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# taz.de -- Svenja Schulze besucht Ukraine: Widerstand aus Beton
> Die russische Armee bombardiert gezielt die Energieversorgung der
> Ukraine. Deutschland schickt Geld und Material für den Wiederaufbau im
> Krieg.
Bild: Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) vor einem zerstörten G…
Kyjiw taz | Ein Mantel aus Beton soll vor russischen Bomben schützen.
Gebaut wurde der steinerne Umhang rund um einen Transformator, einem
riesigen Apparat, der dafür sorgt, dass Strom umgewandelt und verteilt
wird. Der Transformator mit Betonmantel steht irgendwo im Norden der
Ukraine.
Der genaue Ort muss geheim bleiben – aus Sicherheitsgründen. An diesem
Donnerstag bekommt das zentrale Umspannwerk des staatlichen
Energieversorgers Ukrenergo Besuch von Bundesentwicklungsministerin Svenja
Schulze.
Die SPD-Politikerin und ihr Ministerium sind zuständig für den Wiederaufbau
der Ukraine, dafür wie das Land nachhaltig wieder auf die Füße kommt – und
das bereits während des Krieges. Seit Beginn von Moskaus Invasion hat die
russische Armee immer wieder gezielt die Energieversorgung der Ukraine
bombardiert.
Die Bevölkerung soll empfindlich getroffen, die Menschen mürbe gemacht
werden. Rund die Hälfte der Energieversorgung der Ukraine wurden durch
russische Angriffe zerstört oder nachhaltig beschädigt, hat das
Bundesentwicklungsministerium errechnet.
Unmittelbar vor dem dritten Kriegswinter ist es ein Wettlauf gegen die
Zeit. Es gilt vor dem Einbruch von Schnee und Kälte zumindest das
notdürftig wieder aufzubauen, was zerstört wurde. Und um das zu schützen,
was Ziel einer nächsten Bombenattacke sein könnte.
2,6 Millionen Menschen sollen mit Strom versorgt werden
Schulze hat ein Winterpaket dabei für die Ukraine. Dieses enthält mehrere
mobile Blockheizkraftwerke, Transformatoren, Generatoren und eine Hubbühne,
um Stromleitungen zu reparieren. Und natürlich Geld für die Absicherung und
den Schutz kritischer Infrastruktur.
Insgesamt 90 Millionen Euro hat die Bundesregierung für akute Hilfen für
die Ukraine freigemacht. Laut Schulze sollen damit rund 2,6 Millionen
Menschen in der Ukraine mit Strom und Wärme versorgt werden können.
Gemessen am Ausmaß der Zerstörung, wirken das mobile Blockheizkraftwerk und
die Hebebühne bescheiden.
Insgesamt 80 solcher Blockheizkraftwerke soll es perspektivisch geben. Vor
allem in den ländlicheren Gegenden im Osten der Ukraine sollen sie genutzt
werden. Jede Lieferung ist ein Kraftakt in Sachen Sicherheit und Logistik.
Schulzes Stippvisite reiht sich ein in eine Serie von Soli-Besuchen
deutscher Politiker:innen in jüngster Zeit. [1][Vor rund zwei Wochen
war es Kanzler Olaf Scholz, der zum ukrainischen Präsidenten Wolodymyr
Selenskyj kam], kurz nach dessen Telefonat mit dem russischen Präsidenten
Wladimir Putin.
Etwa eine Woche später folgte CDU-Chef und möglicherweise Scholz’
Nachfolger im Amt – Friedrich Merz. Die deutsche Debatte ist vor allem
geprägt von der Diskussion um Waffenlieferungen. Während Scholz dabei
bleibt, den Marschflugkörper Taurus und schwereres Gerät nicht zu liefern,
bekräftigte Merz in Kyjiw erneut, dass er – einmal in
Regierungsverantwortung – eine solche Lieferung auslösen würde. Während der
eine auf Besonnenheit setzt, will der andere Entschlossenheit zeigen.
Ein Krieg, der nicht enden will
Waffen, der Taurus – alles das, was bei Verhandlungen auf dem Tisch liegen
könnte – auch das ploppt bei Schulzes Gesprächen in Kyjiw und Umgebung
immer wieder auf. Der Ingenieur, der beim Energieversorger über den
Betonmantel Auskunft gibt, wirkt genauso müde wie die Ärztin der
Frühchen-Station eines Kinderkrankenhauses, dessen Besuch ebenso auf
Schulzes Agenda steht.
[2][Im Juli kamen in dieser Klinik in Kyjiw bei einem Bombenangriff zwei
Menschen ums Leben – eine Ärztin und ein Besucher]. Die Wände des
zerstörten Hauses sind eingerissen, in den Fassaden sind überall
Einschusslöcher zu sehen. Die Ärztin in der Klinik und der Ingenieur im
Umspannwerk haben genug vom Krieg, der kein Ende finden will. Die
Unterstützung aus Deutschland hilft beim Wiederaufbau. Aber was ist mit
mehr Luftverteidigung, mehr Munition, mehr weitreichenden Waffensystemen?
Das braucht es, um mit Putin auf Augenhöhe zu verhandeln.
Vor der Kulisse der ausgebombten Klinik versichert die deutsche Ministerin:
trotz Ampel-Ende und Unstimmigkeiten bei der leidigen Waffendiskussion sei
man sich innerhalb der demokratischen Parteien einig, dass die Ukraine
unabhängig von welcher künftigen Regierungskonstellation weiter unterstützt
werden müsse.
„Deutschland bleibt ein verlässlicher Partner“, sagt Schulze. Was genau das
bedeuten wird in Zeiten, in denen die Angst vor einer Beteiligung
Deutschlands am Krieg wohl Teil des Wahlkampfes sein wird, bleibt vage.
Etwas anderes kann SPD-Politikerin aus dem Münsterland derzeit auch nicht
sagen.
Ist auf Deutschland Verlass?
Ihren Job als Bundesentwicklungsministerin würde sie auch in einer neuen
Bundesregierung weiter führen. Also wirbt sie für ihr Amt, das sich der
zivilen Hilfe verschrieben hat. [3][Und für Privatfirmen, die die Ukraine
als Investitionsstandort sehen sollen, als lukrativer Wirtschaftsfaktor in
der EU] – wenn der Krieg einmal vorbei ist.
Die Vorbereitungen dafür laufen auf Hochtouren – so beim
deutsch-ukrainischen Wirtschaftsforum oder den Wiederaufbaukonferenzen.
Nach Lugano, London und Berlin, hat die italienische Ministerpräsidentin
Giorgia Meloni angekündigt, 2025 nach Rom zu laden, um Unternehmen, Politik
und Zivilgesellschaft zusammenzubringen.
Am Donnerstagabend will Schulze ihre Rückreise nach Berlin antreten. Es war
ihre vierte und vermutlich letzte Reise als Bundesentwicklungsministerin in
die Ukraine. Zu Hause erwarten sie ein harter Wahlkampf und wüste Debatten
über die Rolle Deutschlands bei Sieg oder Niederlage des Landes im Kampf
gegen den russischen Aggressor. Dass die Ukrainer:innen auf Deutschland
setzen, dazu könnte auch Schulzes Kurzbesuch in Kyjiw beigetragen haben.
12 Dec 2024
## LINKS
[1] /Olaf-Scholz-in-der-Ukraine/!6049939
[2] /Nach-Angriff-auf-Kinderklinik-in-Kyjiw/!6019461
[3] /Investitionen-in-der-Ukraine/!6018274
## AUTOREN
Tanja Tricarico
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