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# taz.de -- Preiserhöhung im Hamburger ÖPNV: Rückwärtsgang statt Mobilität…
> Tickets für Bahn und Bus werden in Hamburg im kommenden Jahr deutlich
> teurer. So eine Verkehrspolitik ist weder sozial noch ökologisch
> zukunftsfähig.
Bild: Für viele schon viel zu teuer: fahrkartenpflichtiger Bereich auf einem H…
Weltweit suchen Städte nach innovativen Lösungen für eine nachhaltige
Mobilität. Aber Hamburg, das so gern Mobilitätswendestadt wäre, legt den
Rückwärtsgang ein. Die jetzt angekündigte Preiserhöhung des Hamburger
Verkehrsverbundes (HVV) für das kommende Jahr ist mehr als eine
routinemäßige Tarifanpassung. Sie ist ein Symptom einer verfehlten
Verkehrspolitik, die weder sozial noch ökologisch zukunftsfähig ist.
Ab 1. Januar 2025 steigt der Preis für Einzelkarten um 10 Cent. Eine
Kurzstrecke kostet dann 2,10 Euro, zwei Tarifringe 3,90 Euro. Ein
Nahbereich-Fahrschein wird um 30 Cent teurer und kostet dann 3,10 Euro. Das
Ganztagesticket wird zwar einen Euro günstiger, dafür fällt das
zeitbeschränkte 9-Uhr-Ticket weg. Im Vergleich zu diesem kann man also im
kommenden Jahr zwar schon früher fahren, muss aber 30 Cent mehr für eine
Tageskarte bezahlen. Die Preise für Wochen- und Monatskarten steigen um
satte 9 Euro. Zusätzlich steigt ab Januar 2025 auch der Preis des
Deutschlandtickets von 49 auf 58 Euro, ein Preissprung von fast 20 Prozent
innerhalb eines Jahres.
Damit werden die Tickets beim HVV durchschnittlich um 5,2 Prozent erhöht –
[1][deutlich über der aktuellen Inflationsrate]. Die sozialen Auswirkungen
dieser Preispolitik sind nicht zu unterschätzen. Sie trifft vor allem jene
hart, die es ohnehin schwer haben. In einer Stadt, in der laut
Sozialverband Deutschland jede*r Fünfte armutsgefährdet ist, bedeutet eine
Verteuerung des ÖPNV nichts anderes als soziale Ausgrenzung. Seit 21 Jahren
fehlt in der Stadt ein echtes Sozialticket. Derzeit gibt es nur einen
Sozialrabatt, der eine begrenzte Ermäßigung bietet, die angesichts
steigender Preise aber immer weniger ausreicht.
Aber nicht nur sozial, auch ökologisch geht die Entscheidung in die falsche
Richtung. Hamburg brüstet sich mit ambitionierten Klimazielen. Aber die
Verkehrswende kann nicht gelingen, wenn der ÖPNV immer teurer und
unattraktiver wird. Wer mehr Menschen zum Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn
bewegen will, darf die Einstiegshürden nicht erhöhen.
## Hamburgs ÖPNV schreckt ab
Im internationalen Vergleich fällt Hamburg damit weiter zurück. [2][Städte
wie Wien schreiben mit ihrem 365-Euro-Jahresticket Erfolgsgeschichte] und
verzeichnen eine deutliche Steigerung der Nutzerzahlen. Hamburg hält an
einer Preispolitik fest, die abschreckt statt einzuladen. Schon jetzt hat
die Hansestadt die höchsten Preise für Monatskarten in Deutschland. In
München kostet ein vergleichbares Ticket nur die Hälfte. Es fehlt eine
langfristige Strategie, den ÖPNV attraktiver zu machen. Statt mutig und
kreativ nach Lösungen zu suchen, wählt man den einfachen Weg der
Preiserhöhung.
Ein teurer ÖPNV ist deshalb nicht nur ein Hindernis für soziale Teilhabe,
sondern auch ein Bremsklotz für die Verkehrswende. Es ist an der Zeit, den
Nahverkehr als das zu begreifen, was er ist: ein essenzieller Bestandteil
der öffentlichen Daseinsvorsorge, der allen zugänglich sein muss.
Will die Stadt wirklich Vorreiterin in Sachen nachhaltiger Mobilität
werden, [3][muss sie umdenken]. Ein erschwinglicher, leistungsfähiger ÖPNV
ist nicht nur eine soziale Notwendigkeit, sondern auch der Schlüssel zu
einer lebenswerten, klimafreundlichen Stadt. Es ist höchste Zeit, dass
Hamburg von anderen Städten lernt und mutige Schritte wagt. Ein
Jahresticket nach Wiener Vorbild, massive Investitionen in die
Infrastruktur und eine sozial gerechte Preisgestaltung wären ein Anfang.
Nur so kann Hamburg den Anschluss an eine zukunftsfähige Mobilitätspolitik
finden und einen öffentlichen Nahverkehr bieten, der seinen Namen verdient.
Die aktuelle Preiserhöhung ist mehr als nur eine verpasste Chance. Sie ist
ein Armutszeugnis für eine Stadt, die sich weltoffen und fortschrittlich
gibt.
5 Nov 2024
## LINKS
[1] https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/_…
[2] /Billigticket-nach-Wiener-Modell/!5606590
[3] /Was-Staedte-durch-weniger-Autos-gewinnen/!5986938
## AUTOREN
Robert Matthies
## TAGS
Öffentlicher Nahverkehr
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Klima
Verkehrspolitik
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