# taz.de -- Politikanalysten zur Ukraine-Konferenz: „Das Land besser wiederau… | |
> Politikanalystin Anna Ackermann setzt sich für einen ökologischen | |
> Wiederaufbau der Ukraine ein – und nennt Positivbeispiele noch während | |
> des Krieges. | |
Bild: Eine zerstörte Solaranlage in der Region Donezk: Viele Investoren befind… | |
taz: Frau Ackermann, eines der Leitmotive der Umwelt-Expert:innen für | |
[1][den Wiederaufbau der Ukraine] lautet „Build Ukraine Back Better“. Was | |
bedeutet diese Philosophie für Sie? | |
Anna Ackermann: Für uns beim International Institute for Sustainable | |
Development (Internationales Institut für nachhaltige Entwicklung, IISD) | |
ist das nicht nur ein Slogan. Es ist ein grundlegender Ansatz für einen | |
ökologisch nachhaltigen Wiederaufbau des Landes. Dabei stehen nicht nur | |
Umweltschutz, sondern auch soziale Gerechtigkeit, Inklusivität und der | |
umfassende Übergang der Ukraine zu einer grünen Wirtschaft im Zentrum – | |
was gleichzeitig die Grundlage für die europäische Integration des Landes | |
bildet. Das heißt: besser wiederaufbauen, als es vorher war. | |
Wichtig ist dabei, dass wir nicht über den Wiederaufbau nach dem Krieg | |
sprechen, sondern über den Wiederaufbau während des Krieges. Wo immer es | |
möglich ist, wollen Ukrainer:innen die zerstörte Infrastruktur sofort | |
wiederherstellen, aber das muss mit Bedacht und unter Berücksichtigung | |
vieler Faktoren geschehen. Mit diesem Anliegen sind wir in diesem Jahr zur | |
Ukraine Recovery Conference nach Rom gekommen. | |
taz: Was ist Ihr Hauptziel bei der Teilnahme an der Konferenz – und welche | |
Ergebnisse erwarten Sie sich davon? | |
Ackermann: Im Jahr 2025 haben sich über 40 ukrainische und internationale | |
Organisationen zusammengeschlossen und eine [2][„Roadmap“] entwickelt. | |
Diese beschreibt prioritäre Reformen, politische Maßnahmen und strukturelle | |
Veränderungen, die in den nächsten zwei bis drei Jahren notwendig sind, um | |
den ökologisch nachhaltigen und resilienten Wiederaufbau in sechs | |
Schlüsselbereichen zu sichern: Verkehr, Energie, Bauwesen, Industrie, | |
Landwirtschaft und Umwelt. | |
Auf der Konferenz treffen wir Vertreter:innen von Regierungen, | |
Ministerien und internationalen Partnerorganisationen, die bereits in den | |
Wiederaufbau involviert sind oder sich dafür interessieren. Wir stellen | |
unsere Konzepte vor und appellieren dafür, bei der Planung und Durchführung | |
von Projekten in der Ukraine auf ökologische Nachhaltigkeit zu achten. | |
Unser Ziel ist es, einem möglichst breiten Publikum zu vermitteln, dass die | |
ukrainische Zivilgesellschaft eine gemeinsame, strukturierte Vision hat, | |
die in dieser Roadmap festgehalten ist. Wir hoffen auch, dass sich | |
internationale Partner auf einheitliche Nachhaltigkeitskriterien | |
verständigen. Denn bislang hat jede Institution ihre eigenen. Diese müssen | |
abgestimmt werden, damit der Wiederaufbau nicht nur schnell, sondern auch | |
nachhaltig ist. | |
taz: Können Sie konkrete Beispiele für Projekte nennen, die auf den | |
Prinzipien des ökologischen und nachhaltigen Wiederaufbaus basieren? | |
Ackermann: Ein Beispiel ist das Projekt zur Installation von Solarpaneelen | |
auf den Dächern von Schulen und Krankenhäusern. Diese ermöglichen es, den | |
Betrieb auch bei Stromausfällen aufrechtzuerhalten. Unser Ziel ist es nun, | |
einen Schritt weiterzugehen: Diese Einrichtungen sollen zu „aktiven | |
Verbraucher:innen“ werden, also nicht nur Strom produzieren und | |
verbrauchen, sondern auch Überschüsse ins Netz einspeisen. | |
Ein weiteres Beispiel ist die ökologische Sanierung eines fünfstöckigen | |
Wohnhauses in Trostjanez in der Region Sumy, das während der russischen | |
Besatzung im Jahr 2022 schwer beschädigt wurde. Das Gebäude wird das erste | |
vollständig autonome Wohnhaus der Ukraine sein, das mit Sonnen- und | |
Erdwärme betrieben wird. Das Projekt wird von der deutschen | |
Energie-Genossenschaft Green Planet Energy, dem Umweltfonds Greenpeace und | |
Greenpeace e. V. finanziert. | |
taz: Zugleich gibt es viele Hürden für internationale Investitionen in der | |
Ukraine. Welche hören Sie am häufigsten? | |
Ackermann: Die größte Hürde ist ganz klar die Sicherheitslage. Ob wir mit | |
Politikerinnen, Unternehmen oder Investor:innen sprechen – in allen | |
Gesprächen dominiert das Thema Sicherheit. Selbst Lieferanten von | |
Ausrüstung übernehmen keine Garantien mehr und schicken keine | |
Techniker:innen zur Wartung, da sie die Risiken nicht einschätzen | |
können. Unternehmen, die heute in der Ukraine tätig sind, tun das vor allem | |
aus Solidarität und weniger aus Geschäftsinteresse. Das ist verständlich. | |
Noch vor einem halben Jahr herrschte vorsichtiger Optimismus hinsichtlich | |
eines baldigen Kriegsendes und des damit verbundenen großen Wiederaufbaus. | |
[3][Doch angesichts der jüngsten Eskalationen und russischen Angriffe] hat | |
sich die Lage wieder verschlechtert – viele Investoren befinden sich im | |
Wartemodus. | |
taz: Wie können internationale Partner:innen unter diesen Bedingungen | |
den Wiederaufbauprozess in der Ukraine am besten unterstützen? | |
Ackermann: Vielleicht werden auf dieser Konferenz einige neue | |
Investitionsankündigungen gemacht – wir hoffen es. Entscheidend ist jedoch, | |
dass internationale Partner:innen bereit sind, ihrem eigenen | |
Privatsektor finanzielle Garantien zu geben. Solche Modelle gibt es | |
bereits, etwa im Rüstungsbereich und vereinzelt auch im Energiesektor. Doch | |
bislang ist das viel zu wenig. Ohne solche Sicherheitsgarantien wird sich | |
kein großflächiges Engagement entwickeln lassen. | |
10 Jul 2025 | |
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[3] /-Nachrichten-im-Ukraine-Krieg-/!6100282 | |
## AUTOREN | |
Anastasia Magasowa | |
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