# taz.de -- Politik zu NS-Raubkunst: Zum zahnlosen Tiger reformiert? | |
> Claudia Roths schnelle Auflösung der Beratenden Kommission zur | |
> NS-Raubkunst zugunsten eines Schiedsgerichts stößt auf ein geteiltes | |
> Echo. | |
Bild: Staatsministerin Claudia Roth muss sich wegen der Schaffung eines Schieds… | |
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) wehrt sich gegen Vorwürfe, sie | |
würde eine gerechte Lösung bei Streitfragen zu Naziraubgut behindern. Im | |
Gegenteil dienten ihre Reformschritte dazu, den Nachfahren bestohlener | |
Menschen mehr Rechte zu geben. „Es sollen bestehende Hürden so abgesenkt | |
werden, dass NS-Raubkunst schneller und einfacher zurückgegeben werden | |
kann“, erklärte sie der taz. „Deshalb habe ich mich entschieden dafür | |
eingesetzt, dass es nun endlich eine einseitige Anrufbarkeit geben wird und | |
dass zudem die Provenienzforschung gestärkt wird“, sagte sie weiter. | |
Bisher konnte eine dazu eingesetzte [1][Beratende Kommission nur dann tätig | |
werden], wenn beide Seiten – also etwa ein Museum und die Nachfahren | |
früherer Besitzer eines Gemäldes – damit einverstanden waren. Künftig soll | |
eine Entscheidung über eine Restitution auch dann möglich sein, wenn nur | |
eine Seite diesem Prozedere zustimmt, vereinbarte Roth mit den | |
Kulturministern der Bundesländer. Details zu dieser Regelung werden derzeit | |
verhandelt. | |
Für Unverständnis gegenüber der Neuregelung hat aber die Bestimmung | |
gesorgt, dass die Beratende Kommission zugunsten eines Schiedsgerichts | |
aufgelöst werden soll. Die Kommission genießt das Vertrauen potenziell | |
Geschädigter von Naziraubtaten und besteht aus Personen des öffentlichen | |
Lebens unter Vorsitz des ehemaligen Bundesverfassungsgerichtspräsidenten | |
Hans-Jürgen Papier. Kommissionsmitglied Gary Smith sprach in diesem | |
Zusammenhang von „Verrat am grundlegenden Geist der Washingtoner Prinzipien | |
und ihrer Verfeinerung in den letzten 25 Jahren“. | |
Diese [2][Washingtoner Prinzipien dienen als Regelwerk] für eine im Sinne | |
der Erben von NS-Opfern gerechte und faire Lösung von Streitfällen. Roth | |
äußerte sich gegenüber der taz nicht zu der Frage, warum die Kommission | |
durch ein Schiedsgericht ersetzt werden soll. „In einem in unserem | |
föderalen System üblichen Prozess der Verständigung haben wir uns zwischen | |
Bund, Ländern und Kommunen schließlich bei unserem Kulturpolitischen | |
Spitzengespräch im März darauf geeinigt, diese Einführung der einseitige | |
Anrufbarkeit mit der Errichtung einer Schiedsgerichtsbarkeit zu verbinden“, | |
sagte sie. | |
Tatsächlich gilt das Verhältnis zwischen Kommission und einigen | |
Bundesländern als zerrüttet, seit die Kommission einige umstrittene | |
Entscheidungen zugunsten von Erben und gegen die Interessen von deutschen | |
Museen getroffen hat. | |
Aus Kreisen der Kommission wird nun befürchtet, dass das projektierte | |
Schiedsgericht ähnlich einem zahnlosen Tiger zu stark die Interessen der | |
Museen verfolgen könnte. Zudem wird dort befürchtet, dass sich Roth die | |
Meinung eines vor ihr bestellten Gutachters zu eigen machen könnte, nach | |
dem jüdische Opferverbände nicht in das Schiedsgericht berufen werden | |
sollten. Dazu erklärte Roth, es stehe für sie wie für ihre Behörde „völl… | |
außer Frage, dass selbstverständlich Vertreterinnen und Vertreter des | |
jüdischen Lebens in jedem Gremium vertreten sein müssen“. Roth rechnet mit | |
einer Einigung über die Details der neuen Regelung bis zum Oktober. | |
22 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Klaus Hillenbrand | |
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