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# taz.de -- SPD-Wahlkampfauftakt in Hannover: Der Generalsekretär vorm Edeka
> Die SPD im Wahlkampf: Die Niedersachsen-Connection rearrangiert sich, von
> den Frauen redet keiner und Matthias Miersch bequatscht
> Samstagseinkäufer.
Bild: Applaus, Applaus: Stephan Weil, Lars Klingbeil und Matthias Miersch bei d…
Am ersten Samstag im Januar haben die Sozialdemokraten in Niedersachsen
endlich auch mal ihre [1][Landesliste für die Bundestagswahl aufgestellt].
Damit hinken sie den anderen hinterher, aber das liegt daran, dass man hier
so viele politische Schwergewichte unterbringen musste: [2][den
Parteivorsitzenden Lars Klingbeil], [3][Verteidigungsminister Boris
Pistorius], [4][Generalsekretär Matthias Miersch], [5][Arbeitsminister
Hubertus Heil].
Das muss ja vorher auch alles ausgehandelt werden, damit das dann in einem
Rutsch diszipliniert durchgestimmt werden kann – ohne Kampfkandidaturen und
große Vorstellungsreden, die Reihen fest geschlossen, tada!, Kampfgeist
beschworen und Aufholjagd.
Das Ganze war ungefähr so spannend wie ein chinesischer Parteitag. Die
Argumentationsstrategie ist auch ziemlich klar: Musk bäh, Merz bäh, Scholz
hat wenigstens Erfahrung.
## Die Quote funktioniert als Argument nur so halb
Eine der Frauen auf der Bühne, ich glaube, es war Dörte Liebetruth,
argumentierte, man könne Merz aus feministischen Gründen nicht wählen, der
sei ja gegen die Quote. Bei der SPD wird jeder zweite Listenplatz mit einer
Frau besetzt, deren Namen kein Mensch kennt, sich kein Mensch merkt und
über die auch hinterher nicht geredet wird.
Bei den Männern [6][aus der berüchtigten Niedersachsen-Connection] wird
dagegen sehr viel darüber spekuliert, wer sich hier jetzt wohl für welches
Amt in Stellung bringt – obwohl die SPD die Wahl noch gar nicht verloren
hat.
Der Mann, der diesen Wahl-Kampf! und diese Aufholjagd! nun bundesweit
organisieren muss, stellt sich – wo er schon mal in der Gegend ist und
nicht in Berlin – gleich noch anderthalb Stunden in die Kälte vor den Edeka
in Empelde und versucht, mit Menschen ins Gespräch zu kommen.
Matthias Miersch ist nämlich nicht nur [7][nach dem überraschenden
Rücktritt von Kevin Kühnert] zum Generalsekretär geworden, er ist auch
Direktkandidat für den Bundestagswahlkreis Hannover-Land II, der die
südliche Hälfte des Speckgürtels um die Landeshauptstadt umfasst.
## Die Kunst, freundlich anderer Meinung zu sein
Vor dem Edeka eilen die meisten achselzuckend weiter, stehen bleiben vor
allem Genossen und treue SPD-Wähler. Die wollen „dem Matthias“ mal Hallo
sagen und sich ein bisschen beschweren: „Also, der Olaf …“ Miersch, der e…
außerordentlich kluger, freundlicher und zugewandter Gesprächspartner ist,
erklärt dann sehr geduldig, warum er froh ist, dass „der Olaf“ den
Kanzlerjob macht und kein anderer.
Irgendwann tritt ein älterer Herr mit Ehefrau auf ihn zu, der ihm erklären
möchte, warum Wärmepumpen nicht funktionieren, grüner Stahl Schwachsinn ist
und diese ganze Klimaideologie sowieso.
Das weiß Miersch als versierter Umweltpolitiker viel besser, aber er hat
eine bemerkenswerte Fähigkeit zu sagen: „Da sind wir verschiedener Meinung“
– ohne dass das Gespräch abreißt oder entgleist. Ich frage mich, ob er
damit einer aussterbenden Art angehört.
Der alte Herr hört trotzdem nicht zu, er will hier was loswerden. „Ich
komme selbst aus der Branche“, sagt er immer wieder. Rein altersmäßig sieht
es so aus, als wäre das eine Weile her. Er strahlt etwas Beleidigtes aus.
Wie einer dieser Männer, die am Ende eines langen Berufslebens feststellen,
dass die Belohnung ausbleibt, denke ich: brave und fleißige Biedermänner,
die sich nicht viel gönnen und anderen schon gar nicht. Und die nach dem
Renteneintritt feststellen, dass sich die Lücke in dem Unternehmen, für das
sie gerade noch so unentbehrlich waren, sehr schnell schließt.
Ihre Expertise ist nicht mehr gefragt, die Familie hat sie längst
ausgeplant und jetzt wird auch noch an allem rumgenörgelt, was früher
richtig war: all dieses Gefasel von Gefühlen und Bedürfnissen und
Work-Life-Balance! Und jedes noch so blöde Kind kriegt eine Medaille. Nur
er nicht. Kein Lob, kein Ehr’, kein gar nichts. Aber all das sagt er
natürlich nicht. Das sind nur meine Vorurteile.
Er sagt im Weggehen dies: „Es gibt ja immer noch Alternativen zum
SPD-Wählen, eine Alternative!“ Aber da hat sich der Herr
Bundestagsabgeordnete und Generalsekretär schon der nächsten Wählerin
zugewandt.
11 Jan 2025
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Bundestagswahl-2025/!t5007549
[2] /Lars-Klingbeil/!t5481822
[3] /Boris-Pistorius/!t5018135
[4] /SPD-Generalsekretaer-ueber-Klima-und-Wahl/!6055160
[5] /Hubertus-Heil/!t5417121
[6] /Niedersachsen-vor-der-Wahl/!5882583
[7] /SPD-Generalsekretaer-Kuehnert-tritt-zurueck/!6038086
## AUTOREN
Nadine Conti
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