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# taz.de -- Museum für Hamburgische Geschichte: Bildungsbürgertum war gestern
> Das Museum für Hamburgische Geschichte feiert sein 100-jähriges Jubiläum.
> Seit den 1970er Jahren werden Haus und Ausstellungen stetig modernisiert.
Bild: Da war es erst 96 Jahre alt: Das Museum für Hamburgische Geschichte im A…
Hamburg taz | Der Schädel von [1][Störtebeker] und der Hut von Udo
Lindenberg, mindestens einer davon nicht ganz echt, sind zwei der etwa
530.000 Objekte der Sammlung des [2][Museums für Hamburgische Geschichte].
Das feiert dieses Jahr Jubiläum: Das Haus am Holstenwall wurde im August
vor hundert Jahren eingeweiht.
Der erklärte Lieblingsbau von Fritz Schumacher, 1909 bis 1933 oberster
Baudirektor des Hochbauwesens der Freien und Hansestadt und prägender
Meister der hiesigen backsteinbasierten Stadtentwicklung, ist selbst schon
ein großes Exponat. Winkelhakenförmig aus der Achse des Wallrings
herausgedreht, verweist es auf die zackenförmige ehemalige Festungsbastion
„Henricus“, auf der der heutige Klinkerpalast steht. Und mit vielen
eingefügten historischen Spolien und Formzitaten wird die Stadtgeschichte
in bewusst rhythmischer Gliederung schon in der Außenarchitektur
weitergetragen.
Sammlungen von Hamburgensien gab es aber schon früher. Es begann mit dem
1839 gegründeten „Verein für Hamburgische Geschichte“. Deren „Sammlung
Hamburgischer Alterthümer“ wurde zwar 1849 von der Stadt übernommen,
fristete aber, anders als die Sammlungen zu Kunst und Gewerbe, Völker- und
Naturkunde, ein eher bescheidenes Leben im Schulsouterrain und einigen
Räumen im Johanneum am Speersort. Erst 1907 bekam sie einen eigenen
Direktor, 1909 wurde für die stetig gewachsene Sammlung der vierte
Hamburger Museumsbau beschlossen und 1913 begonnen.
Das älteste christliche Exponat ist ein Schmuckamulett, ein kleines Kreuz
aus dem 10. Jahrhundert. Und das ungewöhnlichste und anders als die vielen
Schiffsmodelle kaum zu erwartende Ausstellungsstück ist das Holzmodell des
Salomonischen Tempels in Jerusalem. Um 1680 in Hamburg hergestellt, ist es
mit über 12 Quadratmetern das größte historische Modell eines Gebäudes und
zudem das einzig erhaltene des biblischen Heiligtums. Von einem
kunstsinnigen Senator beauftragt, gelangte das von frühbarocken
Vorstellungen geprägte Idealmodell später erst nach London und dann in die
Sammlungen von August dem Starken. 1910 wurde es aus Dresden für das Museum
zurückgekauft.
Inzwischen ist das Museum im Verbund der [3][„Stiftung Historische Museen
Hamburg“] nur einer der Geschichts-Bausteine im Zusammenspiel mit dem
Museum der Arbeit, dem Altonaer Museum, dem Deutschen Hafenmuseum, dem
Jenischhaus und dem Speicherstadtmuseum.
In den 1950er- und 1960er-Jahren war das trotz der sechs Bombentreffer
schon im September 1946 in Teilen wiedereröffnete Haus mal das
besucherreichste Hamburger Museum – wohl auch wegen seiner großen
Modelleisenbahnanlage. Unter dem von 1976 bis 2001 amtierenden Direktor
Jörgen Bracker wurde das Haus stetig modernisiert, die Gegenwart samt
Pop-Kultur und Erinnerungen an die Flutkatastrophe und politische Kämpfe
der Siebziger zog ein, bedeutende Sonderausstellungen folgten; die 1989
erfolgte Glasüberdachung des L-förmigen Innenhofs durch Volkwin Marg war
eine damals ganz neuartige Konstruktion. Als Allerneustes gibt es bereits
eine Objektsammlung zu Corona.
Trotz der ansprechenden Kombination von Vitrinenobjekten, Dokumentationen
und vielen nachinszenierten Räumen wie Kaufmannsdiele und Schiffsbrücke
oder Hafenkneipe und Studentenzimmer will das Haus nach seinem jetzigen
Jubiläum weitere neue Wege beschreiten. Dann wird auch das Erdgeschoss zum
Park der Wallanlagen geöffnet und mit Bibliothek, Hörsaal und Restaurant
dem Publikum zugänglicher gemacht.
Denn die Selbstvergewisserung des Bildungsbürgertums ist längst nicht mehr
die Hauptaufgabe des Hauses am Holzdamm. [4][Heute] trifft die Vermittlung
von Kenntnissen über das gegenwärtige Funktionieren der Stadt und dessen
Wurzeln in der Vergangenheit auf ein [5][ganz anders strukturiertes
Publikum].
29 Aug 2022
## LINKS
[1] /Ungebrochener-Mythos-Klaus-Stoertebeker/!5501087
[2] https://shmh.de/de/museum-fuer-hamburgische-geschichte
[3] https://shmh.de/de/
[4] /Archiv-Suche/!5743534&s=Schellen+Museum+f%C3%BCr+Hamburgische+Geschich…
[5] /Denkmal-fuer-sexuelle-Vielfalt-in-Hamburg/!5709271
## AUTOREN
Hajo Schiff
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