# taz.de -- Folgen des Ampel-Aus für die Miete: Leerstelle Mieterschutz | |
> Die Verlängerung der Mietpreisbremse steht vor dem Aus. Ob die | |
> Minderheitsregierung aus SPD und Grünen daran etwas ändern kann? | |
Bild: Kommt das Ende der Mietpreisbremse? Olaf Scholz nach dem Ende der Ampel-K… | |
Berlin taz | Als Olaf Scholz (SPD) das Ende der Ampelkoalition verkündete, | |
behaupteten einige, es sei [1][die beste Rede seiner Kanzlerschaft | |
gewesen]. Klar, wenig verklausuliert und für hanseatische Verhältnisse sehr | |
emotional, hieß es. Wenig beachtet wurde, was der Kanzler nicht erwähnte. | |
„In den verbleibenden Sitzungswochen des Bundestages bis Weihnachten werden | |
wir alle Gesetzentwürfe zur Abstimmung stellen, die keinerlei Aufschub | |
dulden“, versprach er. Dann zählte er auf, was er darunter versteht: den | |
Abbau der kalten Progression, [2][Stabilisierung der gesetzlichen Rente], | |
die [3][Verschärfung des Europäischen Asylsystems] umzusetzen und | |
Soforthilfe für die Industrie. | |
Wer dachte, dass der Kanzler auch etwas zum bezahlbaren Wohnen sagen würde, | |
wurde enttäuscht. Dabei steht nichts weniger als das Ende der | |
Mietpreisbremse im Raum. Und das bedeutet im Prinzip: mehr Markt auf dem | |
Mietmarkt. Schon jetzt gehören unbezahlbare Mieten [4][laut Studien zu den | |
größten Sorgen] in der Bevölkerung. | |
Dem Deutschen Mieterbund ist das nicht entgangen. „Die Umsetzung wichtiger | |
mietrechtlicher Gesetzesvorhaben wie die Verlängerung der Mietpreisbremse | |
dürfen jetzt nicht in Vergessenheit geraten“, forderte Mieterbund-Präsident | |
Lukas Siebenkotten zum verkündeten Ende der Ampelregierung. „Es wäre in | |
keiner Weise zumutbar, wenn in Ländern wie Berlin, Hamburg oder Bayern, | |
sowie in allen anderen stark nachgefragten Regionen, keinerlei Begrenzung | |
der Miete bei Anmietung einer neuen Wohnung mehr existieren würde.“ | |
In manchen Bundesländern läuft die Mietpreisbremse bereits früher aus. In | |
Berlin zum Beispiel, wo über 80 Prozent der Einwohner*innen zur Miete | |
wohnen, Ende Mai nächsten Jahres. Unklar ist, was danach passiert. Das Land | |
könnte die Mietpreisbremse eventuell noch bis zum Auslaufen der | |
Bundesregelung Ende 2025 verlängern. Auf die Frage, ob das denn geplant | |
sei, antwortete die Senatsverwaltung für Wohnen ausweichend: „Berlin hofft | |
natürlich, dass die Bundesregierung das Gesetzgebungsverfahren fortsetzt | |
und der Bundestag noch in dieser Legislaturperiode die Verlängerung der | |
Mietpreisbremse beschließt“, hieß es in der Antwort. | |
## Gerangel um die Mietpreisbremse | |
Die 2015 eingeführte Mietpreisbremse gilt bislang bis Ende 2025. Sie regelt | |
in angespannten Wohnlagen, wie hoch eine Miete sein darf, wenn eine Wohnung | |
neu oder wieder vermietet wird. Sie darf bei Vertragsabschluss die | |
ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10 Prozent übersteigen. Für | |
Neubauten gilt die Mietpreisbremse allerdings nicht, ebenso wenig für | |
umfassend modernisierten Wohnraum. Wo ein angespannter Wohnungsmarkt | |
vorliegt, legen die Landesregierungen fest. Aber ob die Mietpreisbremse als | |
Ganzes verlängert wird oder nicht, das ist Sache der Bundesregierung. | |
Erst kürzlich hatte nach langem Gerangel der | |
Jetzt-Nicht-Mehr-Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) einen | |
[5][Gesetzentwurf zur Verlängerung der Mietpreisbremse bis Ende 2028 | |
vorgelegt]. SPD und Grüne wollten eigentlich eine Verlängerung bis Ende | |
2029, hatten sich aber nicht durchsetzen können. Genauso wenig wie mit | |
anderen Verbesserungsvorschlägen und anderen Mieterschutzmaßnahmen. | |
Mehr war mit der FDP offenbar nicht drin. Denn die Liberalen sind, das ist | |
kein Geheimnis, eigentlich erklärte Gegner der Mietpreisbremse. Das lässt | |
sich auch in ihrem Parteiprogramm nachlesen. Die vorerst verbleibende | |
Minderheitsregierung aus SPD und Grünen hat allerdings keine Mehrheit mehr | |
im Bundestag. Will sie die Mietpreisbremse verlängern, müsste sie sich | |
Verbündete in der Opposition suchen. | |
Klar ist, auf die FDP kann Rot-Grün nicht zählen. „Die Mietpreisbremse war | |
schon immer eine Investitionsbremse“, erklärte Wohnungspolitiker Daniel | |
Föst der taz. Deshalb hätte sich die Partei immer gegen die Mietpreisbremse | |
ausgesprochen und werde im Bundestag „einer Verlängerung auch nicht | |
zustimmen.“ | |
## Union hält sich bedeckt | |
Aufgeben möchten SPD und Grüne aber nicht. „Wir werden selbstverständlich | |
alles daransetzen, die Mietpreisbremse noch in dieser Legislaturperiode zu | |
verlängern“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Zanda Martens der taz. | |
Jetzt sei der „Zeitpunkt gekommen, an dem alle demokratischen Parteien klar | |
zeigen müssen, ob ihnen die soziale Brisanz der stetig steigenden Mieten | |
und des Mangels an bezahlbarem Wohnraum bewusst ist“. | |
Auch für die grüne Bundestagsabgeordnete Hanna Steinmüller hat das | |
Mietrecht „nach wie vor hohe Priorität“. Ob man die nötigen Mehrheiten | |
finde, hänge aber auch von der Union ab. „Immerhin hat sie die | |
Mietpreisbremse mit eingeführt“, sagte Steinmüller der taz. CDU und die | |
teils etwas mieterfreundlichere CSU äußerten sich auf Nachfrage zunächst | |
nicht. | |
Offen zeigte sich aber die Linkengruppe im Bundestag. Deren Stimmen alleine | |
werden allerdings auch nicht reichen. „Selbstverständlich wird keine | |
sinnvolle soziale Initiative an der Linken scheitern – auch eine | |
Verlängerung der Mietpreisbremse nicht“, sagte Caren Lay der taz. Damit | |
diese aber nicht „komplett zahnlos“ bleibe, müssten „mindestens die | |
zahlreichen Ausnahmen, etwa für möblierte oder modernisierte Wohnungen oder | |
für Neubau gestrichen werden“. Hoffungsfroh klang Caren Lay nicht: Das | |
Thema Mietenpolitik habe „bedauerlicher Weise nicht zu den Schwerpunkten | |
gehört, von denen Scholz gesagt hat, dass er sie noch bearbeiten will“. | |
Ohnehin ist der Zeitplan eng. Bis zum 6. Dezember 2024 haben die Länder und | |
Verbände die Möglichkeit, zum vorgelegten Gesetzentwurf Stellung zu | |
beziehen. Der Eigentümerverband Haus und Grund hat zudem schon angekündigt, | |
bei einer erneuten Verlängerung vor das Bundesverfassungsgericht ziehen zu | |
wollen. | |
8 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Scheitern-der-Ampelkoalition/!6047493 | |
[2] /Rentenplaene-der-Bundesregierung/!6041988 | |
[3] /EU-Asylreform-in-Deutschland/!6044282 | |
[4] https://www.kas.de/de/monitor-wahl-und-sozialforschung/detail/-/content/sor… | |
[5] /Mieterschutz-der-Ampelregierung/!6043665 | |
## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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