgut“ sollen paritätisch vom | |
| Staat und von jüdischen Organisation wie der Jewish Claims Conference und | |
| dem Zentralrat der Juden in Deutschland benannt werden. Damit sind | |
| Befürchtungen, dass das Schiedsgericht einseitig die Interessen der Museen | |
| verfolgt, offenbar gegenstandslos. Für Antragsteller, also Nachfahren von | |
| NS-Opfern, ist das Verfahren kostenlos. Das Gericht soll im kommenden Jahr | |
| seine Arbeit aufnehmen. Bis dahin arbeitet die Beratende Kommission weiter. | |
| [3][2025 dürfte damit das Jahr werden, in dem endlich über Pablo Picassos | |
| „Madame Soler“ befunden wird.] Das Gemälde befindet sich im Besitz der | |
| bayerischen Staatlichen Gemäldesammlungen. Diese wie der Freistaat Bayern | |
| haben bisher eine Behandlung des Bilds von der Beratenden Kommission | |
| erfolgreich abgewehrt. Eine Erbengemeinschaft von Paul von | |
| Mendelssohn-Bartholdy hatte bereits 2009 die Restitution des Gemäldes | |
| verlangt. Bayern erklärte dazu, es handele sich nicht um NS-Raubkunst – mit | |
| der Folge, dass genau dies nicht überprüft werden konnte. | |
| Der Präsident des Zentralrats der Juden Josef Schuster begrüßte die | |
| Neuregelung. Er mahnte aber ein Restitutionsgesetz an, das auch Fälle | |
| bearbeiten kann, in denen sich offenbar von den Nazis gestohlene Kunst in | |
| privatem Besitz befindet. Bisher ist eine Restitution dieser Kunstwerke | |
| faktisch unmöglich, da die heutigen Besitzer diese „ersessen“ haben. | |
| Sämtliche juristischen Möglichkeiten einer Rückforderung sind längst | |
| verjährt. Ein solches Gesetz ist nicht in Sicht. Aus Kreisen der | |
| Bundesregierung hieß es dazu wiederholt, die Durchsetzung eines Verfahrens | |
| zur Restitution privaten Eigentums sei chancenlos. | |
| 10 Oct 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Klaus Hillenbrand | |
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