| # taz.de -- Hamburger Hafen wird Ausstellungsort: Globalisierung reif fürs Mus… | |
| > Hamburg soll ein Deutsches Hafenmuseum bekommen. Es soll | |
| > Originalschauplätze mit einem Neubau verbinden – und wird viel teurer als | |
| > gedacht. | |
| Bild: Geschichte zum Anfassen: Der Viermaster „Peking“ liegt im Hamburger H… | |
| Hamburg taz | Nach der Elbphilharmonie klingeln nun bei einem weiteren | |
| Hamburger Wahrzeichen die Alarmglocken: Für das Deutsche Hafenmuseum, das | |
| Ende des Jahrzehnts eröffnet werden soll, hat der Bundesrechnungshof vor | |
| einer Vervielfachung der Kosten gewarnt. Fast eine halbe Milliarde Euro | |
| könnte das Projekt kosten, schreibt er in einem aktuellen Prüfbericht. Dem | |
| Bund empfiehlt er, die Förderung des Vorhabens zu beenden. | |
| Das Hamburger Hafenmuseum soll aus drei Teilen bestehen: An historischen | |
| Kaianlagen soll gezeigt werden, wie aufwändig in der Vergangenheit Waren | |
| umgeschlagen wurden. Ein restaurierter Hamburger Veermaster führt seine | |
| Besucher in die Segelschiffwelt und ein Neubau soll sich anhand der Häfen | |
| mit der Globalisierung befassen. | |
| Das Schöne für Hamburg: Bezahlen wollte die Errichtung des Museums alleine | |
| der Bund. Eingefädelt haben das die vormaligen Hamburger | |
| Bundestagsabgeordneten Rüdiger Kruse (CDU) und Johannes Kahrs (SPD) – | |
| schließlich soll es ja ein Museum für die ganze Nation werden. 120 | |
| Millionen Euro beschloss der Deutsche Bundestag 2015 dafür auszugeben. 2019 | |
| gab es einen Nachschlag von 65,5 Millionen Euro. | |
| Nun hat sich herausgestellt, dass auch das nicht reicht. Bei den Hamburger | |
| Haushaltsberatungen Mitte Dezember soll die Bürgerschaft weitere 98 | |
| Millionen Euro bereitstellen, was den Kostenrahmen auf 283,5 Millionen Euro | |
| erweitert. „Diese Summe ist der maximale Kostendeckel, auf dessen | |
| Einhaltung wir konsequent achten“, versprach die | |
| Grünen-Fraktionsvorsitzende Jennifer Jasberg. | |
| Ihr SPD-Kollege Dirk Kienscherf wies darauf hin, dass die 98 Millionen Euro | |
| Gegenfinanzierung aus Hamburg auch die Voraussetzung dafür seien, dass | |
| überhaupt weiteres Geld vom Bund fließt. Dass der Bund so ein Projekt | |
| komplett finanziere, komme nur in Ausnahmefällen in Betracht, schreibt der | |
| Rechnungshof, und zwar insbesondere dann nicht, wenn der | |
| Zuwendungsempfänger, also Hamburg, davon wirtschaftlich profitiere. Dass | |
| die Stadt das Grundstück einbringe, zähle nicht. | |
| ## Ein „kultureller Leuchtturm“ | |
| Nun ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Stadtstaat ein | |
| Eigeninteresse an solch einem Museum hat. Denn das Hafenmuseum soll, wie | |
| die Stadt selbst schreibt, als „kultureller Leuchtturm“ für den neuen | |
| Stadtteil Grasbrook fungieren, der auf ehemaligen Hafenflächen geplant ist. | |
| Die Grundstücke will die Stadt „rentierlich“ vermarkten. Eine | |
| Sehenswürdigkeit würde helfen, die Grundstücke aufzuwerten. | |
| Zugleich kann ein Haus, das „die Relevanz deutscher Häfen in Geschichte und | |
| Gegenwart“ vermitteln soll, durchaus als im nationalen Interesse liegend | |
| betrachtet werden. Hier käme der selbst ernannte „Exportweltmeister“ zu | |
| sich selbst – und zwar passenderweise musealisierend: in dem Augenblick | |
| nämlich, in dem die aktuelle Welle der Globalisierung in die Krise zu | |
| rutschen scheint. | |
| „In erster Linie wird es ein Museum des globalen Handels“, hat der | |
| Gründungsdirektor Klaus Bernhard Staubermann vor einem Jahr der taz | |
| angekündigt. Das umfasse auch Themen wie Migration, [1][Kolonialisierung | |
| und Dekolonialisierung]. Die Themen sollen auch digital, barrierefrei und | |
| klimaneutral vermittelt werden. Alles, was man sich so wünschen kann. | |
| Der rot-grüne Senat wurde im Frühjahr auf Anfrage der CDU konkreter: So | |
| soll es in dem Museum nicht nur um Globalisierung gehen, sondern auch um | |
| den Hafen als Arbeitswelt, die kulturhistorische Bedeutung des Hamburger | |
| Hafens für die Stadt sowie Werften und Schiffbau. | |
| ## Ensemble alter Schuppen | |
| Zu sehen und anzufassen sind solche Dinge schon heute, sie stehen mitten im | |
| Hamburger Hafen. Dort hat sich die private Stiftung Hamburg Maritim ein | |
| Ensemble alter Schuppen gesichert und an die [2][städtische Stiftung | |
| Historische Museen Hamburg vermietet]. Diese zur besseren Auffindbarkeit | |
| nummerierten „50er“ Schuppen waren up to date in der Zeit kurz vor dem | |
| Ersten Weltkrieg. | |
| Bei der damals modernsten Form des Güterumschlages konnten Seeschiffe | |
| direkt am Kai anlegen. Halbportalkräne hoben die Waren aus den Schiffen und | |
| setzten sie entweder direkt auf unter den Kränen haltende Züge oder auf | |
| Rampen. Von dort aus wurden die Ballen und Kisten in die Schuppen gekarrt, | |
| zwischengelagert, umsortiert und auf der gegenüberliegenden Seite auf | |
| Waggons oder Lastwagen geladen. | |
| Vor den Schuppen ist dieses Arrangement noch zu sehen: Dort liegt der 1957 | |
| gebaute Stückgutfrachter „Bleichen“ am Kai, auf dem eine kleine Lok mit ein | |
| paar Wagen unter hoch aufragenden Kränen hält. | |
| Vor den Schuppen steht aber auch einer der ersten Straddle oder Van Carrier | |
| aus dem Jahr 1975 – ein Fahrzeug, das breitbeinig über einen | |
| Containerstapel fahren und sich eine Box greifen kann. Der Fahrer sitzt | |
| hoch oben in einer Glaskanzel. Der orangefarbene „VC2“ steht für den Beginn | |
| des modernen Güterumschlages, bei dem nur noch Container hin und her | |
| gestapelt werden. Ganze Lastwagenladungen lassen sich so mit einem | |
| Arbeitsgang vom Schiff holen, auf einen Sattelschlepper oder die Bahn | |
| verladen und wegfahren. | |
| ## Alles gesammelt | |
| Die meisten Exponate des Museums – rund 10.000 – befinden sich im Inneren | |
| des denkmalgeschützten Schuppens 50A, der als Schaudepot fungiert. | |
| [3][Ehrenamtliche des Vereins Hafenkultur, vor allem ehemalige | |
| Hafenarbeiter,] haben hier zusammen mit Mitarbeitern des Hamburger Museums | |
| der Arbeit alles gesammelt, was mit der Arbeit im Hafen zu tun hat: vom | |
| Scheffel, mit dem der Kornumstecher die Fracht prüfte, bis zur | |
| Schiffssteuerungsanlage. | |
| Es gibt hier ein Plexiglasmodell des komplexen Innenlebens eines | |
| Containerschiffs ebenso zu sehen wie einen Ewer, ein kleines Binnenschiff | |
| unter Segeln. Die Ehrenamtlichen haben auch die analoge Pegelanzeige | |
| gerettet, an der in Hamburg ein- und ausfahrenden Schiffsbesatzungen | |
| ablesen konnten, wie viel Dezimeter Wasser über dem Kartennull sie zur | |
| Verfügung hatten. | |
| Es gibt eine Originallotsenstube von 1895 aus Brunsbüttel, in der die | |
| Lotsen bis 2007 warteten, um Schiffe durch den Nord-Ostsee-Kanal zu | |
| geleiten. Dazu kommt regaleweise Zeug, dessen Funktion sich mal mehr, mal | |
| weniger erschließt. Sackkarren, Taucheranzüge, Mess- und Wägegeräte, | |
| grobschlächtige Maschinenteile. | |
| Das Highlight, Prunkstück – oder wie es [4][die Museumsmacher nennen: | |
| „Leitobjekt“] – der Ausstellung ist draußen am Kai festgemacht: die | |
| Viermastbark „Peking“, 1911 für die Hamburger Reederei Laeisz erbaut, als | |
| die Segelschiffzeit ihrer Vollendung und zugleich ihrem Ende entgegenging. | |
| ## Schnelle Segelschiffe | |
| Sie ist einer von vier übrig gebliebenen und in Schifffahrtskreisen | |
| berühmten Flying-P-Linern, schnelle, effiziente Segelschiffe, die es mit | |
| Dampfern aufnehmen konnten. Traurige Berühmtheit erlangte das | |
| Schwesterschiff „Pamir“, das 1957 in einem Hurrikan unterging. 80 der 86 | |
| Besatzungsmitglieder kamen ums Leben, darunter viele junge Kadetten. | |
| Die „Peking“ brachte bis 1932 Salpeter, etwa für die Herstellung von | |
| Schießpulver, und Guano – Dünger aus Vogelmist – von Chile nach Europa. | |
| 34-mal hat sie dabei das gefährliche Kap Hoorn umrundet. Nach einer Zeit | |
| als Wohnschiff in England wurde sie nach New York verkauft, wo sie vor | |
| Manhattan als Museumsschiff zu besichtigen war. 2017 wurde die schrottreife | |
| „Peking“ von einem Dockschiff huckepack nach Deutschland gebracht, auf | |
| Betreiben der Stiftung Hamburg Maritim und finanziert aus dem Topf für das | |
| Deutsche Hafenmuseum, den der Bundestag 2015 beschlossen hatte. | |
| An die 38 Millionen Euro der Fördersumme sind bisher in den Transport und | |
| die Restaurierung der „Peking“ geflossen. Die damalige | |
| Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) nannte sie ein „Symbol für die | |
| frühe Globalisierung und ein maritimes Kulturgut von nationaler Bedeutung“. | |
| Der Plan ist, das Schiff an den Grasbrook zu verlegen, sobald der dortige | |
| Museumsneubau fertig ist. | |
| Der Rechnungshof findet, der Bund solle es bei der Förderung der | |
| Schiffsrestaurierung belassen. Das Schiff erziele „für sich allein als | |
| Kulturprojekt museale Wirkung“. Das hierfür ausgegebene Geld wäre auch bei | |
| einem Stopp des übrigen Projekts nicht verloren. Dafür würde der Bund aber | |
| das Risiko vermeiden, Geld nachschießen zu müssen oder am Ende mit einer | |
| Förderruine dazustehen. | |
| 8 Dec 2024 | |
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| [4] https://www.shmh.de/deutsches-hafenmuseum/ueber-das-deutsche-hafenmuseum/ | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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